Beginnt heute

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Tarifrunde im Öffentlichen Dienst: Von Anfang an die volle gewerkschaftliche Kampfkraft entfalten

Heute begannen die ersten Verhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den Kommunen und beim Bund. Unmittelbar betroffen sind dabei 2,5 Mio. Beschäftigte, davon arbeiten nur 240 000 beim Bund. Die meisten sind kommunale Beschäftigte.

Von gp
Tarifrunde im Öffentlichen Dienst: Von Anfang an die volle gewerkschaftliche Kampfkraft entfalten
ver.di-Kundgebung auf dem Münchner Marienplatz (rf-foto)

Dazu kommen 300 000 Beamtinnen, Beamte, Soldaten usw., auf die meist das Ergebnis übertragen wird. Von den Tarifergebnissen profitieren außerdem viele Beschäftigte privater Einrichtungen im Sozial- und Erziehungsdienst.

 

Ver.di führt zusammen mit anderen Gewerkschaften, darunter die GdP, GEW, IG BAU und der dbb beamtenbund und tarifunion die Verhandlungen. Auf der Gegenseite vertritt die Noch-Innenministerin Nancy Faeser (SPD) den Bund und für die Kommunen verhandelt die Präsidentin der Bundesvereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge [1].

 

Die Gewerkschaften fordern höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten. Die wichtigsten Forderungen sind:

  • Eine Erhöhung der Entgelte um 8 %, mindestens aber 350 Euro

    Erhöhung der Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte um 200 Euro
    Höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten
    Drei zusätzliche freie Tage zur Entlastung.


  • Einführung eines „Meine-Zeit-Kontos“, über das Beschäftigte selbst entscheiden können, ob Entgelterhöhungen oder Überstunden als Freizeit oder Auszahlung genutzt werden.
  • Laufzeit des Tarifvertrags: 12 Monate.
  • Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Beamte von 41 auf 39 Stunden
  • Eine bezahlte Pause für Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen mit Wechselschicht
  • Unbefristete Übernahme nach erfolgreicher Ausbildung und Eingruppierung in Erfahrungsstufe 2

 

Wie nicht anders zu erwarten, lehnen Bund und Länder die Forderungen der Gewerkschaften ab. Nach Ansicht von VKA-Präsidentin Karin Welge sind sie „zu hoch und passen nicht in unsere Zeit.“ Das kommt ganz auf den Standpunkt der Betrachter an.

 

Für die Kolleginnen und Kollegen sind die 8 Prozent, mindestens aber 350 Euro, keineswegs zu hoch. Dazu ein Feuerwehrmann aus Hamburg: „Die offizielle Inflationsrate ist zwar gesunken, doch sie setzt auf den hohen Preissteigerungen der letzten Jahre auf. Geh mal in den Supermarkt einkaufen, da fällt Dir nichts mehr ein. Letzten Monat flatterte mir eine ‚Mietanpassung‘ ins Haus. Dazu kommen höhere Krankenkassenbeiträge, steigende Benzinpreise wegen der höheren CO2-Abgaben. Deshalb darf es keine Abstriche von den 8 Prozent geben.“

 

Eine Erzieherin in einer Kita beschreibt ihre Arbeitssituation so: „Wir sind ständig unterbesetzt. Da wir die Arbeit für die nicht besetzte Stelle mit übernehmen müssen, steigt die Belastung für jede von uns. Das führt wiederum zu erhöhtem Krankenstand und damit zu noch höherer Belastung. Ein nicht endend wollender Teufelskreis! Die zusätzlichen freien Tage sind zwar eine persönliche Entlastung, aber ohne Einstellungen wird die Belastung noch größer.“

 

Dass die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen für die Regierung, den VKA und den Unternehmerverbänden „nicht in die Zeit passen“, braucht nicht zu verwundern. Fordern doch die Unternehmerverbände massive Subventionen für ihren internationalen Konkurrenzkampf, darunter noch billigeren Industriestrom. Und inzwischen überbieten sich die Kanzlerkandidaten der verschiedenen bürgerlichen Parteien, um wieviel Prozent des BIP die Rüstungsausgaben erhöht werden sollen. Alice Weidel steht mit 5 Prozent an der Spitze, das wäre immerhin rund die Hälfte des Bundeshaushalts. Das müssen die Beschäftigten doch einsehen und statt Forderungen aufzustellen vielleicht Vorschläge machen, auf was sie bereit sind zu verzichten, damit sie „in die Zeit passen“.

 

Das zeigt, die Tarifrunde hat von vorne herein politischen Charakter. Sie richtet direkt gegen den Staat. Und sie findet auch in einer außergewöhnlichen wirtschaftlichen und politischen Situation statt: Die Konzerne versuchen, die Folgen der seit acht Jahren anhaltenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise auf die breiten Massen abzuwälzen. Wir erleben eine Rechtsentwicklung aller bürgerlichen Parteien, eine drohende faschistische und wachsende Weltkriegsgefahr.

 

Die Beschäftigten können aufbauen und anknüpfen an den kämpferischen gewerkschaftlichen Kämpfen und einzelnen selbständigen Streiks im letzten Jahr. Sie befinden sich in guter Gemeinschaft mit den um ihre Arbeitsplätze kämpfenden Kollegen bei ThyssenKrupp, ZF, Bosch, VW unter vielen anderen Betrieben. Dazu kommt eine neue Welle antifaschistischer Proteste und Demonstrationen gegen Rechtsentwicklung und faschistische Gefahr. Auch sind die Neuwahlen eine gute Gelegenheit, sich mit Forderungen der Kolleginnen und Kollegen in den Wahlkampf nicht nur zu Wort zu melden, sondern sich einzumischen. Die revolutionäre Arbeiterpartei MLPD steht in allen 16 Bundesländern zur Wahl - eine hervorragende Gelegenheit, sie zu stärken und seine Stimme für Arbeiterpolitik einzusetzen.

 

Die verschiedenen kapitalistischen Krisen haben inzwischen auch das Krisenmanagement der Regierung erfasst. Das wird sich auch durch eine neue Regierung nicht ändern, denn die Krisen haben ihre Ursache in den Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus. Deshalb ist die Tarifrunde auch ein gute Gelegenheit, sich mit einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Perspektive zu beschäftigen. Einer Gesellschaft jenseits des Kapitalismus, wo die Bedürfnisse der Menschen und der Natur im Mittelpunkt stehen und nicht der Profit, dem echten Sozialismus.

 

  • Für eine von Anfang an offensiv geführte Tarifrunde!
  • 8 Prozent, mindestens 350 Euro und 200 Euro für die Azubis sind das Mindeste!
  • Kein Verzicht zugunsten der Monopole und der Hochrüstung!
  • Nicht lang fackeln, jetzt kräftige Warnstreiks organisieren und Urabstimmung vorbereiten!