Glosse

Glosse

Was ist in Köln heilig?

Klar, der Dom. Was ist noch heiliger als der Dom?

Er ist so heilig, dass die Stadt extra eine Allgemeinverfügung zum Schutz der Karnevalisten erlassen hat. Bis zu Beginn des Straßenkarnevals an Wieverfastelovend – für Nicht-Kölner: Weiberfastnacht, also am Donnerstag nach der Bundestagswahl, exakt 0 Uhr, müssen alle Wahlplakate entfernt sein. Für jedes Plakat, das hängen bleibt, droht die Stadt mit dem „Zwangsmittel der Ersatzvornahme“, und mit voraussichtlichen Kosten je Plakat von 15 €. Ein Widerspruch ist zwar möglich, hat aber keine aufschiebende Wirkung.

 

Jeder Kölner weiß, am Donnerstag ist in der Innenstadt viel los. Ringe, Zülpicher Straße, Südstadt, und natürlich am Heumarkt. Alle anderen Stadtteile sind in der Regel völlig ruhig. Am Freitag ist nicht viel los, da erholen sich die Feierer vom Donnerstag. Am Samstag beginnen dann die Karnevalszüge – aber auch nicht in allen Stadtteilen, denn manche Stadtteile folgen erst am Dienstag. Sonntag und Montag sind Menschenmassen in der Stadt, entlang des Zugwegs in der Innenstadt – aber eben auch nur dort.

 

Es wäre also durchaus möglich gewesen, hier etwas differenzierter vorzugehen. Gestaffeltes Abhängen sozusagen. Dabei kann die Stadtverwaltung „gestaffelt“ ganz prima. Zu Beginn des Wahlkampfs hat sie den Parteien glatt eine Woche Plakatierungszeit weggestaffelt. Bisher gab's bei jeder Wahl sechs Wochen lang Plakate, diesmal waren es (Allgemeinverfügung!) nur noch fünf Wochen. Köln kann halt Prioritäten setzen. Einen Grund gab's dafür nicht.

 

Wir sind schon gespannt, wieviele Karnevalisten sich an den mindestens 2,20 m hoch zu hängenden Plakaten verletzen werden – wir schätzen mal, wenn ja, dann an Plakaten von Parteien, die sich die 15 € je Plakat locker leisten können, weil sie aus staatlichen Geldern bezuschusst werden ...