Glosse

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Ein Albtraum von Feldwebel Schmidt

Feldwebel Schmidt, seines Zeichens Ausbilder bei der Bundeswehr, schreckt nachts schweißgebadet aus seinem Albtraum auf. Die angesagte neue Wehrpflicht raubt ihm nun fast jede Nacht den Schlaf. Versichert wird zwar von der kommenden Regierung, das sei vorerst noch auf freiwilliger Basis – doch er weiß mehr. Angesagt ist, kriegstüchtig zu werden und eine Bundeswehrstärke von über 300.000, und oh Graus, womöglich auch Frauen. Dazu die frohe Botschaft des SPD-Chefs: Der „Wehrdienst soll attraktiver werden“.

Leserzuschrift aus Wuppertal

Ausbilder Schmidt sieht nachts Heerscharen dieser zwangsverpflichteten Rekruten-Luschen über seine Bettdecke laufen. Die jungen Männer und Frauen sind im Kindergarten, Schule und über die Massenmedien mit Laissez-faire-Erziehung und Antiautoritarismus groß geworden. Mit denen kann man im Ernstfall nicht mal die Schweizergarde vom Papst aufhalten. Aber er würde denen schon mit Drill die notwendige Zwangsdisziplin und Kadavergehorsam beibiegen. Das war schließlich sein Auftrag: Sie kriegstüchtig zu machen - mit dem Segen des Militärbischofs, versteht sich!

Doch im Traum plagt ihn das Grauen.

Wie am Einzugstermin werden Rekruten von Mami im SUV zum Kasernentor gebracht. Und der Erste fragt ihn gleich: „Eh Oberförster, wo gehts denn hier zur Party?“. Und in den Unterkünften angekommen, geht ihm eine Möchtegern-Influencerin von der Seite an: „Eh Alter, Bude mit sechs Stockbetten, wie krank ist das denn? Wo ist mein Einzelzimmer mit Bad und Platz für mein Beauty-Case?“ 

 

Wie gewohnt macht sich Ausbilder Schmidt dann um 6 Uhr am Morgen an die Arbeit mit seiner grellen Trillerpfeife. Danach donnert in den Hallen der Mannschaftsunterkünfte sein Weckruf: „Kompanieeee auuuufstehen“. Doch nichts rührt sich. Er sieht auf einer Bude nach, aber keiner steht in strammer Haltung neben dem Bett oder hat es gar gemacht - einheitlich mit Knick in der Decke über dem Kopfkissen, versteht sich. 

 

Und schon giftet ihn die Mannschaft an: „Was geht ab, was soll der Lärm hier? Chill mal, Alter. Hat denn die Mutter der Kompanie schon das Frühstück fertig, mit allem Drum und Dran, mit Kaffee, Latte macchiato, Butterhörnchen?“ Und als er dann später, viiiel später auf dem Kasernenhof antreten lässt und befiehlt: „Im Gleichschritt Marsch - ein Lied“, da tönt nicht etwa „Schwarz-braun ist die Haselnuss“, sondern der Ruf: „Hallo DJ, leg mal was von Taylor Swift auf oder von Feine Sahne Fischfilet“. Das Grauen nimmt kein Ende.

 

Als er dann Befehl gibt zum 20-Km-Marsch in Kampfmontur mit Helm, Gepäck und voller Bewaffnung, muss er sich anhören: “Eh du Opfer, wie bist du denn drauf, wo finden wir die E-Scooter – zu Fuß gehen wir nur zu Demos?“. Verstehe einer die Jugend, wie die denkt, was so kreuz und quer in ihrem Kopf rumgeistert und welche Richtung das noch nimmt.

 

Schrill klingelt der Wecker. Endlich ist der Albtraum von Ausbilder Schmidt vorbei. Das Kissen ist völlig zerwühlt und er völlig fertig. Doch es gibt neue Traumgestalten: Im Frühstückfernsehen Ostermarschierer, darunter auch Jugendliche. Was sollte bloß werden, wenn das noch mehr würden und mit der Wehrpflicht gar rebellische und womöglich organisierte Jugendliche bei ihm antreten.