Buchbesprechung
Horst Hensel: Salz & Eisen
Der Ruhrkampf 1920 mit der Roten Ruhrarmee zur Abwehr des Kapp-Putsches ist eines der heroischsten Kapitel der an heroischen Kapiteln wahrlich nicht armen Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung.
Horst Hensel, in den 1970er-Jahren des vorigen Jahrhunderts Sprecher des "Werkkreis Literatur der Arbeitswelt", hat es unternommen, den Verlauf dieses Kampfes, seinen Aufschwung, vorübergehenden Sieg und seine Niederschlagung in einem gewichtigen Epos darzustellen.
Es ist im Stil der heutigen Streamingserien geschrieben: eine Vielzahl miteinander verflochtener Handlungsstränge, in meist kurze oder auch lange Szenen unterteilt, ständiger Wechsel der Schauplätze und Figuren. Dutzende z. T. historisch verbürgte Personen treten auf. Dieses gewaltige Panorama, das alle wesentlichen Kräfte der damaligen Zeit vorstellt - Freunde, Feinde und auch unsichere Verbündete -, ist nie unübersichtlich. In den knapp drei Wochen der Handlungszeit des Romans, in diesem atemlosen An- und Abrollen der Kampfwogen der Arbeiter und ihrer faschistischen Feinde, entrollt sich auch ein reportagehaftes Gemälde der Arbeits- und Lebensbedingungen des Ruhrproletariats.
Durchschlagend die Entschlossenheit der vereinigten Arbeiter, sofort mit Beginn des Putsches nicht nur die Arbeit niederzulegen, sondern sich auch zu bewaffnen und die Macht im Revier zu übernehmen. Fast aus dem Nichts heraus entsteht die Organisation der Aktionsausschüsse und Arbeiterräte, bildet sich aus betrieblichen und örtlichen bewaffneten Gruppen die Rote Ruhrarmee, die den bis an die Zähne bewaffneten Putschisten schwere Niederlagen beibringt.
Doch diese straffe und umsichtige Organisation beruht weitgehend auf spontaner Grundlage. Über die Abwehr Kapps hinaus gibt es kein gemeinsames Ziel. Und es gibt keine zentrale Organisation und keine zielbewusste Führung. Die junge KPD - auch das zeigt dieses Buch - war dazu noch zu schwach und unentwickelt. Und so konnten nach der Zerschlagung des Putsches sich die damals wichtigsten Kräfte des deutschen Kapitalismus, konnten SPD und Militärfaschisten - eben noch Todfeinde - sich wieder zusammentun, um an den Ruhrarbeitern ein blutiges Exempel zu statuieren, das der gesamten deutschen Arbeiterklasse galt.
Schlecht ist, dass Hensel auf einige antikommunistische Schlenker nicht verzichten mag. Sie betreffen die russischen Kommunisten und sie werden von der Handlung selbst widerlegt, die zeigt, dass gerade eine bolschewistische Führung den Ruhrarbeitern gefehlt hat.
Horst Hensel: Salz & Eisen, Roman, 2024, IFB Verlag Deutsche Sprache, 64,90 Euro, ISBN 978-3-949233-14-2, ca. 1100 Seiten