Beschäftigte Bund und Kommunen
Tarifrunde Öffentlicher Dienst - mitten im Bundestagswahlkampf
Ver.di und der Beamtenbund fordern in der am 24. Januar beginnenden Tarifrunde für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen: acht Prozent mehr Lohn, mindestens 350 Euro monatlich sowie drei zusätzliche Urlaubstage.
Dass dies sofort auf Widerspruch bei den „Arbeitgebern“ stößt, ist jedem Gewerkschafter klar. Doch diese Tarifrunde hat es in sich: Sie startet nicht nur im Bundestagswahlkampf, sondern auch in einer Situation, wo Monopolverbände und -politiker mit Hilfe einer neuen, stramm rechten Regierung eine reaktionäre Wende durchsetzen wollen. Und vor allem in einer Zeit, wo vorne dran immer mehr Stahl- und Automobilarbeiter gegen die Generalangriffe ihrer Konzernvorstände mit Streiks begonnen haben, in die Gegenoffensive gehen. Die Herrschenden wollen sich nicht ausdenken, dass sich deren Kämpfe mit denen der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst gegenseitig stärken und zusammenkommen.
Wie gerufen kommt ihnen deshalb die Schützenhilfe in Form des „Star-Ökonomen“ Marcel Fratzscher, dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität. Sein Interview mit der Tagesschau ist überschrieben mit: „Acht Prozent ist völlig utopisch!“ Es soll die Öffentlichkeit gegen die mehr als berechtigten Forderungen und einen Streik von Ver.di aufbringen.
Dagegen würde sich Fratzscher natürlich verwahren. Schließlich sieht er im „Arbeitskampf in der Demokratie ein wichtiges Gut - so kann man für seine Interessen kämpfen. Nur wir müssen uns bewusst machen, über wen wir sprechen. Es geht nicht um eine extrem prekäre Branche, sondern eine, wo die Löhne oft überdurchschnittlich sind.“ Er muss es ja wissen - bei seinem Monatseinkommen ...
Zur Tarifauseinandersetzung im Wahlkampf gefragt, hofft er, dass diese „keine politische Entscheidung sein“ sollte; also nicht Einfluss auf den von den Herrschenden gewollten „politischen Kurswechsel“ nimmt. Dabei weiß Fratzscher, dass Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) mit seiner Ansage, im öffentlichen Dienst sparen zu wollen, die hier Beschäftigten geradezu herausfordert. Er appelliert deshalb an diese, „mit kühlem Kopf zu analysieren, was das Richtige ist, was zu tun ist und was die Kassenlage sagt.“
Und damit greift der „unabhängige Ökonom“ die Argumentation der „Arbeitgeber“ von den klammen öffentlichen Kassen auf. Dass diese aber nicht auf zu hohe Gehälter zurückzuführen sind, sondern weil die Monopole immer mehr staatliche Subventionen fordern oder Löhne zahlen, wovon Menschen nicht ohne Stütze leben können – was soll's.
Verlassen können sich die Beschäftigten in ihrer Tarifauseinandersetzung auf die Solidarität untereinander und die der VW- und Stahlarbeiter, auf deren Erfahrungen und Lehren aus ihren Kämpfen und nicht zuletzt auf die Solidarität der Internationalistischen Liste / MLPD.