Syrien
Bisher 340 Tote bei Massakern an Alawitinnen und Alawiten
Die kurdische Nachrichtenagentur ANF schreibt:
An der syrischen Mittelmeerküste sollen sogenannte Sicherheitskräfte einem Bericht zufolge seit Donnerstag mehr als 300 Zivilistinnen und Zivilisten getötet haben. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) teilte mit, dass sie Hinweise habe, wonach mindestens 340 Angehörige der Minderheit der Alawit:innen durch Truppen der aus der Dschihadistenallianz „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) hervorgegangenen Übergangsregierung hingerichtet worden sein – darunter auch Frauen und Kinder. Außerdem sollen rund hundert alawitische Aufständische von Regierungstruppen getötet worden sein.
„Die überwiegende Mehrheit der Opfer wurde von mit dem Verteidigungs- und dem Innenministerium verbundenen Elementen exekutiert“, erklärte die Beobachtungsstelle. Beide Ministerien stünden unter der Kontrolle der von den Islamisten geführten Behörden. Von SOHR und Aktivist:innen veröffentlichte Videoaufnahmen zeigten Exekutionen durch Männer in Militäruniform, die aus nächster Nähe auf Menschen schossen, und vor Häusern aufgestapelte Leichen in Zivilkleidung.
SOHR-Direktor Rami Abdel-Rahman sprach von einem „kollektiven Racheakt“ an der religiösen Minderheit, der auch der gestürzte Präsident Baschar al-Assad angehört. Er rief die internationale Gemeinschaft auf, Maßnahmen zu ergreifen und Untersuchungsteams ins Land zu entsenden, um die schweren Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung zu dokumentieren. Die meisten Toten und Verletzten gibt es laut der Beobachtungsstelle in der Provinz Latakia, vor allem in der Stadt Dschabla, etwa 25 Kilometer südlich der Hauptstadt Latakia.
Scharaa droht indirekt mit weiteren Massakern
Auch in Tartus und Hama hätten Militärs der HTS-Regierung Massaker an der alawitischen Zivilbevölkerung verübt. Der selbsternannte Übergangspräsident und HTS-Gründer Ahmed al-Scharaa rief indes die alawitischen Aufständischen zur Kapitulation auf. Sie müssten sich ergeben, „bevor es zu spät ist“, sagte Scharaa in einer Ansprache im Onlinedienst Telegram. „Sie haben sich gegen alle Syrer gewandt und einen unverzeihlichen Fehler begangen. Der Gegenschlag ist gekommen“, so der Islamist weiter.