Tarifverhandlungen abgebrochen

Tarifverhandlungen abgebrochen

Ver.di-Chef: „Bund und Kommunen flüchten sich in die Schlichtung"

Am Montag Abend erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die viertägigen Tarifverhandlungen in Potsdam für die 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen als vorläufig gescheitert.

Von wb
Ver.di-Chef: „Bund und Kommunen flüchten sich in die Schlichtung"

Die "Arbeitgeber"seite hatte eine Erhöhung der Entgelte um 5,5 Prozent angeboten - ohne Angabe zur Laufzeit. Außerdem ein höheres 13. Monatsgehalt und höhere Schichtzulagen. Das lehnte Ver.di mit Recht ab.

 

Innerhalb von einer Woche soll nun in einer Schlichtung eine Empfehlung erarbeitet werden; unter Vorsitz von Roland Koch (CDU), dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Hessen, zusammen mit dem früheren Bremer Finanzstaatsrat Hans-Henning Lühr (SPD), der von der Gewerkschaftsseite vorgeschlagen wurde. In dieser Zeit herrscht Friedenspflicht. Damit erhofft sich  die Verhandlungsführerin der kommunalen Arbeitgeber, Karin Welge (Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen), die Forderungen von Ver.di, die angeblich „nicht in die Zeit passen“ [1], abzuwehren. Und ob die in die Zeit passen: 8,5 Prozent mehr Lohn und drei zusätzliche Urlaubstage.

 

Welge handelt im Interesse von Monopolen und Regierung, die mit großer Sorge die beachtliche  Kampf- und Streikbereitschaft der Beschäftigten registriert haben. So stellt Ver.di stolz fest: „Insgesamt haben in der Warnstreikphase vor dieser Tarifrunde mehr als eine Viertelmillion Ver.dianer und Verdianerinnen für unsere Forderungen gestreikt.“ [2] In Stuttgart legten zum Beispiel die Kolleginnen und Kollegen der Kitas und des Erziehungswesen sechsmal die Arbeit nieder. Und am 14. März demonstrierten 5000 Leute durch die Innenstadt von Potsdam zum Verhandlungslokal.

 

Ver.di Chef Frank Werneke weiß mit Recht seine bisherigen und vielen neuen Mitglieder hinter sich, wenn er sagt: „Die Preise steigen immer weiter und es geht auch darum, Entlastungsmomente zu schaffen, um mit der Leistungsverdichtung zurechtzukommen. ...Dass kein Angebot gemacht wurde und gleichzeitig von Bund und Kommunen erklärt wurde, sie würden mehr oder minder eine Nullrunde anstreben, führt zu Empörung und Unverständnis der ver.di-Mitglieder".2

 

Mit der Schlichtung wollen die Arbeitgeberverbände das Feuer im Kessel der Streiklokomotive ersticken. Denn die zahlreichen, hervorragend befolgten Kampf- und Streikaktionen, zu denen Ver.di aufgerufen hatte, haben auch zu einer Politisierung der daran Beteiligten geführt. Sei es die Frage der Prioritätensetzung der Hauspolitik von Bund, Ländern und Kommunen. Welges Priorität ist, dass „es vielmehr darum (gehe), dass die Wirtschaft endlich wieder in Schwung komme.“1

 

Aber immer mehr der Streikenden wollen sich nicht damit abfinden, dass sie zahlen sollen für die massive Hochrüstung und Subventionierung der Konzerne. Verbunden ist das mit einer polarisierten Debatte, inwieweit dieser Kriegskurs im Interesse der Arbeiter, Angestellten und ihrer Familien ist. Viele Streikende griffen auch den Vorschlag der MLPD auf, die antifaschistische Aufklärungsarbeit und den Kampf zum Bestandteil des Arbeitskampfes zu machen.

 

Aus all diesen Gründen findet der Tarifkampf von Ver.di, der bereits im Wahlkampf Fahrt genommen hatte, viel Beachtung, Respekt und Unterstützung in großen Teilen der Bevölkerung. Monopole und Regierung müssen deshalb befürchten, dass es nicht bei Warnstreiks bleibt. Ein unbefristeter „Erzwingungsstreik“, der immer wieder unter Streikenden diskutiert wurde, wäre in dieserbZeit äußerst brisant. Immerhin hält die offene politische Krise an und  am 15. März gingen 81.000 Metallerinnen und Metaller, Mitglieder der IG BCE u.a. für den gemeinsamen  Kampf um Arbeiterforderungen auf die Straße. Die Herrschenden wollen die Leute für eine Kriegswirtschaft und den von Trump eröffneten Handels- und Wirtschaftskrieg gewinnen.

 

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass in der Regel bei einer Schlichtung nur ein fauler Kompromiss rauskommen kann, weil ohne das Faustpfand des Drucks von unten verhandelt wird. Hinzu kommt, dass der schwarze Koch stimmberechtigter Schlichter ist und damit den Ausschlag bei der Einigungsempfehlung gibt.

 

Es ist deshalb wichtig, dass in dieser Woche an der Basis die Ver.di-Mitglieder ihre „Empfehlung“ aussprechen gegen einen faulen Kompromiss und für Einleitung der Urabstimmung. Auch gehört das Schlichtungsverfahren vom 1. November 2011 zwischen den kommunalen Arbeitergebern und Ver.di gekündigt. Vielmehr brauchen wir in diesen Zeiten mehr denn je ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht, wie es die MLPD fordert. Kolleginnen und Kollegen diskutieren auch selbständige Kampf- und Streikmaßnahmen um ihre berechtigten Forderungen durchzusetzen.