Briefwechsel

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Zum Artikel "Krankenhausreform im Kapitalismus oder die Quadratur des Kreises"

Am 2. Januar wurde auf Rote Fahne News der Artikel "Krankenhausreform im Kapitalismus oder die Quadratur des Kreises" von Dr. med. Günther Bittel veröffentlicht. Mehrere Leser haben dazu Fragen, Hinweise und Kritiken geschrieben. Wir dokumentieren Auszüge aus den Briefwechseln.

Zuschrift aus Köln

Danke Günther, ein sehr aufschlussreicher Artikel zur aktuellen Lage, den Hintergründen und der Zukunft des Gesundheitswesens im Kapitalismus. Gibt es -konkrete- Beschreibungen sozialistischer Gesundheitspraxis (Prävention, Klinik etc), aus den ehemaligen sozialistischen Ländern? Das würde vielleicht gut als Anschlussartikel für eine lebendige Konkretisierung dieser Sache im Sozialismus passen.

 

Noch eine Frage zum genannten Programmpunkt: Warum nur für "... dauerhaft in Deutschland lebende"? Grenzt man damit von schwebenden Verfahren (Asyl etc.) Betroffene oder auch Hungerstreikende, die sich gegen ihre Abschiebung wehren, nicht aus?

 

Herzlichen Gruß
Andreas

Aus der Antwort von Günther Bittel

Lieber Andreas,

 

danke für deine Zuschrift. Die Anforderung, dem echten Sozialismus zu neuem Ansehen zu verhelfen und eine breite gesellschaftliche Debatte über den Sozialismus zu fördern, muss in der Tat auch die Frage der menschlichen Gesundheit und der Erfahrungen mit dem sozialistischen Gesundheitswesen einschließen. Hier stehen wir auch gegenüber der Roten Fahne in der Pflicht für überzeugende Artikel, Korrespondenzen, Leserbriefe und kritisch-selbstkritische Auseinandersetzung.

 

In der sozialistischen Sowjetunion wie auch vor allem dann im sozialistischen China in der Zeit Mao Zedongs gab es wichtige Veränderungen im Gesundheitswesen: die massenhafte Ausbildung der "Barfußärzte", die Gesundheitsberufler gingen in die Fabriken und in die Volkskommunen auf dem Land, die Arbeiter gingen in die Gesundheitseinrichtungen, eine breite Aufklärung und Bildungsarbeit wurde entwickelt, die Diktatur des Proletariats als breiteste Demokratie verwirklicht. Hier spielten die Revolutionskomitees mit ihren Dreier-Verbindungen eine wichtige Rolle, die auch in Krankenhäusern und Polikliniken errichtet wurden. Mao gab die Devise aus, dass aus westlicher Medizin und TCM eine optimale Synthese erarbeitet wird. ...

 

Hier die weiteren Ausführungen zum Gesundheitswesen im Sozialismus

 

Nun zur Forderung aus dem Parteiprogramm der MLPD: "Gründliche und kostenlose Gesundheitsvorsorge, Betreuung und Behandlung für alle dauerhaft in Deutschland Lebenden." (S.125). Ich sehe das nicht als Einschränkung, sondern als Erweiterung auch auf Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft im Sinne der vollen rechtlichen Gleichstellung aller dauerhaft in Deutschland lebenden Migranten, egal welcher Nationalität und unabhängig von der Differenzierung in politische Asylbewerber, Geflüchtete vor der globalen Umweltkatastrophe und Arbeitsmigranten. Selbstverständlich fordern wir hier auch die gesundheitliche Versorgung von Asylbewerbern auf demokratisch-antifaschistischer Grundlage. Nicht in den kostenlosen Genuss der oben geforderten Leistungen kämen Angehörige ausländischer Truppen, die in Deutschland stationiert sind, Botschaftsangehörige, "Gesundheitstouristen" (in manchen deutschen Kliniken trifft man viele wohlhabende Patienten z.B. aus Saudiarabien etc.). Solidarische Hilfsaktionen bei Katastrophen vor Ort oder auch Herausholen von Verletzten und Kranken aus Krisengebieten und medizinische Versorgung in Deutschland sind nach meiner Auffassung damit überhaupt nicht ausgeschlossen, müssten dann aber über Massenspenden und Subbotniks finanziert werden - das alles weist in Richtung echter Sozialismus, auch wenn die einzelnen Forderungen im gemeinsamen Kampf auch jetzt schon durchgesetzt werden können.