Millionen auf den Straßen
1. Mai in der Türkei: Politisch - Kämpferisch - Selbstbewusst
Der 1. Mai in der Türkei stand ganz im Zeichen der Auseinandersetzungen um die Höherentwicklung der Massen-Rebellion gegen den Faschismus.
Die fortschrittliche Zeitung Birgün.net schreibt: „Millionen von Menschen im ganzen Land haben heute auf den Plätzen des 1. Mai gegen Rechtlosigkeit und Ausbeutung demonstriert.“ In über 70 Orten, vor allem in den Industriezentren, fanden macht- und kulturvolle Demonstrationen, Blockaden und Kundgebungen statt.
In Massen beteiligten sich rebellierende Jugendliche, die sich mit ihrer Losung: „Generalstreik und Generalwiderstand“ an die Arbeiterbewegung wandten. Auch Frauen prägten die Aktionen, die Arbeiterklasse ist weiblich. Die Bandbreite der Forderungen ist groß; höhere Löhne, gegen Mindestlohn-Diktat, Arbeitssicherheit, gegen neue Arbeitsgesetze, für Streikrecht, das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung, gegen Unterdrückung, für Freilassung der politischen Gefangen, für Solidarität.
Insbesondere von revolutionären, kämpferischen und klassenkämpferischen Kräften getragene Losungen richteten sich gegen Krieg und Faschismus, für Sozialismus. Sichtbar traten Belegschaften auf, die im Kampf sind. Stolz und optimistisch zeigt die Arbeiterklasse, dass sie sich nicht nehmen lassen will, ihren internationalen Kampftag zu begehen und zu feiern.
Die Diskussionen um die Einheit der Arbeiterklasse standen im Zentrum, auch wenn es nicht überall gelang, wie in Istanbul, gemeinsame Kundgebungen durchzuführen. Hier nahmen an der Kundgebung von Türk-Iş in Kartal 50.000 Menschen teil. In einer auffällig kämpferischen Rede nannte der Vorsitzende von Türk-Iş neben wichtigen sozialen Forderungen auch den gemeinsamen Kampf um Streikrecht, gegen die Angriffe, Gewalt und Verhaftungen und stellte sich auf die Seite der rebellierende Jugendlichen. Immer wieder wurde die Rede mit der Losung: „Befreiung gibt es nur gemeinsam, entweder alle oder keiner“ gerufen. Das ist bemerkenswert, da die Türk-Iş Führung in besonderem Maße die Kollegen mit nationalistischer Klassenzusammenarbeits-Ideologie beeinflusst und spaltet. Sie muss auf das gewachsene Klassenbewusstsein der Kollegen reagieren.
In Kadɪköy nahmen zehntausende an der Kundgebung der fortschrittlichen Gewerkschaften DISK, KESK, TMMOB und TTB teil. Ein gemeinsames Manifest dieser vier Gewerkschaften wurde vorgetragen: „Wo auch immer wir leben, arbeiten und kämpfen, wir werden uns dort organisieren. Wir werden gewinnen, indem wir uns organisieren. Wir werden siegen, indem wir uns vereinigen.“ Diese beiden Kundgebungen sind unter weitgehenden Sperrungen der Polizei zustandegekommen.
Der gemeinsame Kampf mit der kurdischen Bewegung festigt sich. In allen Städten im kurdischen Teil gab es Demonstrationen der Arbeiter in Verbindung mit dem Anliegen der kurdischen Bewegung. Das Anliegen der Flüchtlinge, die sklavenähnlichen Bedingen der Überausbeutung ausgesetzt sind, spielte ebenso eine Rolle, vor allem auch die Kinderarbeit auf den Feldern. In Zonguldak marschierten die Bergleute zu ihrem Ehrenmal gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern und blockierten dabei die Brücke.
Innerhalb der revolutionären Kräften findet ein guter Klärungsprozess statt um die Frage, wie in dem Kampf der Massen eine revolutionäre Führung entstehen kann. Bei dem Versuch, zum Taksim-Platz zu marschieren, wurden 384 Menschen verhaftet. Ihre Freilassung wird gefordert.