Regierungsbildung
Merz' Regierungspersonal: Vom Oberstleutnant über Wirtschaftsvertreter ...
Auch wenn die Zustimmung der SPD-Basis noch aussteht - Friedrich Merz gab heute bekannt, welche Personalien er in einer CDU/CSU/SPD-Regierung für die sechs Fachministerien und den Chef des Bundeskanzleramts, die der CDU zustehen, vorschlägt. Der CDU-Bundesausschuss beschließt darüber heute. Es ist das Personal für die Umsetzung und Verschärfung der reaktionären Wende.
Demnach soll der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende, Johann Wadephul, Außenminister werden. Dieses Ressort bekleidet die CDU seit 60 Jahren erstmals wieder. Wadephul war Zeitsoldat, ist Oberstleutnant in Reserve-Offizier und nahm als Reservist an der Nato-Übung „Griffin Storm“ in Litauen teil. Inhaltlich steht er voll auf Merz-Linie. So stimmte er am 29. Januar 2025 im Bundestag für den ultrareaktionären Antrag Merz’ in der Migrationspolitik und ist für Kürzungen beim Bürgergeld zugunsten von Aufrüstung und Stärkung der Bundeswehr. So forderte er in ZDF Heute am 24.04.25: „Wir Europäer müssen eigene Souveränität entwickeln. Dazu gehört die „Bereitschaft, in Führung zu gehen.“ Ihm wird von der bürgerlichen Politik "diplomatisches Geschick" zugeschrieben. So verstehe er es, sowohl bei politischen Gegnern wie auch innerhalb der CDU "ausgleichend zu vermitteln". Mit anderen Worten: Merz setzt auf einen Mann, dem er am ehesten zutraut, außenpolitisch eine reaktionäre Wende mit der Klaviatur des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise umzusetzen.
Das Wirtschaftsministerium wird von der brandenburgischen Unternehmerin Katherina Reiche besetzt. In der Vergangenheit sei sie durch ihre feindlichen Äußerungen zu gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften aufgefallen (rbb.de, 28.4.25). Sie war von 2009 bis 2013 Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, dann bis 2015 Staatssekretärin beim Verkehrsministerium. Und seit 2020 ist sie Chefin der E.ON-Tochterfirma Westenergie und Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates der Bundesregierung. Die Westenergie AG ist bundesweit der größte Energiedienstleister und Infrastrukturbetreiber. Und nun: Wirtschaftsministerin - was zeigt, wie hoch die Energiemonopole eine zuverlässige Dienstleistung durch die Regierung hängen. E.on gehört zu den DAX-Konzernen, die seit 2016 mit über 9,3 Milliarde Euro am meisten staatliche Subventionen erhielten.
Ebenso kommt der neue Digitalminister, Karsten Wildberg, direkt vom Chefposten der MediaMarktSaturn-Mutter Ceconomy, war zuvor bei E.ON und ist stellvertretender Chef des CDU-Wirtschaftsrates und im Vorstand des Handelsverbands Deutschland (HDE). Wie praktisch, dass eben dieser Handelsverband erst am 23.4.25 seine Forderungen an ein zukünftiges Digitalministerium veröffentlicht hat, u.a. "Verwaltung zu entbürokratisieren und zu modernisieren, digitale Souveränität zu erreichen und Innovationen zu ermöglichen“. (https://einzelhandel.de/presse/aktuellemeldungen/14792-geplantes-digitalministerium-braucht-weisungsbefugnis-und-durchsetzungsvermoegen)
Eine völkische bis faschistoide Personalie ist Wolfram Weimer. Der aus dem hessischen Gelnhausen stammende Journalist und Verleger soll Staatsminister für Kultur und Medien werden. Ihm gehört die Weimer Media Group. Weimer war unter anderem Chefredakteur der Magazine „Focus“, „Cicero“, den Zeitungen „Die Welt“ und der „Berliner Morgenpost“. Er gilt als erzkonservativ bis völkisch. In seinem „konservativen Manifest“ mache er sich hinsichtlich der demographischen Entwicklung Europas Sorgen um die „Fortdauer des eigenen Blutes“ und fabuliert von einer „biologischen Selbstaufgabe“ Europas (faz.net, 27.4.25).
Parallel zu den Personalentscheidungen der CDU stellte CSU-Chef Söder die Besetzung der drei Posten für das Innen-, Landwirtschafts- und Forschungsministerium vor. Das Amt des Innenministers gilt als eines der wichtigsten. Hierfür ist der bisherige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt vorgesehen. Dieser steht für faschistische und faschistoide Migrationspolitik. Schon 2018 betätigte sich Dobrindt als reaktionärer Scharfmacher und machte Stimmung mit dem Begriff „Anti-Abschiebe-Industrie“.
Die SPD wird erst nach dem Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag am 6. Mai die Besetzung ihrer sieben Ressorts bekanntmachen. Das sind: das Finanz-, Arbeits-, Verteidigungs-, Justiz-, Umwelt-, Bau- und Entwicklungshilfeministerium.