Weiterbau soll durchgedrückt werden

Weiterbau soll durchgedrückt werden

Die militärische Bedeutung der Autobahn A 20

Das östliche Teilstück der Küstenautobahn A 20 reicht von Bad Segeberg in Schleswig-Holstein über Lübeck, Rostock, Greifswald bis zum Kreuz Uckermark in der Nähe der polnischen Grenze.

Von lm
Die militärische Bedeutung der Autobahn A 20

Seit vielen Jahren versuchen Bundes- und Landesregierungen, weitere 200 km der A 20 nach Westen weiterzubauen, über Glückstadt an der Elbe, durch einen neuen Elbtunnel, vorbei an Bremervörde und Bremerhaven unter der Weser durch bis Westerstede, wo sie an die A 28 angebunden werden soll. Geschätzte Kosten: 7 Mrd €.

 

Erste Planungen begannen mit dem „Grundnetz der Reichsautobahnen“ des Hitlerregimes, welches 1934 veröffentlicht wurde. Der militärische Zweck dieser geplanten West-Ost-Autobahn war offensichtlich. 1991 beschloss die deutsche Bundesregierung u.a. den Neubau von Lübeck bis Stettin, welcher 2005 abgeschlossen wurde. Begründet wurde der Bau meist mit Entlastungen von Ortschaften, durch die der zunehmende Verkehr auf Bundesstraßen geführt wurde oder mit Erleichterungen für Transporte durch LKW-Speditionen. Die militärische Bedeutung der A 20 deckte der CDU-Ministerpräsident Daniel Günther erst kürzlich auf: „Der Weiterbau der A 20 dient auch unserer Verteidigungsfähigkeit“¹. Das war vermutlich von Anfang an der entscheidende Grund für den Bau der A 20, wurde aber nicht öffentlich genannt. Ist die etwa 550 km lange Autobahn einmal fertiggestellt, ermöglicht sie reibungslos Militärtransporte von den Häfen Emden und Bremerhaven unter Umgehung des Engpasses Hamburg bis an die polnische Grenze.

 

Wie wichtig diese Autobahn für die Kriegsvorbereitung der NATO ist, wurde zwischen Januar und Mai 2024 in der NATO-Übung Steadfast Defender (Standhafter Verteidiger) demonstriert. Der Generalinspekteur des Bundeswehr Breuer begründete die Übung mit den Worten „Deutschland ist die logistische Drehscheibe im Herzen Europas“.² 90 000 Soldaten aus 32 Nationen trainierten die Verlegung von Truppen nach Osten. Dazu zählten auch 1000 britische Fahrzeuge, die nach Emden verschifft wurden und teilweise auf Bundesstraßen über Polen bis Litauen fuhren³.

 

Besonders ärgerlich für die Militärstrategen waren gerichtliche Auflagen zum Tier- und Umweltschutz. So sorgten die bedrohten Fledermäuse in den Kalksteinhöhlen von Bad Segeberg für eine 13-jährige Verzögerung des Weiterbaus der A 20. Es gibt erhebliche Widerstände der unmittelbar betroffenen Bevölkerung, die sich in Bürgerinitiativen wie „A 20 nie“ gegen die weitere Versiegelung von Böden und gegen die Verdrängung von Tierarten wehrt. Besonders umweltschädlich ist der Bau der A 20 in der Wesermarsch. In dem Marschland befinden sich Moore, die große Bedeutung für die Speicherung von CO² haben und in Teilen trocken gelegt werden sollen.

 

Der BUND und mehrere niedersächsische Landwirte klagten deswegen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Unter dem Eindruck einer Großdemonstration fand die Verhandlung am 31. Mai 2022 statt. Das Gericht entschied, dass der beklagte Bauabschnitt vorerst nicht gebaut werden darf.³

 

Nachdem die militärische Bedeutung der A 20 offensichtlich geworden war, hätte man vom BUND Schleswig-Holstein erwarten können, dass er jetzt erst recht den Widerstand gegen den Bau organisiert. Aber Fehlanzeige! Der Verkehrsminister von Schleswig-Holstein, Madsen (CDU), setzte sich Ende März 2025 mit Vertretern von BUND und Nabu zusammen, um weitere Klagen zu vermeiden. BUND- und Nabu-Vertreter sagten angesichts der „neuen geopolitischen Situation“ eine konstruktive Begleitung der Planungen zu (4).

 

Die künftige Bundesregierung hat sich mit ihren 500 Mrd € für Infrastrukturmaßnahmen und in ihrem Koalitionsvertrag auf eine „Baubeschleunigung“ geeinigt. Bei ihrer „Entbürokratisierung“ werden Auflagen für Umweltschutz angegriffen. Gelder aus der LKW-Maut, die bislang für den Ausbau der Bahn genutzt wurden, sollen jetzt in den Straßenverkehr fließen. Damit wird auch der weitere Autobahnbau gefördert.

 

Der umweltpolitische Widerstand gegen den Bau der A 20 hat inzwischen auch eine antimilitaristische und friedenspolitische Bedeutung. Stopp des Weiterbaus der A 20!