Niederlande
Eine Million Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitswesen ballen die Faust
Die Rote Fahne-Redaktion dokumentiert einen Bericht von der Homepage der ICOR-Mitgliedsorganisation Rode Morgen aus den Niederlanden:
Es ist eine ungewöhnliche Situation. In den meisten Branchen des Gesundheitswesens finden zur gleichen Zeit Tarifverhandlungen statt. Am bemerkenswertesten sind natürlich die Apothekenhelferinnen und -helfer und ihre Kolleginnen und Kollegen, die bereits 17 Mal gestreikt haben und denen über die Feiertage ein bundesweiter mehrtägiger Streik bevorsteht. Sie haben ihre Aktionen unabhängig voneinander begonnen, und ihre Militanz und Hartnäckigkeit sind ein Beispiel für andere Sektoren des Gesundheitswesens und die arbeitenden Menschen im Allgemeinen.
Im VVT (Pflegeheime, Altenheime, häusliche Pflege, Jugendgesundheitspflege) sind die Tarifverhandlungen ins Stocken geraten. Die Kolleginnen und Kollegen in der Altenpflege haben ihre ersten Aktionen rund um Nikolaus und während einer Regierungsdebatte am 19. Dezember durchgeführt. In den Krankenhäusern kämpften sie u.a. für eine bezahlte 32-Stunden-Woche. Eine fortschrittliche Forderung, die den überlasteten Pflegekräften und ihren Kollegen das Leben und die Arbeit erleichtern soll. Auch in der psychiatrischen Versorgung ist die Arbeitsbelastung aufgrund der steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen enorm hoch. In der Behindertenpflege sind feste Teams ein Muss. In der Kinderbetreuung herrscht enormer Personalmangel und es gibt viele Kurzschichten.
Automatischer Inflationsausgleich dringend notwendig
Die kontinuierlichen Preissteigerungen der letzten Jahre haben eine große Lücke in der Kaufkraft aller Pflegekräfte hinterlassen. Im November betrug die Inflation erneut 4 Prozent. In allen Pflegesektoren werden Lohnerhöhungen von 7 Prozent gefordert. Zum Teil als Lohnerhöhung, zum Teil, um die Lohnlücke von 6 bis 9 Prozent zu vergleichbaren Branchen auszugleichen. Doch eine solche Lohnerhöhung hat sich im Vorfeld weitgehend verflüchtigt. Es ist ein Aufwischen bei laufendem Wasserhahn. Deshalb ist die Nachfrage nach einem automatischen Inflationsausgleich so groß. Im Bereich der psychischen Gesundheit, der Kinderbetreuung und der Krankenhäuser wird diese Forderung erhoben, in der Apotheke, der Altenpflege (VVT) und der Behindertenpflege nicht. Das muss sich ändern.
Von einem Heuchler zum anderen
Unter Ministerin Agema wird die Politik der Vorgängerregierungen, die Pflege zu zerstören, mit aller Härte fortgesetzt. Die Versprechungen der faschistischen PVV waren eine Täuschung der Wähler. Agema lässt der Profitmacherei und dem Private Equity freien Lauf. Gleichzeitig kürzt sie ab 2027 1,5 Milliarden Euro für die Krankenhauspflege, ab 2026 615 Millionen für die Altenpflege und 200 Millionen für die Behindertenpflege. Sie spricht in den höchsten Tönen von Prävention, kürzt aber hunderte von Millionen in diesem Bereich. Ihre Heuchelei ist grenzenlos, wenn sie behauptet, sie sei schockiert, dass sie 165 Millionen bei der Ausbildung im Gesundheitswesen kürzen "muss", während sie im September Kürzungen in Höhe von hunderten von Millionen bei Praktika und der Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen ankündigte. Aber auch die Verwalter des Gesundheitswesens können einiges Geld einstecken. Actiz beispielsweise bittet die Regierung um 1,23 Milliarden für die Erhöhung der Löhne in der Altenpflege, bietet aber am Verhandlungstisch für den neuen Tarifvertrag -13 Prozent an. Die Abwärtsspirale in der Pflege muss von den Pflegekräften selbst durchbrochen werden.
Einigkeit macht stark
Über 20.000 Apothekenhelferinnen und -helfer und ihre Kolleginnen und Kollegen schaffen es, die Dinge auf den Kopf zu stellen und die Apothekenketten und Versicherer in die Enge zu treiben. Mehr als eine Million Menschen arbeiten in allen Branchen, über die derzeit verhandelt wird. Sie alle wollen die Lohnlücke schließen, die Kaufkraft stärken, den Abbau der Versorgung stoppen und die Gesundheitsversorgung verbessern. Eine Million Menschen kann eine gewaltige Kraft bilden und sie haben die Unterstützung der Öffentlichkeit. Worauf warten wir noch?