Massenproteste in Serbien

Massenproteste in Serbien

Polizei setzte vermutlich "Schallkanone" gegen Demonstranten ein

Am Samstag fand in Belgrad die bisher größte Demonstration seit den Ereignissen von Novi Sad am 1. November 2024 statt, vermutlich die größte in der Geschichte des Landes überhaupt. Dabei hat die Polizei offensichtlich erstmals eine Schallkanone gegen die Demonstranten eingesetzt.

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Polizei setzte vermutlich "Schallkanone" gegen Demonstranten ein
„Schallkanonen“ sind schon lange keine Science Fiction mehr, sondern werden von Polizei und Militär, aber auch auf Handelsschiffen zur Piratenabwehr eingesetzt. (Hier an Bord des US-Raketenzerstörers USS Donald Cook; Bild: Lradcorporation; Lizenz: CC BY-SA 3.0)

Rote Fahne News berichtete gestern über die Proteste in Belgrad. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Berichten und Videoaufnahmen, die eindeutig zeigen, dass die Demonstranten während einer 15-Minütigen Stille zum Gedenken an die 15 Toten von Novi Sad von der Polizei mit einer unorthodoxen Waffe angegriffen wurden. Der Vorfall ereignete sich nach 11 Minuten der Stille - niemand kann also behaupten, es handele sich um eine notwendige Maßnahme als Reaktion auf vermeintliche Provokationen oder unterstellte Gewalt durch die Demonstranten. Die Videos zeigen eindeutig: Es war absolut ruhig, bevor die Demonstranten plötzlich in Panik flüchten. Bei der entstehenden Panik wurden mehrere Menschen verletzt.

 

Bei der Waffe handelte es sich den Berichten nach mit größter Wahrscheinlichkeit um eine "Schallkanone", ein sogenanntes Long-Range Acoustic Device (LRAD, "akustisches Langstrecken-Gerät"), oder auch Acoustic Hailing Device (AHD, "akustischer Hagelschlag"). Diese nicht-tödlichen Waffen senden richtbaren Schall von hoher Lautstärke oder Frequenz aus, im Fall von Belgrad offensichtlich im nicht-hörbaren Bereich. Augenzeugen beschreiben, dass es wie eine Schockwelle gewesen sei, die direkt durch ihren ganzen Körper lief. Auf größere Distanz hörten Demonstranten ein hohes Pfeifen.

Regierung leugnet

Das Innenministerium dementiert den Einsatz einer Schallwaffe, „weil der Einsatz dieser Waffe nicht gesetzeskonform ist". Die Videobeweise strafen das Innenministerium Lügen, denn aus verschiedenen Blickwinkeln ist dokumentiert, dass die Polizeiketten sich aus den getroffenen Bereichen nur Sekunden vor Ausbruch der Panik plötzlich fluchtartig zurückzogen. Solche Zufälle gibt es nicht: Die Beamten wurden im Vorfeld alarmiert. Dass diese Waffe eingesetzt wurde, während die Menschen der Toten gedachten, ist allerdings eine besondere Provokation, die die serbischen Massen außerordentlich erbost.

 

Die MLPD erklärt ihre Solidarität mit den Demonstranten und unterstützt viele ihrer weitreichenden Forderungen: Die Menschen in Serbien erkennen zunehmend, dass es so nicht mehr weiter gehen kann, dass es für eine lebenswerte Zukunft grundsätzliche Veränderung braucht.