Offene politische Krise hält an

Offene politische Krise hält an

Reaktionäre Pläne, heftige Widersprüche

Bis zum vergangenen Montag, 17 Uhr sollten eigentlich die wichtigsten Punkte für die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD durch 16 Arbeitsgruppen geklärt sein. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verkündet nun, dass es „auf die nächsten Wochen“ ankomme. Vor allem bei Fragen zu Steuern und zur Rente gibt es untereinander noch ausgeprägte Widersprüche.

Von fu
Reaktionäre Pläne, heftige Widersprüche
(Foto: Jörg Braukmann, CCBYSA4.0)

Sie sind zwar entschlossen, ein Programm der reaktionäre Wende im Interesse der Monopole zu zimmern. Aber wie sie ihre kritische Massenbasis dabei befriedigen wollen, steht in den Sternen. Von Seiten der Union werden die Verhandlungen teils als „deprimierend“ und „bis ins Mark frustrierend“ beschrieben. 73 Prozent geben in Umfragen an, dass Merz Wahlbetrug begangen hat. Auch in der SPD nehmen die Widersprüche zu. Zugleich mahnen die Monopolverbände dringend weitergehende Maßnahmen an.

 

Mit der Vorlage der Ergebnisse der 16 Arbeitsgruppen endet die erste Phase der Koalitionsverhandlungen. Jetzt diskutieren die Parteien die Zwischenergebnisse, die eigentlichen Entscheidungen soll dann aber eine 19-köpfige „Steuerungsgruppe“ aus den Spitzen der Parteien treffen.

Weitgehend einig in der ultrareaktionären faschistoiden „Migrationspolitik“

Einig sind sich Union und SPD darin, dass das Ziel einer Begrenzung der Migration in das Aufenthaltsgesetz aufgenommen werden soll. Beide Fraktionen wollen dafür Zurückweisungen schon an der Grenze – die SPD will das in Abstimmung mit dem Nachbarland, die CDU zur Not auch gegen den Willen der Nachbarn. Die willkürlichen Kontrollen an den Grenzen der BRD wollen sie „bis zu einem funktionierenden Außengrenzschutz und der Erfüllung der bestehenden Dublin- und GEAS-Regelungen durch die Europäische Gemeinschaft“ fortsetzen. Heißt im Klartext: bis keine Flüchtlinge mehr an die deutschen Grenzen vordringen können. Der Familiennachzug soll für zwei Jahre ausgesetzt werden, womit Familien auseinander gerissen werden.

 

Die Union will außerdem für festgelegte "ausreisepflichtige" Asylbewerber die staatlichen Leistungen bis auf ein absolutes Minimum kürzen und nennt es zynisch das "Bett-Seife-Brot-Modell". Dies brachte zuerst die AfD in die Debatte ein, was jetzt von CDU/CSU umgesetzt wird. Die SPD-Verhandler lehnten das zunächst als inhuman ab. Dabei haben sie in der Ampelregierung mit dem Sicherheitspaket  genau dieses Prinzip selbst gefordert! Der SPD-Spitze kann man ihre plötzliche humanistische Gesinnung auch wegen all der anderen ultrareaktionären Maßnahmen gegen Geflüchtete, denen sie vorbehaltlos zustimmen und schon vorher selbst einführten, nicht abnehmen. Aber da dies auf deutliche Kritik bei SPD-Anhängern stieß, kann die Führung das schwer ohne geheuchelten Widerspruch durchsetzen.

Aufrüstung? Aber ja! Nur wie?

Deutschland soll als zentrale Nato-Drehscheibe ausgebaut und die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte „kurzfristig, nachdrücklich und nachhaltig“ im Sinne einer sehr viel „robusteren“ Außen- und Verteidigungspolitik erhöht werden, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Russland wird direkt als „größte und direkteste Bedrohung“ bezeichnet, China als „systemischer“ Rivale.

 

An den USA als Bündnispartner wollen die Fraktionen festhalten, aber gleichzeitig die Militarisierung und eigenständige Rolle der EU mit Deutschland in der Führungsrolle voran treiben. Das faschistische Erdogan-Regime in der Türkei soll dafür gewonnen werden, Europa mit abzusichern. Der Ukraine wird die Unterstützung versichert: „Dazu gehören auch materielle und politische Sicherheitsgarantien für eine souveräne Ukraine“. Sie wollen weiter Waffen an die zionistische israelische Regierung liefern, die damit dem Völkermord an den Palästinensern begeht.

 

Bei der Wehrpflicht ist man sich teils einig, aber nicht in der Form, wie dies umgesetzt werden soll. Die CDU will die Aussetzung aufheben. Die SPD fürchtet dagegen den Unmut der Massen: „Der neue Wehrdienst soll auf Freiwilligkeit basieren.“

 

Einig ist man sich definitiv bei der Bespitzelung der Bevölkerung: Eine „rechtssichere Verpflichtung“ zur Speicherung von IP-Adressen wollen beide schaffen.

Merz will massiven sozialen Kahlschlag

Merz will aus dem Bürgergeld eine „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ machen, und damit rücken die Parteien härtere Sanktionen für „Arbeitsunwillige“ in den Vordergrund. „Entscheidend ist dabei die komplette Streichung der Leistungen bei wiederholt abgelehnten Arbeitsangeboten“, so berichtete der Merkur am bereits am 14. März und zitiert am 26. März aus dem Sondierungspapier „Wir werden Vermittlungshürden beseitigen, Mitwirkungspflichten und Sanktionen im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern verschärfen“.

 

Bei den sozialen Fragen versucht die SPD am deutlichsten ihre Massenbasis zu besänftigen und fordert die Festschreibung des Rentenniveaus bei 48 Prozent. Sie erklärt auch ihren Protest gegen eine Unternehmenssteuerreform.

Energie aus Kohle und Atomkraft

Die Verfeuerung der Kohle bis 2030 zu beenden, will man aufgeben. Es soll jetzt erst 2038 soweit sein. In dem Ergebnispapier der Arbeitsgruppe Klima und Energie aus den Koalitionsverhandlungen, das der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag vorlag, heißt es: „An den beschlossenen Ausstiegspfaden für die Braunkohleverstromung bis spätestens 2038 halten wir fest.“ Der Zeitplan zur Abschaltung weiterer Kohlekraftwerke müsse sich danach richten, „wie schnell es gelingt, steuerbare Gaskraftwerke tatsächlich zuzubauen“.

 

CDU und CSU wollen außerdem, dass die Atomkraft eine „bedeutende Rolle“ Erreichung der Klimaziele spielt, und „Potenziale konventioneller Gasförderung im Inland nutzen“. Das wenige, was die letzte Regierung in Sachen Klimaschutz getan hat, würde damit aufgehoben, und die Bedürfnisse der Profitwirtschaft offen über jede Maßnahme zum Umweltschutz gestellt, und der Klimaschutz instrumentalisiert, um die Atomenergie zu rechtfertigen. Derweil reift die globale Umweltkatastrophe immer schneller aus.

Offene politischen Krise hält an

Die Präsidenten der vier großen Monopolverbände BDA, BDI, DIHK und ZDH intervenierten bereits mit einen Brief an die Parteichefs von CDU, CSU und SPD, sowie die Spitzen-Verhandler ("19er-Runde") und die Ministerpräsidenten der Länder. Ihnen gehen die Vereinbarungen nicht weit genug. Sie fordern: "CDU/CSU und SPD müssen in den Koalitionsverhandlungen weitergehen und eine mutige Reformagenda schnüren". Sie wollen: Drastischer Abbau von sozialen Errungenschaften und in den bisherigen Sozialversicherungssystemen, Kriegsvorbereitung, Abbau demokratischer Rechte und Freiheiten, Umweltzerstörung und eine ultrareaktionäre Migrationspolitik.

 

Und wenn das mit der SPD nicht gelingt? Merz hat für diesen Fall schon seinen politischen Rückzug angekündigt. Dann etwa von CDU/CS mit der faschistischen AfD?

 

Dass die Monopolpolitik der Koalitionsverhandler die Vertrauenskrise in die bürgerliche Politik weiter vertieft, zeigten die Entwicklungen in den Umfragen der letzten Tage eindrucksvoll. Die Umfragewerte von Merz, der CDU und der SPD entwickeln sich frostig. Nur noch 37 Prozent fänden Merz als Kanzler gut. Und beim Ranking der wichtigsten Politiker ist er auf Platz 6 gestürzt – und damit hinter Annalena Baerbock. So sind seine Zustimmungswerte schon eingebrochen, bevor er überhaupt zum Kanzler gewählt wurde. Derweil rutschen in Sonntagsfragen SPD und CDU noch hinter ihr Wahlergebnis zurück. Zeit für eine fortschrittliche, kämpferische Opposition!

 

Aktualisiert am 26.3.25, 21 Uhr