Tschernobyl

Tschernobyl

Heute 39. Jahrestag Super-GAU Tschernobyl: Unkontrollierbare Risiken der Atomkraft mahnen!

Mit Aktionen in rund einem Dutzend deutscher Städte erinnern heute Umweltinitiativen an die schwere Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl. Unter dem Motto „39 Jahre Tschernobyl – Atomausstieg weltweit jetzt!“ fand um 14 Uhr eine Mahn- und Protestaktion am Tor 1 des Atomkraftwerks Neckarwestheim statt.

Heute 39. Jahrestag Super-GAU Tschernobyl: Unkontrollierbare Risiken der Atomkraft mahnen!
Der havarierte Reaktor im Kernkraftwerk Tschernobyl mit dem davor liegenden Mahnmal - noch vor der Errichtung des neuen "Sarkophags" (foto: Mond (CC BY-SA 3.0))

Das Arbeitstreffen zur Vorbereitung eines Internationalen Umweltratschlags in Göttingen beteiligt sich an der Aktion der Anti-Atom-Initiative um 17 Uhr im Cheltenham Park.

Super-GAU: nicht mehr beherrschbare Reaktorkatastrophe

Während eines Experiments geriet der Block 4 des ukrainischen Atomkraftwerks Tschernobyl am 26. April 1986 außer Kontrolle, explodierte und brannte. Der meiste Teil der 180 Tonnen an hochradioaktiven Material und radioaktiven Gasen wurde aus dem Reaktor geschleudert. Radioaktive Wolken zogen über große Teile Europas und Asiens. Die sowjetische Führung informierte nur zögerlich und nie vollständig über das Ausmaß der Katastrophe. Sie schickte 860 000 Arbeiter, Feuerwehrleute und Soldaten zum Katastrophendienst, die z.T. ohne Schutzausrüstungen arbeiteten. Als "Liquidatoren“ räumten sie hochradioaktiven Schutt beiseite, trugen kontaminierte Gebäude ab und bauten eine Betonhülle um die Atomruine.

Systematische Vertuschung der Opfer bis heute

Die meisten "Liquidatoren" und die betroffene Bevölkerung trugen schwere Gesundheitsschäden davon oder starben. Eine systematische Erfassung gab es nie, offensichtlich aus mangelnden Interesse der Atommächte und AKW-betreibenden Energiemonopole. Die Ukrainische Kommission für Strahlenschutz zählte allein 34 499 verstorbene Helfer. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) gehen insgesamt von 112 000 bis 125 000 Toten und von 540 000 bis zu 900 000 Invaliden aus. Besonders in Belarus stieg die Zahl der Schilddrüsen- und Krebserkrankungen an. Die UN-Wissenschaftlerkommission UNSCEAR spielte das in einem Bericht 2011 völlig runter und behauptete man könnte nur in 62 Fällen mit Sicherheit sagen, dass sie an den Folgen der radioaktiven Strahlung gestorben sind. Und das, wo Zehntausende direkt am extrem strahlenden Reaktor arbeiteten. Offener kann man die Tatsachen nicht fälschen. Noch dreister verleugnet und verhöhnt die AfD die Opfer. In einer Kampagne in 2021 für Atomkraftwerke in Sachsen behauptete sie, dass durch die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl weniger als 50 Menschen und in Fukushima gerade eine Person in Folge der Strahlung gestorben seien. Zynische Leugnung der Schwere der Katastrophe und Ignoranz des Leids unzähliger Menschen, um ein Zurück zur Nutzung von Atomenergie im Interesse der Monopole rein zu waschen. Solch eine Verbrecherbande gehört sofort verboten.

Neue Bundesregierung: Dienstleister der Atommonopole

Am 28. März forderten Atomkraftgegner vor dem Bundestag, alle Atomprojekte aus dem Koalitionsvertrag zu streichen. Dafür hatten 150 000 Menschen unterschrieben. Im Koalitionsvertrag vereinbarten nun SPD und CDU/CSU, dass in Deutschland der erste Fusionsreaktor der Welt stehen soll. Solche nuklearen Luftschlösser sind extrem teuer, verschwenden das Geld, das für die sofortige Umstellung auf den Auf- und Ausbau der Erzeugung erneuerbarer Energie gebraucht wird. Und von wegen „sicher“: selbst wenn keine unkontrollierbare Kettenreaktion entstehen kann, erzeugen doch die Reaktoren trotzdem radioaktive Strahlung und radioaktiven Abfall. Die kapitalistische Profitwirtschaft und die Verknüpfung von militärischer und ziviler Nutzung treiben die Atompläne voran. Solche atomtechnologische Forschungsprojekte am Forschungszentrum Jülich, an der RWTH Aachen und am KIT in Karlsruhe müssen umgehend beendet werden.

Atommüllkonferenz fordert sichere Zwischenlagerung

In einem Forderungspapier legte die Atommüllkonferenz vom April diesen Jahres einen umfassenden Katalog zur sicheren Atommüll-Zwischenlagerung vor.1 Da die Bundesregierung davon ausgeht, dass ein Endlager erst Ende diesen Jahrhunderts zur Verfügung steht, werden die 16 oberirdischen Atommülldeponien zum Langzeitlager für hochradioaktive Abfälle. Dafür sind sie gar nicht ausgelegt. Lagergebäude und Atommüllbehälter sind schon jetzt unzureichend gegen Hochwasser, starke Unwetterlagen oder gar Kriege geschützt. Erst am 14. Februar 2025 richtete ein Drohnenangriff erhebliche Schäden an der Schutzhülle des Reaktors in Tschernobyl an. Bis heute gibt es nirgendwo ein auch nur annähernd akzeptables Modell, was mit dem Millionen Jahre strahlenden Abfall passieren soll. In ihrem Kampfprogramm fordert die MLPD einen Forschungsschwerpunkt für höchste Sicherheitsstandards bei der Lagerung von Atommüll und anderen Rückständen.2

Sofortige Abschaltung aller Atomanlagen

Dafür ist aktiver Widerstand notwendig! Auch ohne Unfall setzen Atomkraftwerke im laufenden Betrieb Radioaktivität frei. Ein Weiterbetrieb oder eine neue Ausdehnung der Atomindustrie muss dringend gestoppt werden. Die Urananreicherungsanlage Gronau und die Brennelementefabrik Lingen verfügen noch über unbefristete Betriebsgenehmigungen. Ein Ausbau von Lingen und eine Kooperation mit dem russischen Staatskonzern Rosatom muss verhindert und beide Atomfabriken müssen umgehend geschlossen werden.