Ostkongo
Wie kann das kleine Land Ruanda eine solche militärische Stärke entwickeln?
Ostkongo – seit 30 Jahren ist dieser Landstrich, gesegnet mit wunderschöner, fruchtbarer Natur und wertvollen Mineralien, Schauplatz blutiger Kämpfe. Mit drei Millionen Toten und Millionen Menschen auf der Flucht.
Der Hintergrund: Das Nachbarland Ruanda lässt mit Hilfe aggressiver Milizen - wie der M13 - vor allem Coltan und Gold stehlen, nach Ruanda bringen und verkauft es selbst dann „sauber“ an internationale Konzerne. Ein lukratives Geschäft, Export-Umsatz letztes Jahr: über eine Milliarde $. Der Kongo geht leer aus.
Seit Anfang des Jahres entfesseln die von Ruanda mit modernsten Waffen ausgerüsteten M23 und jetzt direkt auch die ruandische Armee einen offenen Krieg und eroberten bereits die Provinzhauptstädte Goma und Bukavu. 7000 Menschen wurden bisher Opfer dieser Barbarei. In Goma vergewaltigten M23-Kämpfer die Frauen in einem Gefängnis und zündete es dann an – 200 Frauen und Kinder starben!¹ Die kongolesische Armee kann dem kaum etwas entgegensetzen.
Wie kann das kleine Land Ruanda (11 Millionen Einwohner) eine solche militärische Expansionskraft entwickeln? Offensichtlich betreibt es seit Jahren in Afrika eine geschickte „Diplomatie im Tarnanzug“², die bereits neuimperialistische Züge trägt. Zuerst beteiligte sich Ruanda 2005 an UN-Friedensmissionen in Afrika: Im Sudan, Mali, Südsudan, der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), und erwarb sich einen Ruf als leistungsfähige, disziplinierte Truppe – ohne Vergewaltigungen und Plünderungen. Lukrativ sind diese Blauhelm-Einsätze auch: 2022 zahlten die UN dafür 171 Mio $.
Staatschef Kagame weitete den Aktionsradius jedoch noch aus: Im Dezember 2020 schickte er eigene Truppen in die ZAR zur Rettung des dortigen Regimes, was auch gelang. Damit öffnete er die Tür für den Export ruandischen Kapitals: Ruandas größter Nahrungsmittelkonzern Inyange baute eine Fruchtsaftfabrik in der ZAR, Investitionen in Wirtschaftszweige wie Bergbau, Landwirtschaft, Holz, Bauwesen folgten. Alles Firmen, die eng mit der ruandischen Staatsmacht verbunden sind. 2021 folgte nach demselben Muster eine militärische „Hilfe“ in Mosambik zur Niederschlagung dshihadistischer Rebellen. Nach deren Erfolg folgte ruandisches Kapital auf dem Fuße: Ruandas größte Sicherheitsfirma ISCO sicherte sich den Zuschlag für die Security des riesigen Gasförderungs-Gemeinschaftsprojekts von TotalEnergies, ENI und ExxonMobile in Mosambik. Radar Scape erhielt den Zuschlag für Wohnungssanierungen in Palma, weitere Firmen folgten. Ruanda tritt quasi als „afrikanische Alternative“ zu russischen, chinesischen, türkischen und auch westlichen imperialistischen Bestrebungen auf.
Ruanda ist außerdem „Europas Darling“³. VW baute 2018 dort eine Fabrik für den Polo, in diesem Februar mit GIZ-Geldern eine E-Traktoren-Station. BioNTek, MaibornWolff und andere haben investiert. Präsident Kagame war noch kürzlich gern gesehener Gast auf dem KI-Gipfel in Paris, als der Überfall auf den Kongo schon im vollen Gange war. Vor gut einem Jahr schlossen die EU und Ruanda ein Abkommen ab für kritische Rohstoffe (Tantal/Coltan, Zinn, Wolfram, Gold usw.), seitens der EU als Maßnahme gegen Chinas neue Seidenstraße. Es soll „eine widerstandsfähige und nachhaltige Wertschöpfungskette“ aufgebaut werden⁴, wohl wissend, dass die Grundlage für diese „Wertschöpfung“ im Kongo gestohlene Mineralien sind, denn Ruanda verfügt nur über minimale Bodenschätze.
Vermutlich will sich Ruanda die rohstoffreiche Region im Ostkongo direkt einverleiben? In Goma und Bukavu wurden sofort von der M23 völkerrechtswidrig eigene Verwaltungsstrukturen aufgebaut. Aber es scheint, dass Ruanda den Bogen überspannt. Eine UN-Resolution vom 23.2. fordert den Rückzug aus den besetzten Gebieten. In Belgien, wo besonders viele kongo-stämmige Menschen leben, gab es große Proteste, Tausende gingen am 2. März in Brüssel auf die Straße⁵. Das bewirkte offensichtlich, dass auch die EU ihre Zögerlichkeit gegenüber dem „Darling“ am 17.3. aufgab, und insbesondere Belgien Sanktionen gegen Ruanda verhängte, zwar noch milde, aber mit Wirkung: Ruanda und Belgien brachen ihre diplomatischen Beziehungen ab. Bisher blieben aber Friedensverhandlungen zwischen Kongo und Ruanda ohne nennenswerte Ergebnisse. Die Weltöffentlichkeit ist dringend herausgefordert, weiter gegen die völkerrechtswidrige Annektion und Gewalt vorzugehen.⁶