Militarisierung / Gesundheit

Militarisierung / Gesundheit

„Das Gesundheitswesen kriegstüchtig machen“?

Eine „Zeitenwende auch für das Gesundheitswesen“ fordert Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Das ist ganz im Sinne der herrschenden Regierungspolitik, die in raschem Tempo Deutschland allseitig „kriegstüchtig“ machen will.

Von Dr. med. Willi Mast
„Das Gesundheitswesen kriegstüchtig machen“?
(rf-foto)

Hinter den Kulissen wird an einem Gesundheitssicherstellungsgesetz gearbeitet. Bereits in der nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung vom Juni 2023 werden Ziele formuliert: „Eine effiziente und dezentrale Bevorratung von Arznei- und Medizinprodukten sowie regelmäßige Ernstfallübungen für das Personal.“ Gemeinsam mit Ärztekammern finden Symposien zur militärisch-zivilen Zusammenarbeit statt– z.B. zum Thema “Im Ernstfall: Was bedeutet Kriegsmedizin?“.


Bereits der Ärztetag in Bremen 2022 schlug neue Töne an und forderte - bei zwei Gegenstimmen - eine adäquate Beteiligung des Sanitätswesens der Bundeswehr bei der Verteilung des 100-Mrd.-Sondervermögens. Ganz im Gegensatz zur Resolution des Ärztetags von Rostock 2002: „Sicherheit kann nur erreicht werden, durch den Auf- und Ausbau stabiler Sozialsysteme und durch gerechte Verteilung der Ressourcen dieser Welt …“.


Verkauft wird die Militarisierung des Gesundheitswesens meist mit notwendigen „Sicherheitsvorkehrungen“ angesichts des Ukrainekriegs und mit dem Verweis auf Zivil- und Katastrophenschutz. Darunter fallen neben Umwelt- und Naturkatastrophen, Pandemien und auch chemische und nukleare Unfälle sowie militärische Konflikte. Auch von „CBRN-Gefahren“ ist die Rede – also chemische, biologische, radiologische und nukleare Einwirkungen.

Pershing-II-Mittelstreckenraketen - hier 1987 in den USA (foto: gemeinfrei)
Pershing-II-Mittelstreckenraketen - hier 1987 in den USA (foto: gemeinfrei)

Chronik

 

  • 1955 Gründung der Bundeswehr
  • 1968 Verabschiedung der Notstandsgesetze und Gründung der Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie
  • 1979 NATO-Doppelbeschluss zur Stationierung von atomar bestückten Mittelstreckenraketen in der BRD. In der US-Administration wird über die Begrenzung eines Atomkriegs auf Europa diskutiert
  • 1979 Referentenentwurf für ein Gesundheitssicherstellungsgesetz. Darin enthalten: Dienstverpflichtung von Gesundheitspersonal, die Einübung der Triage (die Sichtung von Kriegsverletzten nach Überlebenschancen) etc.
  • 1979 Gründung der IPPNW (Int. Ärzte für die Verhinderung eines Atomkriegs). Zentrale Aussage: „Wir werden Euch nicht helfen können“.
  • 1989 Verzicht auf ein Zivilschutzgesetz auch aufgrund der massiven Proteste

Nicht nur mit der Eskalation des Ukrainekriegs - auch international wächst die Gefahr, dass die Kriege sich zu einem Dritten Weltkrieg ausweiten. Die Kriegsvorbereitungen im Gesundheitswesen dienen auch der psychologischen Kriegsvorbereitung. Diese hat aktuell Hochkonjunktur mit Propagandaveranstaltungen der Bundeswehr wie „Zeitenwende on tour“.


Die Mehrheit der Bevölkerung - und auch der Beschäftigten des Gesundheitswesens - lehnt die Krisen- und Kriegspolitik ab. Der Aufbau einer neuen Friedensbewegung ist aber noch schwach. Manche erkennen noch nicht, dass der Ukrainekrieg sowohl vonseiten des neuimperialistischen Russland wie vonseiten der NATO ein imperialistischer Krieg ist.


Wir sind herausgefordert, die aktuellen Kämpfe im Gesundheitswesen, im Stahlbereich und in der Automobilindustrie mit dem Kampf gegen die Kriegstreiber zu verbinden. Die imperialistischen Kriegsvorbereitungen können sehr wohl gestoppt werden. Das zeigen die Kämpfe der Friedensbewegung in den 1980-er Jahren. Das zeigt auch aktuell der erfolgreiche Kampf der Arbeiterklasse in Südkorea: Nach Massendemonstrationen und der Ausrufung eines Generalstreiks musste der Staatspräsident bereits nach vier Stunden die Verhängung des Kriegsrechts zurücknehmen.