Ukrainekrieg

Ukrainekrieg

Das Leid geht weiter - gleich, unter welchem Herren

Trotz aller Instabilität und oft auch Kurzsichtigkeit, die für die Politik des faschistischen US-Präsidenten Donald J. Trump so charakteristisch sind, ist die Linie klar: Die USA wollen sich mit ihrem imperialistischen "Friedens"diktat in der Ukraine die Beute mit Russland aufteilen. Für die EU kommt das nicht in Frage – sie setzt auf eine Fortsetzung und Verschärfung des zwischenimperialistischen Kriegs. So oder so sind die Massen die Leidtragenden.

Von fu
Das Leid geht weiter - gleich, unter welchem Herren
Die meisten Ukrainer wollen, dass der Krieg endet und die Verwüstungen aufhören. (Rauchende Ruinen von Wowtschansk am 2. Juni 2024, während der Charkiw-Offensive. (Bildlizenz CC BY 4.0))

Dabei muss man von vorne herein sagen, dass auch ein Frieden unter diesen Bedingungen nicht erreichbar wäre. Die Pläne aller beteiligten Mächte gehen nicht ohne Grund über einen Waffenstillstand nicht hinaus. Und militärisch ist die Lage für die Ukraine düster: Kursk ist wieder in russischer Hand und auch an allen anderen Fronten ist Rückzug der bestimmende Zustand. Die strategisch wichtige Stadt Pokrowsk ist noch in ukrainischer Hand, aber wenn sie fällt, hätte Russland die ukrainischen Linien endgültig durchbrochen.

 

Selenskyj äußerte sich selbst höchst relativ: Es gäbe nicht genug Waffen, um die Krim zurück zu erobern - aber diplomatische und wirtschaftliche Mittel habe die Welt noch. Dabei spricht er sehr bewusst nur von Waffen, denn die Wahrheit ist, dass ihm die Menschen ausgehen, die bereit sind, für sein Regime zu kämpfen.

 

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup, deren Befragung im August und Oktober 2024 lief, ergab, dass 52 Prozent der Ukrainer einen möglichst schnellen Frieden wollen, auch wenn das Zugeständnisse an Russland bedeutet. Dagegen sprachen sich nur noch 38 Prozent aus, während 10 Prozent unentschlossen waren.

 

Damit sprach sich erstmals eine Mehrheit für einen Frieden auch ohne ukrainischen Sieg aus – in den Front-Oblasten Charkiw und Dnipropetrowsk waren es sogar 73 Prozent der Befragten.

Spaltung des westlichen Lagers

Soweit es den Ukrainekrieg betrifft, kann man trotz der Verbindungen, die weiterhin unter anderem durch die NATO zwischen den Mächten der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika bestehen, nicht mehr von einem einheitlichen westlichen Block sprechen. Der zielstrebige Umbau der USA zu einer faschistischen Diktatur durch Trump setzt die europäischen Imperialisten unter Druck. Sie müssen jetzt ihren Führungsanspruch durchsetzen, um ihre Interessen in der Ukraine zu verteidigen.

Imperialistischer Frieden als Etappenziel der USA

Das Ziel der US-Regierung ist es aktuell, sich die Ukraine mit ihren russischen Kollegen aufzuteilen und dann ihre Aufmerksamkeit China zuzuwenden. Ihr „Friedensplan“ trägt diesen Gestank überdeutlich mit sich:

 

  • Anerkennung der russischen Annektion der Krim
  • Einfrieren des Frontverlaufs in einer Waffenstillstandslinie
  • sofortige Aufhebung der Sanktionen gegen Russland
  • Unterstellung des AKW Saporischschja unter US Verwaltung
  • Friedensverhandlungen zwischen der russischen und der ukrainischen Regierung
  • Kein NATO Eintritt
  • Annahme des „Rohstoff-Deals“ zwischen den USA und der Ukraine

 

Insbesondere letzteres bedeutet für die ukrainische Bevölkerung nicht nur die völlige Ausplünderung der natürlichen und menschlichen Resourcen ihres Landes, sondern objektiv auch den Verlust der nationalen Unabhängigkeit – und zwar des Ostens an Russland und des Westens an die USA. Dem „Krieg des Raubes“ soll ein „Frieden des Raubes“ folgen, wie es ein Teilnehmer des Unitedfront-Webinars am gestrigen Sonntag treffend bezeichnete: Bittere Armut mit all ihren Folgen wäre das Ergebnis. Das Morden an der Front und in den Städten würde vorläufig enden, wobei eine Fortsetzung des Krieges zu einem späteren Zeitpunkt zwangsläufig eine Option bleibt.

Imperialistischer Krieg als Strategie der EU

Zwischenzeitlich ist aber auch ein Papier bekannt geworden, in dem die EU mit Vertretern der Ukraine Vorschläge für ihren Friedensplan formuliert hat. Das soll die folgenden Punkte beinhalten:

 

  • sofortigen Waffenstillstand
  • eine schrittweise - also nicht sofortige - Rücknahme der Sanktionen
  • Rückführung deportierter ukrainischer Kinder
  • Fortsetzung des EU-Beitrittsverfahrens
  • Wiederaufbau der Ukraine mit russischen Mitteln, speziell eingefrorene Vermögenswerte (Reparationen)
  • Keine Beschränkung der Größe der ukrainischen Armee und der Stationierung verbündeter Truppen

 

Diese Vorschläge offenbaren die Denkweise, die hinter ihnen steht. Zum einen geht es den EU-Imperialisten um ihren eigenen Zugriff auf die Rohstoffe der Ukraine – der Rohstoff-Deal der USA und das EU-Beitrittsverfahren der Ukraine schließen sich hier, auch formal, aus. Trumps Plan steht in offenem Widerspruch zum "freien Kapitalverkehr" gemäß Artikel 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und verhindert damit den freien Zugriff auf die ukrainischen Märkte. Zum anderen können Reparationen gemeinhin nur diejenigen fordern, die in einer Position der Stärke sind. Militärisch aber steht die Ukraine jedenfalls aktuell eher vor der Niederlage. Das heißt also, dass der Krieg fortgesetzt werden muss. Da ist es nur logisch, dass die Vorschläge der EU faktisch sowohl die uneingeschränkte Aufrüstung der Ukraine, als auch die Möglichkeit der Stationierung weiterer Truppen mit enthält. Die Forderung nach einem Waffenstillstand dient nur dazu, das zu verschleiern.

 

Dabei zeigt die Demagogie der EU-Politiker deutlich, dass sie sich auch über den Ukrainekrieg hinaus auf eine militärische Konfrontation mit Russland einstellen – sie sagen mittlerweile offen, dass sie sich auf einen solchen Krieg vorbereiten, dass die Aufrüstung und Militarisierung der EU dazu dient. Dafür hat die EU bereits jetzt 1,425 Millionen Soldaten unter Waffen stehen – zusammen genommen ist das die drittgrößte Streitmacht der Welt hinter China und (knapp) Indien und vor den USA und, mit Abstand, Russland. Wenn es also nach der EU geht, sollen die Ukrainer weiter bluten und sich damit ihre Zukunft unter dem Diktat der EU erkämpfen.

Ein kleineres Übel suchen oder eine große Lösung finden

Es ist müßig, darüber zu diskutieren, welche der drei Optionen – ein Leben in Armut und Abhängigkeit unter US-, EU- oder russischer Vorherrschaft – im Einzelnen besser wäre. Die einzige wirkliche Perspektive, die die Ukrainer haben, teilen sie mit ihren Klassenbrüdern in Russland, der Europäischen Union und den USA: Nur, wenn sie sich gegen alle Imperialisten wenden, deren Herrschaft revolutionär überwunden und der Sozialismus erkämpft wird, können sich die Völker eine Zukunft in Freiheit und Frieden aufbauen.