Landgericht Bochum
Klage gegen die RAG: Ein Urteil auf schwachen Beinen!
Das Landgericht Bochum wies gestern die Klage von Jürgen Pfeiffer gegen die Ruhrkohle AG zurück. Inhalt der Klage war: Die Ruhrkohle-Stiftung solle alles unterlassen, was sein Grundstück am Reiherweg mit den im Bergwerk Auguste Victoria eingelagerten Giftstoffen und PCBs kontaminiert.
Jürgen Pfeiffer klagte im Sinne vieler Menschen, die durch die Flutung der Bergwerke im Ruhrgebiet von diesen Giftstoffen betroffen sind bzw. durch die Flutung Bergschäden an ihren Häusern oder Wohnungen erleiden werden.
24 Prozessbesucherinnen und -besucher unterstützten Jürgen Pfeiffer vor und im Gericht. Der Richter empfand es als ungewöhnlich, dass in einem Zivilprozess so viele Teilnehmer den Prozess verfolgten und organisierte noch ein paar Stühle. Offensichtlich kannte er noch nicht die kämpferische Bergarbeiterbewegung Kumpel für AUF.
Vorausgegangen war eine Protestkundgebung vor dem Landgericht gegen die Ruhrkohle AG, die mit der Flutung der Zechen die Lebensgrundlage von über 6 Millionen Menschen infrage stellt. Die eingelagerten 1,6 Millionen Tonnen Giftmüll und ca. 15.000 Tonnen PCB, verteilt auf den Schachtanlagen und Streben, sind eine tickende Zeitbombe. Denn wenn das steigende Grubenwasser in die Halterner Sande vordringt, droht eine regionale Trinkwasserkatastrophe. Der Halterner Stausee ist heute ein großes Trinkwasserreservoir für die Menschen im Ruhrgebiet.
In einem Redebeitrag auf der Kundgebung wurde der vom Gericht bestellte Gutachter, Dr. Rautenstrauch, mit seiner vereinfachten Formel „Wasser fließt immer nach unten“ prinzipiell infrage gestellt. Wie kann es dann in der Natur vorkommen, dass sich an der Oberfläche Quellen bilden - gespeist aus Grund- und Tiefenwasser? Auch in der Klageschrift wird penibel nachgewiesen, dass durch Risse und Klüfte, die durch das Ansteigen des Grubenwassers hervorgerufen werden, Gifte in das Grundwasser gelangen. Dies ist in Lothringen, einem ehemaligen Bergbaugebiet, schon der Fall. Dort muss Trinkwasser aus dem Saarland eingeführt werden.
Welche Auswirkungen diese Gifte auf die Gesundheit der Bergleute und ihre Familien hat, wurde in einer unabhängigen Untersuchung einer Ärzteinitiative und der Bergarbeiterinitiative Kumpel für AUF festgestellt. In der Untersuchung wurden Bergleute, die auch mit diesen Giftstoffen zu tun hatten, untersucht. Es wurde festgestellt, dass vermehrt Nerven- und Krebserkrankungen auftraten.
Jürgen Pfeiffer äußerte sich im Gerichtssaal zu der „Glaubwürdigkeit“ des Gutachtens: „Der Gutachter behauptet, es liegen keine gesicherten Erkenntnisse über den Verbleib von PCB vor. Wir haben in einem Schriftsatz Beweis geführt, dass laut Bergamt Gelsenkirchen es bis zu 15.000 t sind, die unter Tage verblieben sind. PCB ist so gefährlich, dass unserem Antrag stattgegeben werden soll.“
Jürgen führte sinngemäß weiter aus, dass es hier nicht nur um sein Grundstück und seine Familie geht, sondern die Enkelkinder, die Jugend und alle Familien im Ruhrgebiet. Er forderte den Richter heraus: „Auch sie wohnen bestimmt im Ruhrgebiet und sind davon betroffen?“ - was er bejahte. Vor Jahren hatte Jürgen schon einmal einen Gerichtsprozess gegen die RAG geführt, in dem nachgewiesen wurde, dass zu hohe Salz- und Kalizinatanteile in seinem Grundwasser sind, die aus der Bergbautätigkeit stammten.
Die drei Richter folgten mit ihrem Urteil dem Gutachter und stellten sich auf die Seite der RAG-Stiftung. Das müssen sie mit ihrem Gewissen selbst vereinbaren. Nicht berücksichtigt werden die zukünftigen Auswirkungen auf das Grund- und Trinkwasser sowohl der Familie Pfeiffer wie aller Bewohner im Ruhrgebiet.
Bereits im Jahr 2018 wies das Gericht die Klage von Jürgen Pfeiffer als unzulässig zurück mit der Begründung, „dass der Kläger keinen Anspruch darauf hat, dass die RAG die Gruben nicht flutet. Der Kläger hat nur Anspruch auf Schadensersatz durch Kontaminierung des Grundstücks.“ Damit wurde die Ursprungsklage vom August 2017, die Flutung von Auguste Victoria zu verhindern, die wirksamste Maßnahme zum Schutz der Bevölkerung und vom Kläger, verhindert. Das bürgerliche Rechtssystem kastriert somit unsere berechtigten Anliegen.
Jetzt erst recht: Weiter gegen die Flutung und die Politik der verbrannten Erde durch die RAG-Stiftung und ihre Helfershelfer, Regierung und Institutionen kämpfen.
Bei der Auftaktkundgebung zitierte eine Rednerin den Dichter Anatole France: „Das Gesetz in seiner majestätischen Gleichheit verbietet es Reichen wie Armen, unter Brücken zu schlafen, auf Straßen zu betteln und Brot zu stehlen.“
Glück Auf!