1. Mai

1. Mai

Lateinamerika - ungekürzt

Aus verschiedenen Ländern in Lateinamerika haben wir Berichte über die dortigen 1.-Mai-Kundgebungen, -Demonstrationen und -feiern erhalten.

Von Korrespondentinnen und Korrespondenten

Brasilien

In Brasilien wurde am 1. Mai ein 100-jähriges Jubiläum gefeiert: Dort wurde der Internationale Kampftag der Arbeiter zum ersten Mal am 1. Mai 1925 begangen. Im Mittelpunkt stand, die erkämpften Rechte zu verteidigen. Forderungen waren: gegen die geplante Besteuerung von niedrigen Löhnen, Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnkürzung – bisher 44 Stunden/Woche, gefordert werden je nach Organisation 30 oder 40 Stunden/Woche –, Ende der 6x1-Regel (sechs Tage Arbeit pro Woche), und „Sem Amnestia“ – gegen Versuche, die Träger der faschistischen Putschpläne von 2023 zu begnadigen.

Dominikanische Republik

Ein Bericht von Genossen der Marxistisch-Leninistischen Partei (PCML) der Dominikanischen Republik, die Mitglied der revolutionären Weltorganisation ICOR ist

 

Heute haben mehrere linke Organisationen in der Hauptstadt einen Marsch abgehalten, nicht nur um den Internationalen Tag der Arbeit zu begehen, sondern auch um bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer zu fordern, wie z.B. Vereinigungsfreiheit, gerechte Löhne, die sich an den Kosten für den Familienkorb orientieren, Überstundenzuschläge, soziale Sicherheit und angemessene Renten.

 

An diesem 1. Mai befinden sich die dominikanischen Arbeiter in einer äußerst schwierigen Situation. Mehr als 60 % der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor, ohne soziale Absicherung oder andere Beschäftigungsleistungen. Die dominikanischen Arbeitnehmer gehören zu den am schlechtesten bezahlten in Lateinamerika und verdienen im Durchschnitt 275 Euro pro Monat, was weit unter den Kosten für einen Grundnahrungsmittelkorb liegt, der auf 697 Euro geschätzt wird. Darüber hinaus genießen unsere Arbeiter keine gerechte soziale Absicherung; am Ende ihres Arbeitslebens erhalten sie eine unanständige Rente, einen Hungerlohn, der nicht einmal für die medizinischen Ausgaben ausreicht.

 

In den letzten Jahren wurden ihnen alte Arbeiterrechte, die in tagelangen Kämpfen, manchmal sogar mit Blut bezahlt, errungen wurden, auf schändliche Weise entzogen. Gegenwärtig diskutiert der Nationalkongress über die Abschaffung des Arbeitslosengeldes und anderer, nicht weniger wichtiger Rechte. Obwohl die dominikanische Verfassung das Recht auf freie gewerkschaftliche Organisierung festschreibt, wird dies in der Praxis verweigert, da die Unternehmer in den meisten Fällen mit der Entlassung derjenigen reagieren, die es wagen, Gewerkschaften zu gründen, es sei denn, sie entsprechen nicht den Interessen der Unternehmer.

 

Eine Schwäche der dominikanischen Arbeiterklasse ist auch die mangelnde Glaubwürdigkeit der Gewerkschaftsführer, da viele von ihnen am Ende ihre eigene Klasse verraten und Lebensbedingungen aufweisen, die weit über denen der übrigen Arbeitnehmer liegen.

Uruguay

Es gab mehr regionale und lokale Aktivitäten zum 1. Mai. Die größte fand in der Hauptstadt Montevideo statt (ca. 30.000 Teilnehmer), organisiert vom Gewerkschaftsdachverband Pit-Cnt. Dieser stellte keine klaren kämpferischen Forderungen z. B. in Bezug auf die Erstellung des nächsten 5-Jahres-Haushalts, sondern orientierte darauf, dass man der neuen Regierung etwas Zeit geben müsste, um das “Erbe” der alten reaktionären Regierung zu verarbeiten. Die klassenkämpferischen Kräfte bekamen bei der Kundgebung dort keine Stimme. Die Beteiligung in Montevideo war auch geringer als sonst und es wurden z. B. keine Busse zur Veranstaltung organisiert.

 

Die klassenkämpferischen und fortschrittlichen Kräfte haben traditionell eine eigene Veranstaltung danach gemacht. Es nehmen dort viele Anarchisten und Trotzkisten teil, die allerdings wenig Verbindung zur Arbeiterklasse haben. Dort gelang es der revolutionären kommunistischen Partei PCR Uruguay zu Anfang, eine Würdigung zu ihrem kürzlich verstorbenen Genossen Carlos Sosa zu organisieren. Er war ein Aktivposten in der Gewerkschaftsarbeit und sehr anerkannt. Seine Familie nahm dort auch teil. Es wurden dort auch noch andere Kämpfer gewürdigt.

Kolumbien

Wie es Tradition ist, ging die Arbeiterbewegung in Kolumbien in allen Städten des Landes auf die Straße. In Bogotá beteiligten sich mehrere Zehntausende in einem kämpferischen und farbenfrohen Marsch. Dabei waren nach Pressemeldungen 15.000 Ureinwohner mit ihren traditionellen Kleidung und Symbolen.

 

Eine schöne Bilderstrecke kann man hier sehen: https://elpais.com/america-colombia/2025-05-02/la-marcha-del-1-de-mayo-convocada-por-gustavo-petro-en-imagenes.html

 

Eine Besonderheit ist, dass zur Demonstration in Bogotá auch der Präsident Gustavo Petro aufgerufen hatte und dort sprach. Der 1. Mai stand sehr im Zeichen des Kampfs um die Durchsetzung fortschrittlicher Reformen des Arbeitsrechts seiner Regierung, die unter anderem die gesetzliche Höchstgrenze der täglichen Arbeitszeit auf 8 Stunden und Zuschlag zur Nachtarbeit fordern. Das stößt auf erbitterten Widerstand der Ultrarechten und Faschisten, die noch wichtige Positionen haben. Daher hat Gustavo Petro ein Referendum beantragt, dem der Senat zustimmen muss. Das Verfassungsgericht ließ indes eine Klage des Staatsrates zu, die das Verfahren aufhalten könnte. ... Der Staatsrat von Kolumbien ist ... vergleichbar mit dem deutschen Bundesverwaltungsgericht (amerika21.de). Die breite Mobilisierung am 1. Mai drückt auch den Willen der Mehrheit der kolumbianischen Bevölkerung aus, die laut Umfragen für die Volksabstimmung ist.

 

Folgende Fragen stehen zur Abstimmung in einem Referendum, das in Kolumbien von der Regierung beantragt wurde. Diese Fragen soll die Bevölkerung beantworten:

 

  1. Sind Sie damit einverstanden, dass die tägliche Arbeitszeit maximal acht Stunden beträgt und zwischen 6:00 Uhr und 18:00 Uhr liegt?
  2. Sind Sie damit einverstanden, dass Arbeit an Sonn- und Feiertagen mit einem Zuschlag von 100 Prozent vergütet wird?
  3. Sind Sie damit einverstanden, dass produktive Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen, vorzugsweise in Form von Genossenschaften, für ihre Produktionsprojekte Vorzugszinsen und Anreize erhalten?
  4. Sind Sie damit einverstanden, dass Menschen die erforderlichen Genehmigungen für medizinische Behandlungen und Freistellungen aufgrund von Menstruationsbeschwerden erhalten können?
  5. Sind Sie damit einverstanden, dass Unternehmen mindestens zwei Menschen mit Behinderung pro 100 Beschäftigte einstellen müssen?
  6. Sind Sie damit einverstanden, dass junge Auszubildende der SENA und ähnlicher Einrichtungen einen Arbeitsvertrag erhalten?
  7. Sind Sie damit einverstanden, dass Arbeitnehmer in Lieferdiensten ihre Vertragsart vereinbaren können und ihnen die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen garantiert wird?
  8. Sind Sie damit einverstanden, ein spezielles Arbeitsrecht für Landwirte einzuführen, damit diese den Landarbeitern Arbeitsrechte und faire Löhne garantieren?
  9. Sind Sie damit einverstanden, Outsourcing und Arbeitsvermittlung durch Gewerkschaftsverträge, die gegen Arbeitsrechte verstoßen, abzuschaffen?
  10. Sind Sie damit einverstanden, dass Hausangestellte, Gemeindemütter, Journalisten, Sportler, Künstler, Fahrer und andere informell Beschäftigte formalisiert werden oder Zugang zu Sozialversicherung erhalten?
  11. Sind Sie damit einverstanden, die Arbeitsplatzsicherheit durch unbefristete Verträge als allgemeine Regel zu fördern?
  12. Sind Sie damit einverstanden, einen Sonderfonds für die Anerkennung einer Zusatzrente für Kleinbauern und Kleinbäuerinnen einzurichten?