Rede von Stefan Engel am 1. Mai in Gelsenkirchen
„Der Faschismus ist heute das Hauptproblem der Arbeiterbewegung!“
Rote Fahne News dokumeniert die Rede von Stefan Engel, Leiter der Redaktion des theoretischen Organs der MLPD, die er bei der Auftaktkundgebung der kämpferischen Opposition am 1. Mai 2025 in Gelsenkirchen gehalten hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Genossinnen und Genossen,
dieser 1. Mai ist wirklich etwas Besonderes. Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg stand die Welt so nahe an einem neuen Weltkrieg. Wir wissen alle, was es bedeutet, wenn ein Wirtschaftskrieg losgetreten wird. Jeder Wirtschaftskrieg, der bisher stattgefunden hat, hat in einem Krieg geendet. Wir haben auch noch nie so lange seit dem Zweiten Weltkrieg so nah am Faschismus gestanden.
Überall kriechen die Faschisten aus den Löchern, sind in verschiedenen Regierungen bereits vertreten in Europa, in den USA, in Indien, in verschiedenen Ländern Osteuropas, in Russland usw. Und wir haben auch eine dramatisch fortschreitende Umweltzerstörung. Wir befinden uns bereits in einer Umweltkatastrophe, die das menschliche Leben infrage stellt. Ein 1. Mai also, der die soziale Frage, die die Arbeiter immer auf die Straße bringt, etwas an den Rand drängt.
Aber es hängt natürlich alles zusammen. Wir haben auch einen 1. Mai, bei dem zum ersten Mal seit 1920 wieder der 8-Stundentag infrage gestellt wird. Es war eine Errungenschaft der Novemberrevolution, den 8-Stundentag in Deutschland einzuführen. Die neue Regierung hat jetzt angekündigt, dass dieser 8-Stundentag in Frage gestellt wird und die Leute wieder bis zu 13 Stunden am Tag arbeiten können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier werden überall politische, soziale und ökonomische Rechte der Arbeiter ebenso wie ihre sozialistische Weltanschauung angegriffen.
Wie kann das sein, was da momentan alles passiert? Wie kann das sein, dass ein Land wie die USA, das über Jahrzehnte als Vorkämpfer der Demokratie in der Welt galt, einen Faschisten wie Trump hervorbringt und ihn auch noch zum Präsidenten wählt? Wie kann das sein, dass dieser Mann die ganze seitherige Weltordnung durcheinanderbringt? Was ist mit ihrer sogenannten „wehrhaften Demokratie“? Warum wehrt man sich nicht gegen die Faschisten? Warum benennt man sie überhaupt nicht als Faschisten?
Wenn ich die Medien oder die bürgerlichen Parteien anhöre, da spricht man von „Populismus“ und von „Extremismus“, aber kaum einer spricht von Faschismus. Dabei haben gerade wir in Deutschland Faschismus schon zur Genüge erlebt! Das Problem fängt schon damit an, dass man inzwischen im Bundestag diskutiert, ob man diese AfD nicht so behandeln soll wie jede andere Oppositionspartei. Nein! Man sollte, ja man muss sie anders behandeln: nämlich als Faschisten - und die haben in Deutschland nichts zu suchen! Es ist 80 Jahre her, dass mit dem Potsdamer Abkommen grundsätzliche Schlussfolgerungen gezogen wurden, dass es in Deutschland nie mehr wieder Faschismus geben und von Deutschland nie mehr ein Krieg ausgehen soll. Was ist denn aus diesen Vorgaben geworden, die eigentlich die Grundlagen Deutschlands heute sein sollten? Ist das nichts mehr wert? Gilt das nicht mehr? Warum werden diese Faschisten nicht verboten? Warum erlaubt man ihnen hier Demonstrationen, wie heute am 1. Mai hier in Gelsenkirchen? Warum lässt man diese pöbelnden Leute im Bundestag ewig reden und überträgt das auch noch endlos im Fernsehen? Warum erlaubt man eine Sprache, die Spaltung und Niedertracht in dieser Gesellschaft verbreitet?
Wir müssen den Faschismus ernst nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Er ist heute das Hauptproblem der Arbeiterbewegung. Deshalb begrüße ich, dass sich eine ganz breite Aktionseinheit vom DGB bis zur katholischen und evangelischen Kirche, von Grünen, LINKE, SPD-Mitgliedern bis zur MLPD sich zu einem gemeinsamen Protest zusammengefunden hat gegen den für heute geplanten Faschistenaufmarsch in Gelsenkirchen.
Aber wir müssen uns auch im Klaren darüber sein, dass das Problem des Faschismus heute eine internationale Erscheinung ist. Der Faschismus ist nicht in Deutschland entstanden. Er ist entstanden aus dem Kapitalismus, aus der kapitalistischen Gesellschaft, aus der Krise der Neuorganisation der internationalen Produktion. Die zwischenimperialistische Konkurrenz geht heute bis zur gegenseitigen Vernichtungsschlacht. Was ist das alles für eine destruktive Weltanschauung: Amerika first? Deutschland zuerst? Das sind doch Parolen, die den Gegner niedermachen sollen bis zur Vernichtung.
Hier wird eine Sprache gesprochen, mit der man bereits einen Krieg vorbereitet. Die gigantischen Rüstungsprogramme, die wir heute sehen in der Welt, sind Vorzeichen dafür. Wofür braucht man diese Waffenarsenale, wenn man keinen Krieg führen will? Faschismus und Krieg gehören zusammen und deswegen müssen wir beides gemeinsam bekämpfen. Wir müssen die internationale Arbeitersolidarität hervorheben. Wir müssen uns auch Gedanken darüber machen, ob diese kapitalistische Gesellschaftsordnung tatsächlich geeignet ist, die Bedürfnisse der Masse der Bevölkerung zu befriedigen. Wir brauchen eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, ohne Umweltzerstörung und Krieg.
Genau deswegen halten wir an der großen Idee des Sozialismus fest. Wir wissen aber auch, wenn wir Sozialismus erreichen wollen, müssen wir Schlussfolgerungen ziehen: wir müssen Fehler aus den seitherigen sozialistischen Gesellschaften korrigieren, denn sonst wird das kein Mensch für richtig finden. Das machen wir auch! Wir haben als MLPD vieles anders gemacht als früher. Die MLPD ist eine Partei, die dafür ist, offen zu sprechen, auch über die Fehler, die gemacht wurden. Der Sozialismus steht auf der Tagesordnung der Geschichte. Die Alternative steht so: Geht die Menschheit unter im Dritten Weltkrieg, im Faschismus, in der globalen Umweltkatastrophe - oder erkämpfen wir tatsächlich den Sozialismus.
Deshalb an diesem 1. Mai: Es lebe die internationale proletarische Revolution! Es lebe der 1. Mai! Glück Auf!
Stefan Engel und seine Rede am 1. Mai in Gelsenkirchen im Video auf dem Youtube-Kanal der MLPD