Dokumentiert

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Rede eines Umweltgewerkschafters: Wir sind eine stabile Organisation in instabilen Zeiten

Ein Vertreter der Umweltgewerkschaft hielt auf einer Kundgebung und Demonstration des Internationalistischen Bündnisses, die vor kurzem in Esslingen stattgefunden hat, einen viel beachteten Redebeitrag. Die Rote Fahne Redaktion dokumentiert:

Liebe Teilnehmende, ich möchte euch recht herzlich zur Demonstration des Internationalistischen Bündnisses in Esslingen begrüßen. Es sind Zeiten großer Veränderungen. Wir erleben weltweit eine Tendenz zur Rechtsentwicklung und zum Faschismus. Mit dem Amtsantritt des Faschisten Trump wurde auch ein neues Kapitel im Umweltkampf aufgeschlagen. Weltweit soll der Umweltschutz weitgehend abgeschafft werden. Fossile Energien made in USA sollen erneuerbare Energien weltweit ersetzen. Wer das nicht mitmacht, wird mit Zöllen erpresst oder gleich mit militärischer Intervention bedroht.

 

In Deutschland will die faschistische AfD alle Windkrafträder niederreißen. Die CDU / CSU, FDP und AfD wollen neue AKWs bauen. Das sollen also die kompetentesten Experten in Sachen Energieerzeugung sein? Diejenigen, die den teuersten, weil am meisten subventionierten Strom produzieren? Wahrlich, eine echte Umwelt- und Wirtschaftskompetenz! Angesichts dieser Situation sind der Umweltkampf und der antifaschistische Kampf elementar wichtig. Darüber müssen wir uns Klarheit verschaffen und wir müssen unsere Arbeit darauf einstellen.


Die neuen Faschisten des 21. Jahrhunderts kommen anders daher als die des 20. Jahrhunderts. Sie geben sich als Anwalt des kleinen Mannes aus. Angeblich sind sie die Einzigen, die die Sorgen der Menschen verstehen und für entsprechende gesellschaftliche Veränderungen sorgen. Die AfD tut so, als sei sie eine Arbeiterpartei oder eine Partei für die „kleinen Leute“. Dabei will sie den Mindestlohn und die Gewerkschaften offensiv angreifen und das Bürgergeld streichen.

 

Die Politik der Ampelregierung lieferte ihnen die Munition dafür, dass man sich beim Begriff Umweltschutz erst mal versichert, dass der Geldbeutel noch da ist. Die Ampel wälzte den Umbau der Energieversorgung einfach auf die Masse der Bevölkerung ab. Die versprochene Rückzahlung als Klimageld setzte sie nicht um. Das kritisieren wir als Umweltgewerkschaft scharf und fordern von der neuen Regierung, dass sie diese Abzocke rückgängig macht und die Kosten auf die Hauptverursacher, die Konzerne und Banken, umlegt! Wenn uns jemand eine Scheibe einschlägt und uns klar ist, wer es war, dann muss das auch der Verursacher zahlen und nicht wir. Das ist das Verursacherprinzip!


Für die AfD gibt es weder eine Klimakrise noch eine Umweltkatastrophe. Das zu leugnen ist keine Frage fehlender Intelligenz oder der Dummheit. Es ist Teil eines Plans, mit dessen Hilfe faschistisches Gedankengut unter die Leute transportiert wird. Wider besseres Wissen leugnet die AfD, die sich selber zum Schutze deutscher Kulturlandschaften erklärt hat, zum Beispiel das Waldsterben. Der AfD-Abgeordnete Andreas Bleck erklärte bereits angesichts des Fichtensterbens in 2019, dass „durch Trockenheit noch kein einziger Baum gestorben ist“. Er gehört zu der Sorte Menschen, die vor dem Urlaub keine Pflanzen gießen und sich dann wundern, warum sie nach dem Urlaub auf einmal vertrocknet sind. Wieso faselt er also so einen Unsinn, den jedes kleine Kind widerlegen könnte?

 

Die Umweltfrage ist inzwischen zur Existenzfrage der Menschheit geworden. Sie ist überhaupt nur deswegen entstanden, weil eine kurzsichtige, nur auf den unmittelbaren Effekt der Profitmaximierung ausgerichtete Produktion und Konsumtion existiert. Diese Erkenntnis hat weltweit zur Kapitalismuskritik und zu einer Umweltbewegung geführt, die mehr und mehr die Hauptverursacher in Konzernvorständen sieht, den Zusammenschluss mit der Arbeiterbewegung sucht und die Frage nach gesellschaftlicher Veränderung stellt. Indem sie einfach erklärt, dass die Umweltfrage gar nicht existiert, sondern nur eine Erfindung sozialistischer Ideologen ist, die die Masse der Menschen aus niedrigen Beweggründen abzockt, schlägt die AfD zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Hauptverursacher sind aus der Schusslinie, und für die Masse der Menschen, vor allem die Arbeiterinnen und Arbeiter, ist ein neues Feindbild geschaffen. Kurz gesagt: Wir sollen als Umweltbewegung jetzt schuld daran sein, dass Arbeitsplätze verloren gehen, die Strompreise so hoch sind usw.

 

Da befinden wir uns dann in guter Gesellschaft mit den Migrantinnen und Migranten. Diese sollen als hauptsächliche Sündenböcke für alle kapitalistischen Übel verantwortlich sein. Migration ist das wesentliche Thema und angeblich schuld an fehlenden Wohnungen, Arbeitsplätzen, dass am Ende des Lohnes immer noch so viel Monat übrig ist. An alledem sollen laut AfD den Migrantinnen und Migranten schuld sein und nicht Regierungen und kapitalistische Ausbeutung.


Dabei bewegen sie sich auf sehr dünnem Eis, denn Lügen haben bekanntlich kurze Beine. Einer UN-Umfrage zufolge sind 80 Prozent aller Befragten in 77 Ländern der Meinung, Klimaschutz sei nötig. Selbst in den USA sind es noch 66 Prozent. Auch bei der AfD glauben noch 60 Prozent daran, dass es den Treibhauseffekt gibt. Die Realität ist der größte Feind der neofaschistischen Propaganda! Man muss sie aber auch erkennen und sich aus dem Teufelskreis des geschlossenen Lügengebäudes befreien.


Alice Weidel erklärte in Ihrem Faltblatt, wie Energie wieder günstig werden kann: „Subventionen und Förderprogramme für ‚Klimaschutz‘ und die EEG-Umlage sind ersatzlos zu streichen. Wir werden das Ende der teuren ‚Energiewende‘ und den Ausstieg aus der EU-‚Klimapolitik‘ einläuten. Für günstige und verlässliche Energie muss Deutschland wieder in die Kernkraft einsteigen und seine Kohlekraftwerke erhalten“. Das ist so dämlich, dass es quiekt!


Dichtung und Wahrheit gehen daher ganz schön durcheinander. Mit 0,41 Cent pro Kilowattstunde ist der Strom für Privathaushalte der teuerste in Europa. Frau Weidel hat entweder nicht mitbekommen, dass die EEG-Umlage schon seit 2023 nicht mehr existiert und man sie daher auch nicht noch mal abschaffen kann. Oder? Oder es passt halt so schön, die EEG-Umlage für die hohen Strompreise verantwortlich zu machen. Wenn man etwas ändern will, muss man wissen, warum es so ist. Das gilt auch für die Strompreise. Was Frau Weidel nicht sagt, ist, dass die Industrie im Schnitt nur 0,16 € pro Kilowattstunde an Stromkosten hat, die ganz großen Konzerne sogar noch weniger. Wir zahlen zum Beispiel noch 1,5 Cent Stromsteuer pro Kilowattstunde. Diese ist seit 2024 für die Industrie abgeschafft. Eine 12-Milliarden-Finanzspritze. Nicht die Energiewende verteuert den Strom, sondern eine Zweiklassengesellschaft beim Stromverbrauch. Haushalte bezahlen als nicht privilegierte Stromverbraucher wesentlich mehr als privilegierte Großverbraucher der Industrie, die sich mit billigem Börsenstrom eindecken. Wer Kernkraft für „günstig und verlässlich“ hält, der sucht krampfhaft einen Grund, diese Energie wieder salonfähig zu machen. Sie ist die teuerste und unzuverlässigste Art der Energie. Windenergie – die Frau Weidel vernichten will – ist die günstigste, mit Stromgestehungskosten von 4 bis 10 Cent pro Kilowattstunde. Also, warum will die AfD teuren Strom?


Wir müssen uns erheblich mehr mit den Positionen der AfD auseinandersetzen, uns in die Debatte einmischen und mit vielen ins Gespräch kommen. Im und nach dem Wahlkampf machen wir klar: Wer AfD wählt, wählt die Umweltkatastrophe! Wer AfD wählt, wählt teuren Strom für die einfachen Leute! Wer AfD wählt, wählt finanzielle Vergünstigungen für Kapitalisten, Reiche und Superreiche!


Es geht um die Entwicklung eines antifaschistischen und internationalistischen Umweltbewusstseins. Daher brauchen wir ein Internationalistisches Bündnis! Umweltschutz ist grenzenlos! Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen an Mensch und Umwelt; faschistische Organisationen müssen daher verboten werden.


Die faschistische Tendenz bringt viele Leute ins Nachdenken und in Bewegung. Die Antwort auf das Ende der Brandmauer durch den Vorstoß von Friedrich Merz und seiner CDU / CSU und durch Christian Lindner mit der FDP zur Asylpolitik sind antifaschistische Massenproteste von Hunderttausenden mit der Losung:  „Wir sind die Brandmauer!“. Gemeinsam gegen Faschismus ist das große Anliegen, und es ist auffällig, dass aktiv gegen Ausgrenzungsversuche Stellung genommen wurde. Eine Schwäche der Bewegung ist aber, dass die Umweltfrage kaum eine Rolle spielt. Wir müssen uns alle aktiv mit diesem, unserem Thema einbringen.


Die gesellschaftlichen Ursachen von Faschismus, ihre Überwindung und der weltweite Kampf gegen Faschismus sind auch Teil der Strategiedebatte.


Nehmen wir die Migrationsfrage: In den letzten zehn Jahren haben wetterbedingte Katastrophen zu 220 Millionen Binnenflüchtlingen geführt, also 60.000 pro Tag. Die Zahl der Länder, die extrem klimabedingten Gefahren ausgesetzt sind, wird von drei auf 65 im Jahr 2040 steigen. (Quelle: UN) Wer Migration verhindern will, muss die Klimakatastrophe bekämpfen! Zugleich benötigen die Menschen ein Recht auf Flucht. Die Migrationsfrage kann nur gelöst werden, wenn die Umweltfrage gemeinsam mit der sozialen Frage gelöst wird!

 

Unser wichtigstes gemeinsames Großprojekt ist der Internationale Umweltratschlag (IEC) Ende 2026. Er ist die positive Antwort auf die 29 gescheiterten UN-Umweltkonferenzen, die weltweite faschistische Tendenz und für den gewachsenen Drang nach gesellschaftlicher Lösung der Umweltfrage. Er ist eine Konferenz der Basisaktivisten, der Einheit von Arbeiter- und Umweltbewegung!


Mittlerweile haben wir über 80 interessierte internationale Kontakte, vor allem von der COP 29. Es haben sich Teams zur Vorbereitung gebildet bzw. sie sind in der Bildung: für nationale Kontakte, internationale Kontakte, Vorbereitungsgruppe, Öffentlichkeitsarbeit, Internet. Am 26. April wird es ein Vorbereitungstreffen mit internationaler Beteiligung geben. Das soll durch örtliche Vorbereitungsgruppen vorbereitet werden. Ergreift die Initiative dafür und macht eine entsprechende Bündnisarbeit. Jeder Ort muss Verantwortung bei der Betreuung internationaler Kontakte übernehmen.

 

Wir konnten einige Erfolge in der Verbindung von Arbeiter- und Umweltbewegung erreichen. Ein gutes Beispiel war die Kundgebung mit den Custodis und anderen vor Porsche. Wir haben auch Kontakte zum serbischen Widerstand gegen den Lithiumabbau im Jadartal. In Serbien gibt es inzwischen eine breite Massenbewegung. Sie will gesellschaftliche Veränderung und fordert den Rücktritt von Präsident Vucic. Hunderttausende sind auf der Straße, organisieren sich. Wir sollten an dieser Frage die Einheit von Automobilarbeitern und Umweltschützern herstellen. Im März ist Aktionstag der IG Metall, an dem wir ebenso auftreten, wie am 14. Februar zum Klimastreiktag.


Die Internationalisierung unserer örtlichen, regionalen und bundesweiten Umweltarbeit ist wichtig. Wie haben sich die örtlichen Kampffelder entwickelt? Und wie muss das weiterentwickelt werden? Das sind Fragen, die wir klären müssen. Welche Schlüsse habt ihr aus der BDV gezogen, insbesondere für die engere Zusammenarbeit zwischen Bundesvorstand und Ort, und wie wollt ihr neue Mitglieder in der Mitgliederwerbekampagne gewinnen?


Wir sind jetzt seit zehn Jahren gewachsen und eine stabile Organisation in instabilen Zeiten. Mit dem gemeinsamen Großprojekt Internationaler Umweltratschlag 2026 machen wir Weltpolitik. Nutzen wir das selbstbewusst für den Aufbau der Umweltgewerkschaft und gewinnen wir viele neue Mitglieder! Führen wir eine Internationalisierung und Bewusstseinsbildung unserer Arbeit in enger Verbindung mit dem antifaschistischen Kampf durch!