Thüringen
"Abgestufte Chancengleichheit": Politische Manipulation in sechs Akten
Anatole Braungart, Direktkandidat der Internationalistischen Liste/MLPD im Wahlkreis 190 Jena - Sömmerda - Weimaer Land I, berichtet über politische Manipulation in sechs Akten.
1. Akt
Die Ostthüringer Zeitung (Funke-Mediengruppe, vergleichbar der WAZ) lädt zu Wahlkreisforen mit den Direktkandidaten zur Bundestagswahl in allen Thüringer Wahlkreisen ein. Ich wende mich als Kandidat der MLPD in Jena sofort an die Redaktion, um eine Einladung und Information zu Ablauf und Regeln des Wahlforums in der Stadthalle Apolda zu erhalten.
2. Akt
Es antwortet mir nicht die OTZ, sondern Frau Wittau von der Landeszentrale für politische Bildung* (!), die mir zu meiner Überraschung mitteilt, dass ich gar nicht eingeladen bin! Denn die Einladung erfolge nach dem Prinzip der "abgestuften Chancengleichheit". Der lägen die Kriterien "Wahlergebnisse einer Partei, Zeitdauer ihres Bestehens, ihre Kontinuität, ihre Mitgliederzahl, der Umfang und Ausbau ihres Organisationsnetzes, ihre Vertretung in Landesparlamenten und Bundestag ..." zugrunde.
3. Akt
Umgehend lege ich Widerspruch ein. "Abgesehen von unserer grundsätzlichen Position, dass die sogenannte abgestufte Chancengleichheit undemokratisch und ein Widerspruch in sich ist, weise ich auf folgende Punkte hin: Die MLPD ... erfüllt eine ganze Reihe der von Ihnen genannten Kriterien ... Sie besteht und arbeitet seit über 40 Jahren kontinuierlich und sehr aktiv. Sie ist die einzige 'kleine' Partei außer Volt, die in allen 16 Bundesländern mit eigenen Landeslisten kandidiert und darüber hinaus mit über 70 Direktkandidaten. Fast 50.000 Unterstützungsunterschriften wurden dafür in Rekordzeit gesammelt. Mit der Einladung von sieben Direktkandidaten werden nur zwei Kandidaten im Wahlkreis 190 nicht berücksichtigt. ... Kritikwürdig ist dagegen ihre Einladung an den Vertreter der AfD, Schröder. Herr Schröder tritt für eine gesichert faschistische Partei an, die nach Potsdamer Abkommen und Grundgesetz verboten, statt zur Wahl zugelassen gehört."
4. Akt
Die Landeszentrale bekräftigt ihre Position, weil "insbesondere jedoch Ergebnisse vorangegangener Wahlen zu berücksichtigen" seien. Nur verhindert die Verweigerung der Chancengleichheit ja gerade, dass Menschen von neuen, kleineren Parteien erfahren und sich in ihrer Abwendung von den etablierten Parteien neu entscheiden können.
5. Akt
Die OTZ bewirbt ihre Wahlforen am 5. Februar unter der Überschrift "Fragen Sie ihre Direktkandidaten!" Der Artikel erwähnt zuerst alle Kandidaten, die zur Wahl stehen (also auch mich), führt dann aber aus, welche Kandidaten sich im Wahlforum den Fragen der Wähler stellen. Da bin ich nicht dabei. Ich schreibe einen Protest an den Chefredakteur der Lokalredaktion Jena: " ... Warum ich mich den Fragen nicht stelle, bleibt für den Leser im Dunkeln. Es muss sich vielmehr dem Leser aufdrängen, dass ich vor den Fragen der Wähler kneife, mich dafür nicht interessiere. Tatsächlich verweigert mir die Landeszentrale für politische Bildung ... die Teilnahme. Schreibe ich an Sie in der Erwartung, dass die OTZ demokratischer verfährt und eine Einladung noch erfolgt. Ebenso sollte mein Protest abgedruckt werden." Im persönlichen Telefonat räumt der Chefredakteur ein, dass der erzeugte Eindruck irreführend sein könne.
6. Akt
Am 10.Februar berichtet die OTZ im Jenaer Lokalteil erneut über ihre Wahlforen, legt diesmal die Einladung nach "abgestufter Chancengleichheit" dar und endet mit dem einen Satz: "Der MLPD-Kandidat Braungart hat dieses Verfahren gegenüber der Redaktion als undemokratisch kritisiert."
Fazit
Nach der ganzen Auseinandersetzung schafft es immerhin ein Satz der Kritik in die Zeitung. Eine Einladung meinerseits unterbleibt aber ebenso wie die Ausladung des Kandidaten der faschistischen AfD. Zumindest jeder Leser der Rote Fahne News kann sich jetzt aber ein eigenes Bild machen, was demokratisch und was manipulativ ist. Rote-Fahne-News-Leser wissen eben mehr!
* Hervorgegangen aus der "Bundeszentrale für Heimatdienst". Bei ihrer Gründung streng antikommunistisch und nationalistisch ausgerichtet, auch als "positiver Verfassungsschutz" gekennzeichnet.