Ein Besuch bei der Mahnwache der Boschler

Ein Besuch bei der Mahnwache der Boschler

Schwäbisch Gmünd: „Es geht um jeden einzelnen Arbeitsplatz“

„Das war ein wirklich guter Artikel bei Rote Fahne News“ - so begrüßen mich zwei Kollegen, als ich am Donnerstag um 20:00 Uhr zur Mahnwache komme.

Korrespondenz
Schwäbisch Gmünd: „Es geht um jeden einzelnen Arbeitsplatz“
Mahnwache vor dem Bosch-Betrieb in Schwäbisch Gmünd (rf-foto)

Die Kollegen meinten diesen Artikel: Solidarität mit Hüseyin Ekinci - dem streitbaren und selbstbewussten Betriebsrat der IG Metall


Auf dem kleinen Rasenstück zwischen der Richard-Bullinger- und der Otto-Tiefenbacher-Straße vor dem Bosch-Werk Schießtal stehen etwa vierzig bis fünfzig Boschler und Kollegen anderer Betriebe. Die zwei sind sichtlich froh um die klare Kante und die Unterstützung in ihrem Kampf um die Arbeitsplätze durch den Artikel. Die Abwahl des Vertrauenskörperleiters Hüseyin Ekinci als stellvertretendem Betriebsratsvorsitzenden, betrieben von ein paar Wasserträgern von Bosch im Betriebsrat vor zwei Wochen, hat die Belegschaft geschwächt. Hüseyin Ekinci hatte sich geweigert, eine Verschwiegenheitsvereinbarung zu unterschreiben und hatte die Bosch-Abbaupläne auf einer Betriebsversammlung bekannt gemacht.

 

Ich unterhalte mich lange mit den beiden, frage nach der Stimmung in den Abteilungen. Einer meint: „Was sollen die Kollegen glauben? Der Betriebsratsvorsitzende sagt so, sein Stellvertreter meint dies und der VK-Leiter wieder etwas anderes?!“ Vielleicht unterschätzen die Kolleginnen und Kollegen die Situation? Wir sind uns einig, dass es hier nicht um Lohndrückerei oder den Abbau einzelner Arbeitsplätze geht. Es geht Bosch darum, seinen Profit zu steigern, er will Maximalprofit auf Kosten der Belegschaften. Dazu verlagert er die Produktion nach Ungarn. Bosch will wohl die ganze Fertigung und Montage in Schwäbisch Gmünd abbauen. In Ungarn gibt es Subventionen, die Löhne sind niedrig: „So billig können wir gar nicht arbeiten!“

 

Schon seit 2017 vernichtet Bosch in Schwäbisch Gmünd Arbeitsplätze. Zuerst hieß es „Eckpunktepapier“. 2019 drückte dann Geschäftsführer Grosch gegen die Belegschaft, gegen die Bevölkerung und gegen den Gemeinderat einen „Standortvertrag“ durch, mit der Vernichtung weiterer 1800 Arbeitsplätze bis 2025. Der Stadtrat hatte damals öffentlich getagt, unter den Augen der Boschler, die mit einem Sarg - Sinnbild für die Verheißungen von Bosch - in den Sitzungssaal einzogen. Geschäftsführer Grosch hat sich damit wohl für Höheres bei Bosch qualifiziert. Heute ist er Gesamtpersonalchef bei Bosch und drückt weiteren Stellenabbau durch, wie etwa in Leinfelden bei Power-Tools.

 

Die Vorgehensweise von Bosch gegen die Belegschaften ist im Konzern überall gleich. In einem Leserbrief deckte ein ehemaliger Boschler auf, dass es Taktik von Bosch ist, in Geheimverhandlungen seine Pläne durchzudrücken und dann die Belegschaften vor vollendete Tatsachen zu stellen.

 

In Schwäbisch Gmünd werden Lenkungen hergestellt. Die Kollegen berichten, dass Bosch mit seinen Lenkungen zum Beispiel den Nkw-Markt zu 85 Prozent beherrscht. Auch auf dem Markt für Pkw-Lenkungen ist Bosch stark vertreten. Dennoch schreibt das Werk angeblich „Verluste“. Diese Verluste lassen sich nur als entgangene Profiterwartungen erklären, eben dass in Ungarn noch mehr aus den Beschäftigten herausgeholt werden kann als in Schwäbisch Gmünd.

 

Die Spaltung durch die Wasserträger im Betriebsrat ist in den Gesprächen spürbar. Als dann noch ein paar kurze Reden gehalten werden, berichtet Ekinci, dass manche Betriebsräte durch die Abteilungen gehen und für Überstunden am Wochenende werben. Wenn die Kollegen sich weigern, drohen sie mit Änderungen der Arbeitszeitvereinbarung.

 

Es kommt gut an, dass sich die IG Metall hinter die Mahnwache und den Vertrauenskörper stellt. In ihrer Ansprache meint deren Vertreterin: „Hier geht es um jeden einzelnen Arbeitsplatz!“

 

Die Mahnwache findet im April jeden Donnerstag von 20:00 bis 21:00 Uhr vor dem Werk Schießtal statt. Am 29. April 2025 ist um 12 Uhr eine Kundgebung vor dem Werk geplant.