Brief an Annalena Baerbock
„Wir denken nicht einmal im Traum daran, unsere Waffen niederzulegen!“
Und während HTS ihre Ideologie nun auch in offizielle Regierungspolitik gießen will und die Anführer der HTS und SNA-Söldner neue Ministerposten in Damaskus beziehen, greifen sie weiterhin, gestützt durch Luftangriffe der Türkei, die Gebiete der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) an.
Und während al-Jolani mit den ersten Gästen aus der Türkei, den USA und Frankreich Hände schüttelt, sind es die Milizen der SNA, die in den besetzten Gebieten von Efrîn und Şehba Frauen entführen, einsperren und foltern, weil sie „mit der DAANES zusammenarbeiten“.
Und während eine ganze Reihe von SNA- und HTS-Söldnern mit IS-Aufnähern an ihrer Uniform herumlaufen, überfällt der wiedererstarkte IS ergänzend dazu in alter Manier wohlgemerkt nicht nur die kurdischen Gebiete der DAANES. Es muss klar gesagt werden, dass es hierbei NICHT um Sicherheitsbedenken der Türkei geht, sondern um die Auslöschung der Idee und Praxis eines demokratischen, multiethnischen und multireligiösen Syriens.
Ganz unbeeinflusst von alledem steht nun die deutsche Außenministerin an der Seite ihres türkischen Amtskollegen Hakan Fidan und fordert in Anbetracht der weiter eskalierenden Angriffe seitens der von der Türkei gesteuerten SNA-Söldner dazu auf, die Waffen niederzulegen. Sie fordert dies jedoch nicht von den SNA-Söldnern, die bekannt sind für ihre Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen. Sie fordert dies auch nicht von der türkischen Armee, wenn sie die Bevölkerung der DAANES völkerrechtswidrig auf syrischem Territorium angreift. Nein, sie fordert kurdische Frauen und deren mit ihnen auf dem gleichen Land lebende verbündete arabische, armenische, assyrische und chaldäische Frauen auf!
Es ist keine zwei Jahre her, da hielt Annalena Baerbock noch Schilder mit der Aufschrift „Jin, Jiyan, Azadî“ in die Höhe. Nun können wir nur spekulieren, was sie dazu veranlasst hat, nicht weiter an der Seite der kurdischen Frauen zu stehen, sondern sich an die Seite von Erdogan und Fidan zu stellen. Gerne möchte ich unsere Außenministerin einladen, selbst nach Syrien zu kommen und unsere Situation am eigenen Leib zu erleben. Frau Baerbock, würden sie sich hier sicher fühlen ohne bewaffneten Schutz? Sie sind hier immer herzlich willkommen. Und Sie können sich gewiss sein, so wie wir jede Frau in der DAANES schützen, so werden wir auch Sie hier mit unseren Waffen schützen, wenn sie in die DAANES kommen.
Ich als Internationalistin in der DAANES, die sich entschieden hat, an der Seite von Kurdinnen, Araberinnen, Armenierinnen, Assyrerinnen, Chaldäerinnen gegen den islamistischen Faschismus zu kämpfen und nicht nur große Worte zu spucken, kann jedenfalls sagen: „Nicht einmal im Traum werden wir unsere Waffen niederlegen!“ Denn wir lieben unser Leben und wir lieben das freie Leben, das wir hier Schritt für Schritt aufbauen. Wir werden uns nicht von islamistischen Söldnern überrennen, vergewaltigen, ermorden und schänden lassen. Wir haben uns bewaffnet, weil es notwendig ist. Wir verteidigen uns mit der Waffe in der Hand, weil wir die Rolle des Kriegsopfers nicht länger akzeptieren.
Dokumentiert von ANF