Ergebnisse der Sondierungsgespräche

Ergebnisse der Sondierungsgespräche

BDI führt weitgehend die Feder für die reaktionäre Wende

Am gestrigen Samstag veröffentlichten CDU/CSU und SPD ihre Ergebnisse, der im Eiltempo betriebenen Sondierungsgespräche. Mit ihnen nimmt die reaktionäre Wende für die führenden internationalen deutschen Monopole konkrete Gestalt an. Genau dafür wird sich in Stellung gebracht. Auf dieser Grundlage beginnen CDU/CSU und SPD nun ihre Koalitionsgespräche zur Bildung einer künftigen neuen Bundesregierung in Form einer große Koalition.

Von em
BDI führt weitgehend die Feder für die reaktionäre Wende
(Foto: Jörg Braukmann, CCBYSA4.0)

CDU/CSU und SPD nutzen als Rechtfertigung für ihre schnelle reaktionäre Einigung die weltpolitisch zugespitzte Situation mit der offenen Konfrontation mit den USA. US-Präsident Trump wirft mit seinem Amtsantritt und dem Aufbau einer faschistischen Herrschaft in einem führenden imperialistischen Kernland in einem atemberaubenden Tempo die gesamte Weltordnung, wie wir sie bisher kannten, um. Eine materielle Grundlage dafür ist die seit 2018 anhaltende und sich weiter vertiefende Weltwirtschafts- und Finanzkrise und die Krise der Neuorganisation der internationalen Produktion. Sie haben den internationalen Konkurrenzkampf zu einer internationalen Vernichtungsschlacht bis hin zu einer akuten Gefahr eines 3. Weltkriegs verschärft.

 

Bereits im Dezember 2024 hat der BDI in einem Grundsatzpapier seine Forderungen an die zukünftige Bundesregierung aufgestellt. In zentralen Fragen werden diese nun mit den Sondierungsergebnissen aufgegriffen und umgesetzt. Notdürftig kaschiert mit einer Reihe sozialer Zugeständnisse an die „geneigte Wählerschaft“. In bestimmten sozialen Fragen geht den Unternehmerverbänden die reaktionäre Wende aber auch noch nicht weit genug. Der Präsident der "Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände" / BDA, Rainer Dulger, lobte den "Mut, klare Ziele zu formulieren". Für einen "echten Politikwechsel" reiche seiner Meinung nach das bislang Angekündigte jedoch noch nicht!¹

Im Einzelnen:

Die Forderung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) nach „höheren Verteidigungsausgaben sowie ganzheitlicher Rohstoffstrategie zur Verringerung der Abhängigkeiten“ wird entsprechend Trumps erklärter Devise „What ever it takes“ – „was immer nötig ist“ angegangen. Eine Obergrenze für Rüstungsausgaben soll es nicht geben. Die Wirtschaft wird auf Kriegswirtschaft umgestellt. Auch das zusätzliche Sondervermögen „Infrastruktur“ von 500 Milliarden Euro fließt wesentlich in den Ausbau von Straßen und Sanierung von Brücken, um sie regelrecht Militärtransport-tauglich zu machen. Gleichzeitig soll ein „Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz für die Bundeswehr“ vorgelegt werden. Was dieses Sondervermögen angeht, geht das Sondierungspapier noch über die vom BDI geforderten 315 Milliarden Euro hinaus.

 

Die „wettbewerbsfähigen Energiekosten und langfristig gesicherte stabile Energieversorgung" des BDI lesen sich im Sondierungspapier als: „schnelle Entlastung um mindestens fünf Cent pro kWh … Übertragungsnetzentgelte halbieren … Ausweitung der Strompreiskompensation auf weitere energieintensive Branchen“. Von einer Entlastung der Masse der Verbraucher – kein Wort. Unter dem Deckmantel Stromkostensenkung und Klimaschutz sollen – wider besseres Wissen – die sogenannten fossilen „Reservekraftwerke“ dauerhaft zum Einsatz kommen und zusätzlich bis zu 20 Gigawatt an neuen Gaskraftwerken gebaut werden. Gleichzeitig soll die umweltschädliche CO2-Verpressung ermöglicht werden. Das alles wird die begonnene globale Umweltkatastrophe weiter befeuern. Als vertuschendes Trostpflaster sollen auch „Leitmärkte für klimaneutrale Produkte“ entstehen.

 

Für die Ankündigung der Sondierer „Wir steigen … in eine Unternehmenssteuerreform ein“, wird die konkrete Forderung des BDI nach einer  "Gesamtsteuerbelastung für Unternehmen auf maximal 25 Prozent … einschließlich des Solidaritätszuschlags, Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftssteuer und einer Abschaffung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen“ zum Arbeitsauftrag für die kommende Koalitionsverhandlung. Die groß angekündigte Einkommenssteuerreform für die „breite Mittelschicht“ wird wohl eher nicht so üppig ausfallen.

Auf dem Rücken der breiten Massen und der Beschäftigten

Ganz im Sinne der „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit“ der internationalen Monopole auf dem Rücken der breiten Massen und der Beschäftigten ist es auch, wenn die tägliche Höchstarbeitszeit in eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umgewandelt wird. Dass es dabei um eine scheinbare bessere Vereinbarung von Familie und Beruf geht, ist reine Augenwischerei. Schließlich weitet dies die Flexibilisierung der Arbeitszeit und mögliche massive Verlängerung der täglichen Arbeitszeit enorm aus. In den Medien werden v.a. die Zugeständnisse an soziale Versprechungen, wie eine Mindestlohnerhöhung auf 15 Euro bis Ende 2026, eine Mütterrente, usw. hochgespielt um die Akzeptanz für die neue Regierung zu erhöhen. Das ändert aber nichts am insgesamt ausgeprägt reaktionären Charakter der Sondierungsergebnisse.

 

Gleichzeitig wird das Ersetzen des Bürgergelds durch eine „Grundsicherung“ heruntergespielt. Es geht hier um nicht mehr und nicht weniger als darum, mit weiteren Sanktionen und Strafen gegen Langzeitarbeitslose vorzugehen. Dies auch noch mit „Leistungsverweigerern“ zu begründen ist eine Frechheit und nur ein vorgeschobener Grund. Sie machen nur einen kleinen Teil der hier Betroffenen aus.

 

Für die faschistische AfD geht diese Richtung überhaupt nicht weit genug und betätigt sie sich als arbeiterfeindliche Scharfmacherin eines noch verschärfteren Monopolkurses. Sie kritisiert das Sondierungspapier aufgrund der verschiedenen noch enthaltenen sozialen Zugeständnisse demagogisch gar als "Sozialismus" und spricht von ""Rezepten aus der sozialistischen Mottenkiste".¹ Seit wann sind soziale Zugeständnisse zur Kaschierung eines reaktionären Regierungsprogramms sozialistisch? Dies zeigt einmal mehr, dass sie sich einzig und allein voll und ganz den Interessen der führenden deutschen Monopole verschrieben hat und für deren Interessen rücksichtlos soziale oder umweltpolitische Maßnahmen streichen oder verhindern will.

Widersprüche wachsen

Mit den Sondierungsergebnissen wachsen auch die Widersprüche innerhalb der CDU/CSU und SPD sowie zur ihrer Wählerschaft. Bei der in den letzten Tagen verbreiteten Medienkampagne, dass die CDU/CSU angeblich große Zugeständnisse an die SPD und ihre Wählerschaft machen würde, ging es schlicht um Hochrüstung! Das diente als Rechtfertigung, dass jetzt die SPD Zugeständnisse machen solle. Das machte die SPD-Führung jetzt auch bereitwillig und tritt ihre insbesondere auch ihre Wahlversprechen in der Flüchtlingspolitik mit Füßen.

 

Während die SPD bei der Abstimmung über den 5-Punkte-Plan von Friedrich Merz im Januar dagegen stimmte, stimmt sie nun mit dem Sondierungspapier zu. Striktere Begrenzung der Migration, Zurückweisung an den Staatsgrenzen – ausdrücklich auch bei Asylgesuchen, „freiwillige Aufnahmeprogramme“, wie z.B. für Flüchtlingen aus Afghanistan und Syrien, abschaffen, stattdessen werden brutale Abschiebungen dorthin im Rahmen der „Rückführungsoffensive“ ausdrücklich eingeschlossen, Familiennachzug wird ausgesetzt, ersetzen des „Amtsermittlungsgrundsatzes“ durch einen „Beibringungsgrundsatz“ im Asylrecht (das heißt ein Asylbewerber hat die Beweispflicht für sein Asylbegehren), usw. Das ist der Übergang zu einer weiteren Faschisierung der Migrationspolitik und die faktische Abschaffung des Asylrechts. Das ist inakzeptabel und muss auch zum Thema bei den antifaschistischen Protesten gemacht werden.

Gegen die Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten

Wenn in dem Sondierungspapier von „solider Finanzierung“ die Rede ist, ist das mehr als zynisch. Die „solide Finanzierung“ ist nichts anderes als eine weitere Aufblähung der Staatsverschuldung in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Diese Schulden müssen aber früher oder später zurückgezahlt werden und die Krisen- und Kriegslasten werden jetzt schon auf die breiten Massen abgewälzt. Das wird auf jeden Fall Widersprüche, Proteste und Kämpfe hervorrufen. Die Massen sind gut beraten, sich nicht täuschen zu lassen, sondern sich auf notwendige harte Kämpfe zum Erhalt sozialer Leistungen und gegen die Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten auf ihren Rücken vorzubereiten, sich dafür Klarheit zu verschaffen und ihre Organisiertheit zu stärken.

 

Es ist insbesondere an der Zeit, sich ernsthaft mit der gesellschaftlichen Perspektive des echten Sozialismus auseinanderzusetzen. Statt Sozialkahlschlag, globaler Umweltkatastrophe, Weltkriegsgefahr und Faschismus – Make Socialism great again!