Faschistische Gefahr
„Wunsiedel-Entscheidung" des BVerfG: Höchstrichterlicher Freibrief für AfD-Faschismus
Während die antifaschistischen Proteste „Wir sind die Brandmauer“ in die Hunderttausende wachsen, treffen wir auch nach dem Dammbruch im Bundesparlament weiterhin auf eine Unterschätzung der sich akut verschärfenden faschistischen Gefahr. Dabei spielt das Vertrauen in das Bundesverfassungsgericht (BverfG) eine wichtige Rolle.
Noch im Dezember hatten CDU, SPD, Grüne und FDP gemeinsam eine Reform des Grundgesetzes beschlossen, die das Gericht als „Hüterin der Verfassung“ gegen eine Vereinnahmung durch Ultrareaktionäre und Faschisten wetterfest machen soll. Dass so etwas wie in Ungarn nicht passieren kann, garantiert angeblich das BverfG.
“In der öffentlichen Meinung gilt dieses Organ als Korrektiv zu Parlament und Regierung. Es kann Gesetze und staatliche Maßnahmen aufheben oder einschränken, Rechtsnormen ‚fortbilden‘, es entscheidet im Streit zwischen Verfassungsorganen“ [1]. So auch in der richtungsweisenden „Wunsiedel-Entscheidung“ von 2009, die seitdem einen Freibrief für den modernen Faschismus darstellt.
Im fränkischen Wunsiedel war Rudolf Hess, der Stellvertreter Adolf Hitlers [2] bestattet. Das Grabmal wurde zur Kultstätte der Neonazis, die alljährlich am Tag des Todes von Rudolf Hess von 1987 dort mit Aufmärschen unter Parolen wie „Wir bereuen nichts“ oder „Leuchtendes Vorbild der deutschen Jugend – Märtyrer sterben nie“ ihr braunes Unwesen trieben. Als aufgrund der antifaschistischen Widerstandes diese endlich verboten werden mussten, entwickele sich ein Rechtsstreit, der bis zur Änderung des Strafgesetzbuches im Jahr 2005 führte und schließlich vom BverfG abschließend entschieden wurde.
Dieses bestätigte das Verbot als rechtmäßig, allerdings lediglich für diesen ganz konkreten Fall wegen der Störung der öffentlichen Ordnung. Nicht aber als notwendige Konsequenz aus dem Potsdamer Abkommen, auf dem das Grundgesetz basiert und das jegliche nationalsozialistisch Betätigung verbietet.
Stattdessen bestimmen die „Leitsätze zum Beschluss des Ersten Senats vom 4. November 2009“ unter anderem: „Das Grundgesetz rechtfertigt kein allgemeines Verbot der Verbreitung rechtsradikalen oder auch nationalsozialistischen Gedankenguts schon in Bezug auf die geistige Wirkung seines Inhalts.“ [3]
Die modernen Faschisten der 2013 gegründeten AfD haben sehr wohl begriffen. Nicht mit Aufmärschen von Glatzen in Springerstiefeln, sondern in neuer Form mit Anleihen an den berechtigten Sorgen und Kritiken der Massen getarnt können sie ihr faschistisches Gedankengut unter dem Schutz des BverfG unter die Massen tragen.
Das BverfG, das allgemein als „Hort der Gerechtigkeit“ angesehen wird, offenbart seinen Januskopf [4]: Einerseits das KPD-Verbot, das mit keinerlei Straftaten, sondern allein mit den Zielen und der Weltanschauung des Marxismus-Leninismus begründet wurde, und andererseits die Ablehnung des Antrages auf NPD-Verbot, die zwar „wesensverwandt mit dem Nationalsozialismus“ sei, aber nicht ernsthaft den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährde.
Die Krise der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaften, der Religion und der Kultur
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So kann das faschistische und völkische Gedankengut mit breiter Medienunterstützung „seine geistige Wirkung“ entfalten und die AfD sich im Parlament als Mehrheitsbeschafferin etablieren. Die Weichen für eine Zusammenarbeit mit FDP und CDU nach der Bundestagswahl sind gestellt.
Das bedeutet: Die Durchsetzung des Verbotes der AfD kann nur durch die breite antifaschistische Einheitsfront erkämpft werden. Die breite antifaschistische Aufklärungsarbeit verbindet die MLPD mit der Kandidatur zu den Bundestagswahlen und der einzigen grundsätzliche Alternative zum Faschismus: Make Socialism great again!