VW

VW

Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen: Das kenne ich doch von der Ruhrkohle AG

Bei Volkswagen wird vom Konzernvorstand versucht, mit der Zusage, es werde „keine betriebsbedingten Kündigungen“ geben die Belegschaften zum Stillhalten zu bewegen.

mm

Das erinnert mich doch sehr an die Entwicklung bei der Ruhrkohle AG (RAG).

 

Am 7.  März 1997 traten – ausgehend von der Schachtanlage Hugo in Gelsenkirchen und einem Aufruf der Bergarbeiterzeitung „Vortrieb“ - bundesweit etwa 130 000 Kollegen im Steinkohlebergbau in den Streik und blockierten tagelang in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn das Regierungsviertel. Fast ein Woche später verkündete der damalige SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine öffentlich in Bonn vor zehntausenden Bergleuten den „Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen“.

 

Einen Tag später stand ich mit tausenden Kumpeln vor meiner Schachtanlage Walsum im Duisburger Norden, wo dieselbe Zusage über Großbildleinwände verbreitet wurde, um den Streik abzuwürgen. Hinten gingen schon die Steiger durch die Reihen, um mit den Kumpeln auszumachen, wann sie wieder anfahren.

 

Dann ging eine jahrelange Rausekel-Phase gegenüber den Bergleuten los:

 

  • Bergleute wurden zu den Personalbeauftragen vorgeladen. Dort wurde auf sie eingeredet, sie sollten doch zu einem der vielen tollen Jobangebote wechseln, die man  für sie hat. Wer das nicht wollte, wurde als „unsolidarisch“ beschimpft. Viele Jobs waren bei Zulieferern und Subunternehmern der RAG, bei Handwerkern, die auf den Zechen Reparaturen machten und dergleichen. Wenn man da anfing, hatte man ein halbes Jahr ein Rückkehrrecht zur RAG, viele Kollegen wurden dort kurz nach dem halben Jahr rausgeschmissen, welche Absprachen im Hintergrund liefen, kann man sich vorstellen.
  • Kranke wurden eben nicht mit einer „betriebsbedingten Kündigung“, sondern mit einer “krankheitsbedingten Kündigung“ vom Hof gejagt.
  • Outsourcen: Ein Freund von mir wurde mit seiner ganzen Abteilung von der RAG einfach in eine eigene Firma outgesourced. Nach wenigen Jahren wurde die Firma in die Pleite getrieben, die Kollegen in die Arbeitslosigkeit. Mein Freund klagte gegen die RAG – das Arbeitsgericht lehnte das ab: Rausschmiss nach dem Prinzip des Outsourcing gehört zum „freien Unternehmertum“ in einer „freien Marktwirtschaft“ dazu.

 

Der Höhepunkt kam dann im Jahr 2019: Hunderten Bergleuten wurde von der RAG „betriebsbedingt gekündigt“. Als sich die Kumpel vor Gericht auf die Zusage „ Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben“ beriefen, erklärte die RAG über ihre Anwälte, das sei doch nur eine politische Erklärung gewesen, das hätte doch vor dem Arbeitsgericht keinen Wert!

 

Die Kumpel ließen sich das nicht bieten. Zusammen mit der kämpferischen Bergarbeiterbewegung „Kumpel für AUF“, der MLPD und anderen organisierten sie 15 Demonstrationen im Ruhrgebiet. Vor diesem Hintergrund konnten sie auch vor Gericht Erfolge erzielen.