"Stadtwunde"
Essen stellt sich quer fordert neue Lösungen für Gedenkstätte
Dreiundzwanzig Jahre ist es her, dass die Künstlerin Astrid Bartels und der Architekt Werner Ruhnau am Treppenaufgang zur Porschekanzel sieben künstlich illuminierte Baumstämme errichten ließen, um an die grausame Geschichte einer von der Stadtkarte verschwundenen Straße zu erinnern. “Schwarze Poth” hieß das Außenlager des fast vierhundert Kilometer entfernten Konzentrationslagers Buchenwald, die genaue Adresse war die Schwarze Poth 13. Unsere Stadt hat direkt von der Zwangsarbeit der Männer profitiert, die ab Mai 1944 in der Schwarzen Poth untergebracht waren.
In der zu großen Teilen zerstörten Innenstadt haben sie unter der Bezeichnung “Kommando Essen-Schuttverwertung” Trümmer beseitigen und Blindgänger bergen müssen. Zehn Monate später, am 21. März 1945, wurden die Zwangsarbeiter nach Buchenwald deportiert. Bis heute ist ihr genaues Schicksal überwiegend ungeklärt.
Als “Stadtwunde” betitelten Bartels und Ruhnau die Gedenkstätte (…). Eine Wunde stellt die Gedenkstätte vor allem durch eins dar: Eigentlich sollte sie in Erinnerung halten, was vor den Haustüren der Essener*innen vor achtzig Jahren passiert ist. Stattdessen wurde die Gedenkstätte durch städtebauliche Maßnahmen ins Abseits gestellt und nicht wirksam vor Verunreinigung geschützt. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten mehrfach an die Stadt gewendet, um auf die erst schwierige, dann untragbare Situation der Gedenkstätte hinzuweisen.
(…) Wir leben in Zeiten, in denen der Unwille unserer Stadt dem Erhalt solcher Erinnerungsorte gegenüber nicht mehr als bloße Nachlässigkeit abgetan werden kann. (…) Die Stadtwunde muss durch eine angemessene Gedenkstätte an einem Ort ersetzt werden, der dem Leid der Opfer und der Verantwortung der Nachwelt gerecht wird. Unser Vorschlag ist eine Installation in der Rathaus-Galerie — an dem Ort, an dem das Lager sich ursprünglich befand. Eine Gedenkstätte, die uns heute mehr denn je dazu mahnen muss, unsere grauenhafte Vergangenheit nicht zu wiederholen, gehört nicht als kleine Gedenktafel an einen Ort, an dem sie kaum auffällt. (…)
Unser Bündnismitglied VVN-BdA Essen hat sich bereit erklärt, beim angemessenen Umgang mit diesem Thema zu unterstützen. Dazu hat sich die VVN-BdA am 14. Februar 2025 an Oberbürgermeister Kufen gewendet, bisher aber keinerlei Rückmeldung erhalten. ESSQ fordert Oberbürgermeister Kufen und den Kulturausschuss auf, das Angebot anzunehmen und die VVN-BdA als Gestaltungspartnerin in den beginnenden Arbeitsprozess mit einzubeziehen.