Ukrainekrieg: Abschuss eines Zivilflugzeugs

Ukrainekrieg: Abschuss eines Zivilflugzeugs

Russische Regierung räumt den Beschuss durch Flugabwehr ein

Nach dem Absturz eines aserbaidschanischen Flugzeugs mit 38 Toten und 29 Überlebenden am 25. Dezember in der Nähe von Aktau in Kasachstan ist nun offiziell bestätigt, dass die Maschine von der russischen Luftabwehr beschossen wurde. Der Fall zeigt in aller Deutlichkeit, wie unbeherrschbar das Kriegsgeschehen jetzt schon ist.

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Russische Regierung räumt den Beschuss durch Flugabwehr ein
Bei dem Flugabwehrsystem, das die Zivilmaschine beschädigte und letztlich zum Absturz führte, soll es sich um eine mobile Objektverteidigungseinheit vom Typ Pantsir-S1 gehandelt haben. (Bildlizenz: CC BY-SA 4.0)

Beim Aufprall ging das Flugzeug zum Teil in Flammen auf. Die meisten Überlebenden befanden sich zum Zeitpunkt des Absturzes im Heck der Maschine. Die Maschine vom Typ Embraer 190 mit der Flugnummer J2-8243 war laut Fluggesellschaft auf dem Weg von Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, nach Grosny, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Der Notfall muss, nachdem, was bisher bekannt ist, über russischem Luftraum eingetreten und auch gemeldet worden sein.

 

Der Chef der russischen Luftfahrtbehörde Rosawiazija, Dmitri Jadrow, bestätigte schon am Freitag, dass das Flugzeug aus Sicherheitsgründen nicht am geplanten Zielflughafen in Grosny landen konnte. "Die Situation an diesem Tag und während dieser Stunden im Bereich des Flughafens von Grosny war sehr kompliziert", erklärte er. Ukrainische Drohnen hatten zu diesem Zeitpunkt "Angriffe auf die zivile Infrastruktur in den Gebieten Grosny und Wladikawkas" geflogen. Deswegen war der Flughafen gesperrt, die Maschine aus dem Kampfgebiet heraus geleitet und stürzte letztlich in Kasachstan ab – dass sie so weit kam, lässt die Einschätzung, dass sie die Strecke hätte schaffen können, durchaus realistisch erscheinen.

"Kollateralschaden" ist zwangsläufiger Bestandteil der imperialistischen Kriegsführung

Gestern kam nun die offizielle Bestätigung von russischer Seite in Form einer Entschuldigung des russischen Präsidenten Putin selbst, wenn auch halbseiden, insofern die Ursache letztlich bei den ukrainischen Drohnenangriffen läge. Das ist nicht völlig falsch, aber auch nicht richtig.

 

Niemand kann ernsthaft unterstellen, dass es sich um einen absichtlichen Abschuss handelte. Dass das Gebiet um Grosny zu dem Zeitpunkt von ukrainischen Drohnen angegriffen wurde, ist unstrittig. Dadurch, dass die Ukraine Ziele – zivil und militärisch – bis weit nach Russland hinein angreift, ist das Kriegsgebiet objektiv ausgeweitet worden. Im vorliegenden Fall hat sich das zweifach ausgewirkt: Erst wurde die Maschine durch russisches Flugabwehrfeuer beschädigt, dann wurde eine Landung am nächstliegenden Flughafen verweigert, weil dieser selbst im aktiven Kampfgebiet lag.

 

Dennoch tragen die russischen Behörden natürlich konkret die Verantwortung für die Tragödie. Man darf sich aber nicht der idealistischen Illusion hingeben, dass sie in einem solchen Krieg vermeidbar war. Diese von beiden Seiten betriebene Form der Kriegsführung nimmt zivile Opfer billigend in Kauf. Solche Vorfälle zeigen auch das mit ihnen einhergehende Risiko einer weiteren, unabsichtlichen Eskalation des Kriegs.