Leserbrief
"Die politische Brisanz wird unterschätzt"
Die Rote Fahne Redaktion erreichte ein weiterer Leserbrief zum Artikel "Tarifrundenergebnis: Wenn Dich Deine Feinde loben". Reinhard Funk schreibt:
Der Artikel vom 27. Dezember 2024 auf Rote Fahne News geht auf die Berichterstattung in der bürgerlichen Presse und auf Reaktionen von bürgerlichen Monopolpolitikern zum VW-Abschluss ein. Richtig kritisiert er als Einfluss der kleinbürgerlichen Denkweise, unter der Losung: "Es hätte schlimmer kommen können", sich mit dem Abschluss zu arrangieren. Es ist richtig, sich mit Lohnkürzungen und der geplanten Vernichtung von zehntausenden von Arbeitsplätzen nicht abzufinden. Unterschätzt wird in dem Artikel jedoch, in welche politische Defensive der VW-Vorstand angesichts der großen Kampfentschlossenheit und – bereitschaft der VW-Kollegen gekommen ist.
Bis kurz vorm Ende der Verhandlungen pochte VW noch auf die Schließung von Werken. Die Bekanntmachung über das geplante Aus für das Werk in Emden durch die Kollegenzeitung Vorwärtsgang führte zu einer Unruhe und explosiven Stimmung im Werk. Nicht umsonst beschwor der IG-Metall-Bevollmächtigte in Emden über die Ostfriesenzeitung die Belegschaft, jetzt keine selbständigen Streiks loszubrechen und warnte vor der MLPD.
Der VW-Vorstand musste befürchten, dass sich die Belegschaften dies bei einer Bekanntgabe der Schließung des Werks in Emden oder auch von offenen direkten Massenentlassungen nicht gefallen lassen - und dass sich wachsende Teile an den Vorschlägen des Vorwärtsgang und der MLPD orientieren. Man kann sicher sein, dass dieser Bekanntmachung bei den Verhandlungen „am Tisch“ die entsprechende Rolle zukam und deshalb noch in letzter Minute die Reißleine: "Keine betriebsbedingten Kündigungen, keine Schließung von Werken" gezogen wurde.
Bei aller berechtigter Kritik an dem Tarifabschluss wäre es notwendig gewesen, sich die politische Defensive des VW-Vorstands und der Monopolpolitiker in Berlin - und die politische Kraft einer kämpferischen VW-Belegschaft - bewusst zu machen. Der Rote Fahne News-Artikel ist Ausdruck und bestärkt im Grunde eine negative Herangehensweise und hätte so einseitig nicht kommen dürfen. Nicht jammern über den Abschluss ist angesagt, sondern die Kräfte neu zu sammeln und im Bewusstsein der eigenen Stärke selbstbewusst - jetzt erst recht - entsprechend nachzulegen.
Hier geht es zu einem Leserbrief von Monika Gärtner-Engel zu diesem Thema