Studienbewegung

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"Was ist die Religion – Opium des oder fürs Volk?"

"Was ist die Religion - Opium des oder fürs Volk?" Diese Frage kam auf, als wir besprachen, dass es doch auch den Ausspruch „Die Religion ist Opium fürs Volk“ von Lenin gäbe. Über den Unterschied waren wir erstmal überfragt.

Korrespondenz aus Rostock

Ich habe daraufhin recherchiert und stellte fest, dass sowohl Marx wie Lenin immer nur die Religion als „Opium des Volks“ bezeichneten. (siehe Lenins Schrift „Sozialismus und Religion“, LW Bd.10)

 

Die Lenin zugeschriebene Formulierung „Die Religion ist das Opium fürs Volk“ gibt es nicht und ist offensichtlich eine revisionistische Verfälschung. Sie tauchte erstmals im vom DDR-Verlag Neues Leben im Jahr 1958 herausgegebenen Buch „Geheimnisse der Religion. Eine Anthologie“, von Hoffmann, R./Schreck, J./Ullrich, H./Wolle, H. auf. Diese Formulierung macht vor allem die Seite der bewussten Unterdrückung des Volkes mit dem Mittel der Religion durch die Ausbeuterklassen und ihre Legitimierung ihrer Herrschaft deutlich. „Opium fürs Volk“ nannte auch die Punkrockband Die Toten Hosen 1996 eines ihrer Alben, in dem sie sich kritisch mit den Themen Moral, Religion und Sterblichkeit auseinandersetzt.

 

Besonders die Kirche und der moderne Antikommunismus beziehen sich gern auf dieses falsche Lenin-Zitat, um dem „gottlosen“ Kommunismus und „antireligiösen“ Materialismus zu unterstellen, die Religion pauschal abzulehnen, rigoros zu bekämpfen und zu unterdrücken.


Doch schon Friedrich Engels kritisierte scharf solche Vorstellungen der Blanquisten in der Pariser Kommune: „Soviel ist sicher: Der einzige Dienst, den man Gott heutzutage noch tun kann, ist der, den Atheismus zum zwangsmäßigen Glaubensartikel zu erklären und die Bismarckschen Kirchenkulturkampfgesetze durch ein Verbot der Religion überhaupt zu übertrumpfen.“ (MEW, Bd.18)


Der Marxismus-Leninismus lehnt religiöse Unterdrückung entschieden ab. Für Lenin ist die Religionsausübung reine Privatangelegenheit vor dem Staat, er hielt jedoch den weltanschaulichen Kampf gegen jede religiöse Verdummung für die Befreiung der Arbeiter für unverzichtbar. So führt auch das Buch „Die Krise der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaften, der Religion und der Kultur“ differenziert aus: „So kritikwürdig die religiöse Illusion über ein paradiesisches Jenseits ist, so verteufelt die dialektisch-materialistische Religionskritik sie trotzdem nicht. Sie stellt vielmehr die ins Paradies projizierten Träume der Massen vom himmlischen Kopf auf die irdischen Füße.“ (S. 17)

Die Krise der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaften, der Religion und der Kultur

202 Seiten

19 €

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