Programmbeschwerde abgelehnt
"Journalistisch professionelle“ Werbung für die AfD – so macht man Faschisten salonfähig!
Am 7. Februar hatte das Rechtsanwaltsbüro Meister & Partner gegen den Beitrag des WDR über den Essener AfD-Bundestagskandidaten Guido Reil in den ARD-Tagesthemen vom 30. Januar 2025 Programmbeschwerde erhoben.¹
Gerügt wurde der Verstoß gegen Programmrichtlinien, weil der Beitrag eine einseitige Hofberichterstattung für Reil und die faschistische AfD darstellte. Zwei Monate später kam jetzt die Antwort – unterzeichnet von der WDR-Intendantin Katrin Vernau. Die hatte bereits bei ihrer Amtseinführung Anfang des Jahres gefordert, die AfD bei der Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien wie jede andere Partei zu behandeln.
Entsprechend fiel auch ihre Stellungnahme aus: „... komme ich zu dem Ergebnis, dass die von Ihnen erhobenen Vorwürfe nicht zutreffen und ich Ihrer Programmbeschwerde daher nicht abhelfen kann“.
Laut Frau Vernau hat der WDR gegen keinerlei Richtlinien verstoßen; die Doku wird von ihr uneingeschränkt verteidigt. Objektivität und Unparteilichkeit seien nicht verletzt worden, denn dafür gelte „ein abgestufter Maßstab, nach dem die im Einzelfall geltenden Anforderungen des Programmgrundsatzes formatspezifisch zu bestimmen sind“, heißt es in schönstem Juristendeutsch. Das Gebot der Ausgewogenheit gelte nur für die Gesamtheit der Berichterstattung und nicht für jede einzelne Sendung.
Aufschlussreich ist folgende Passage der Begründung: „Ziel war es, ein authentisches Stimmungsbild vom Straßenwahlkampf und auf Märkten vor Ort einzufangen. Bei der Beurteilung ist es auch wichtig, die typische Erzählweise dieser Darstellungsform zu berücksichtigen, die sich von der neutralen Nachricht unterscheidet und darauf abzielt, das Geschehen vor Ort erlebbar zu machen. Zwar ist es auch in der subjektiven Form der Reportage nicht zulässig, Fakten verzerrt wiederzugeben oder stehenzulassen. Dies ist jedoch bei #mittendrin vom 30. Januar 2025 nicht geschehen, sondern es wurden verschiedene Stimmen gehört und Perspektiven nebeneinander gestellt“.
Etwas verklausuliert wird damit zugegeben, dass es keineswegs darum ging, den vermeintlich „überwältigenden Zuspruch“ für Reil und die AfD im Essener Norden ergebnisoffen und kritisch zu hinterfragen. Er sollte vielmehr bestätigt und durch Stimmen aus der Bevölkerung „erlebbar“ gemacht werden. Deshalb wurden gerade nicht „verschiedene Stimmen gehört und Perspektiven nebeneinander gestellt“, sondern es kamen ausschließlich Personen zu Wort, die die Positionen der AfD mehr oder weniger teilen oder als Migranten davor Angst haben.
„Die AfD wird immer stärker, weil nichts gegen die illegale Migration getan wird“ – die Bestätigung dieses Narrativs stand von Anfang an fest. Fundierte Kritik fehlt komplett. Das ist genau die Art von Berichterstattung, die den Aufstieg der AfD mit hervorgerufen hat, indem sie als vermeintliche Protestpartei und „Stimme des Volkes“ dargestellt wird.
Vernaus Forderung nach „Normalisierung“ des Umgangs mit der AfD stieß bei verschiedenen Mitgliedern des Rundfunkrats auf Kritik. „Man kann eine solche Partei nicht wie jede andere behandeln“, so der Ver.di-Vertreter Peter Freitag. Treffend kritisierte er die WDR-Berichterstattung: „Man könnte meinen, dass Migration das einzige Thema sei. Mein Eindruck ist, dass wir das Agendasetting der AfD mitspielen“.²
Auf der Sitzung des Rundfunkrats vom 5. Februar bekräftigte die Intendantin dagegen ihren Standpunkt: Wenn die AfD mit ihrem politischen Angebot im Programm nicht vorkomme, würden sich ihre Wähler „nicht abgebildet“ fühlen. Der WDR müsse „den Diskurs über die AfD mit journalistisch professionellen Angeboten moderieren“.³
Was darunter zu verstehen ist, zeigt der Tagesthemen-Beitrag vom 30. Januar beispielhaft: „Journalistisch professionelle“ Werbung für die AfD. So werden Faschisten Schritt für Schritt aufgewertet und salonfähig gemacht. Wir werden gegen die Ablehnung unserer Programmbeschwerde den WDR-Rundfunkrat anrufen.