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Schluss mit den Geheimverhandlungen! Was raus kommt, müssen die Belegschaften entscheiden!

Seit vier Tagen sprechen der VW-Vorstand und die IG-Metall-Führung in Geheimverhandlungen miteinander – ohne bisher ein Ergebnis vorzulegen. Erstmals finden die Verhandlungen auch ohne gleichzeitig stattfindende bundesweite Warnstreiks der VW-Belegschaften statt. Wer Verhandlungen hinter verschlossenen Türen durchführt, ohne Infos über Stand und Gegenstand der Verhandlungen an die Belegschaften, muss sich die Frage stellen, ob bzw. was es denn zu verbergen gibt. Ist doch die größte Sorge offensichtlich, dass die Kollegen „verprellt“ werden könnten.

Von Korrespondenten / gp
Schluss mit den Geheimverhandlungen!  Was raus kommt, müssen die Belegschaften entscheiden!
Warnstreik bei VW in Kassel Anfang des Monats (rf-foto)

Die Kollegenzeitung „Vorwärtsgang“, die gestern abend und heute vor den Werkstoren verteilt wurde, hatte erste brisante Informationen zu den aktuellen Verhandlungen veröffentlicht (Rote Fahne News berichtete). In dem Flugblatt heißt es u.a. zu den Einzelheiten der Verhandlungen: „Wenn das alles so zutrifft, dann ist die Verhandlungsführung der IG Metall auf dem Holzweg in den Untergang.“

 

Die Veröffentlichung des „Vorwärtsgang“ wirkte wie ein Stich ins Wespennest, hat zu heftigen Diskussionen in den Belegschaften geführt, aber auch im bürgerlichen Blätterwald. Der Ostfriesische Kurier kritisiert, dass das Extra unverantwortlich „Öl ins Feuer gieße“. Der zweite IG-Metall-Bevollmächtigte in Emden, Thomas Preuß, reagiert nach dem Motto, „getroffene Hunde bellen“ und nennt die in diesem Flugblatt getroffenen Aussagen „verantwortungslos und egoistisch. Diese Partei spielt mit den Ängsten der Arbeiter“.

 

Wenn einer mit den Ängsten der Arbeiter spielt, dann ist es jedoch der VW-Vorstand, der die massiven Angriffe auf die VW-Belegschaften vorantreibt. Dabei kommen selbst in der öffentlichen Presse immer mehr Gerüchte auf, um welche Dimension es gehen soll: Keine E- Auto-Produktion mehr in Zwickau ist demnach im Gespräch, der Abzug der Golf-Produktion aus Wolfsburg nach Mexiko etc.

 

Die IG-Metall-Führung muss sich die Frage gefallen lassen, warum sie peinlich darum bemüht ist, den Belegschaften alle Infos vorzuenthalten. Auf jeden Fall sollte klar sein: Ohne die Belegschaft zu befragen, darf es kein Ergebnis geben.

 

  • Weg mit dem Horrorplan von VW! Keine Kapitulation vor VW!
  • Erhobenen Hauptes für unsere Arbeiterinteressen kämpfen!
  • Einleitung der Urabstimmung sofort und Vollstreik!
  • Für ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht!“

 

Rote Fahne News bringt hier Auszüge aus Berichten von Einsätzen an VW-Toren:

 

Emden

In strömendem Regen und bei steifer Brise verteilten wir heute morgen den neuesten Vorwärtsgang - Extra. Viele Kolleginnen und Kollegen kamen teils extra zurück, um sich einen zu holen. Einige waren schon informiert, da der Vorwärtsgang viral gegangen war und sich in Windeseile verbreitete. Die Geheimverhandlungen zwischen Management und der IG Metall und Betriebsrat gehen vielen an die Nerven. Die Unsicherheit, was wird, gerade vor Weihnachten, ist unerträglich - Weihnachtsstimmung kommt da nicht auf.

 

Viele wollten in den letzten Wochen nicht glauben, dass ein Werk, welches erst in den letzten Jahren für mehr als 1,2 Mrd. Euro auf E-Autos umgerüstet wurde, zur Debatte steht. Und nun die durchgesickerten Schließungsabsichten ab 2030 - das schockte! Einige schimpften auf das Management "asoziales Pack" oder warfen die Frage auf, was eigentlich mit der Autoverschiffung aus Emden dann wird. "An dem Werk hängen locker 30.000 bis 50.000 Arbeitsplätze - das können wir uns doch nicht bieten lassen."

 

Ein anderer sagte: "Wenn solch einem Mist, ohne einen richtigen Streik zu machen, zugestimmt wird, dann grenzt das an Verrat! Nachdenklich sagte ein Kollege - "was macht dann Betriebsratsvorsitzende Cavallo, sie hat doch ihre eigene Zukunft davon abhängig gemacht. Mit ihr seien Werksschließungen nicht zu machen". Die Idee eines unbefristeten Streiks ab Anfang Januar findet immer mehr Anhänger.

 

Zur Mittagsschicht hörten wir aber auch "das sind doch Fake-News - wir werden ganz anders informiert" oder "das ist doch nicht in Ordnung die Kolleginnen und Kollegen so zu verunsichern" - ganz offensichtlich wird gegen die Kollegenzeitung geschossen. Wer Verunsicherung verbreitet, ist aber doch ganz klar - es ist die Vorstandsetage mit ihrem Horror-Katalog!

Zwickau

Wie viel Angst hat die Konzernspitze? Heute Morgen und mittags wurde die Extra-Ausgabe der Kollegen-Zeitung "Vorwärtsgang" am VW-Werk Zwickau verteilt. Die Werksleitung reagiert sichtlich und zunehmend nervös. Etliche Kolleginnen und Kollegen waren dankbar für die Infos aus der Verhandlungsrunde zwischen VW und der IG Metall, die im neuen "Vorwärtsgang" veröffentlicht wurden. Nur eine kleine zum Teil aggressive Minderheit reagiert mit antikommunistischen Sprüchen oder AfD-Slogans. Die Zustimmung zu einem entschlossenen Kampf wächst. Das spürt offenbar auch die Chefetage.

 

Binnen einer Schicht wurde von früh auf Mittag der heute morgen noch öffentliche Raum um die Packstation am Eingang wieder zum Werksgelände erklärt und die Polizei gerufen. Ein Kollege, der nur mit einem Schild darauf aufmerksam machte, dass die Extra Ausgabe bei der Packstation erhältlich ist, erhielt ebenfalls einen polizeilichen Platzverweis. Für eine Zuwiderhandlung wurde ihm vom Polizeihauptmeister Vogel freundlich, aber unnachgiebig unmittelbarer Zwang angedroht, wenn er dem nicht Folge leiste.

 

Jörg Weidemann, Landesvorsitzender der MLPD, unterstützte die Verteilung. Gegenüber Rote Fahne News erklärte er: "Für uns von der MLPD ist es Ehrensache, die Kolleginnen und Kollegen in ihrem Kampf zu unterstützen. Wie viel Angst muss eigentlich VW vor seiner Belegschaft und dem 'Vorwärtsgang' haben, wenn er ihn derart unterdrückt. Was soll das für eine Demokratie sein, wo man nicht einmal ein Schild hochhalten darf, wenn es VW nicht passt? Legal ist es in dieser Pseudo-Demokratie dagegen offensichtlich, Werke zu schließen, Löhne zu kürzen und Arbeiterfamilien in Arbeitslosigkeit bis hin zu Armut zu stürzen."

 

Vielen Kollegen zauberte unser schönes Schild allerdings trotz der harten Zeiten ein Lächeln ins Gesicht. Sie honorieren, dass sich die Leute um den Vorwärtsgang nicht unterkriegen lassen und ihnen immer etwas Neues einfällt. Auch deshalb spendeten einige für den 'Vorwärtsgang'."

Kassel

In der Nachtschicht am Mittwoch, 18. Dezember, und am Donnerstag in der Frühschicht wurde der „Vorwärtsgang Extra“ bei VW Baunatal verteilt. Es wurde nur an zwei Toren verteilt, da seit Mittwochabend die Produktion schon massiv reduziert worden war und ein großer Teil der Belegschaft am Donnerstag schon zu Hause war. 


Interessiert wurde die Zeitung genommen. Die Stimmung war teilweise wütend, aber auch ungläubig: „Woher wollt ihr das denn wissen?“, wurde gefragt. Auf das Argument, dass ein Vollstreik und das Vertrauen auf die eigene Kraft unsere Sache voranbringen müssen, gab es mehrheitlich Zustimmung, aber auch verhaltene Reaktionen. Auf jeden Fall hoffen viele, dass es im Januar zur Urabstimmung kommt. 

Wolfsburg

Wir sprachen die Kolleginnen und Kollegen mit: „Jetzt Urabstimmung – statt sich vor Weihnachten noch über den Tisch ziehen lassen“ an. Wir konnten mit Kolleginnen und Kollegen aus der Frühschicht und vielen der herauskommenden Nachtschicht sprechen.


Die Stimmung war insgesamt freundlich. Die meisten hatten von den Zugeständnissen, die in der Diskussion sind, noch nichts gehört: „Die Medien bringen ja nichts“. An dem Thema herrschte natürlich viel Interesse. Eine Minderheit sagte „Hört sich nicht gut an, was da durchsickerte“.


Auf unser Argument, „Warum jetzt so schnell abschließen? Die Kampfkraft ist doch da. Deshalb Urabstimmung einleiten“, bekamen wir auch zu hören: „Urabstimmung? Auf jeden Fall! Wir streiken!“. Allerdings gab es eine so klare Zustimmung nur sehr selten.

Aus einem weiteren Werk wird berichtet:

Gestern beim Schichtwechsel von Spät- zur Nachtschicht und in der Nachtschicht in einem VW-Werk. Fast alle hatten die Enthüllungen des Vorwärtsgang mitbekommen. Unglaube, Skepsis, aber auch Wut und Enttäuschung prägen die Gespräche. „Ob es so kommt?“ Das fragen sich viele. Die meisten sagen: „Wenn das nur annähernd in die Richtung geht, wie der Vorwärtsgang schreibt, dann ist das ein Hammer.“ Große Wut auf VW: „Hier geht die Menschlichkeit total verloren“, „Wer will denn in drei Jahren noch hier arbeiten?“ Enttäuschung über die Verhandler, wenn das das Ergebnis sein soll: „Unsere Betriebsräte sind schwach geworden“, „Wenn das so kommt, dann sollen die ihren Job niederlegen“. Große Zustimmung, dass wir Urabstimmung und Vollstreik brauchen. „Wir müssen zeigen, was wir können“, „Das Werk mal zwei Wochen stilllegen, dann merken die was!“ Zunehmende Zustimmung zum Weg des selbständigen Streiks, Nicken, Nachdenklichkeit. „Heute Abend – nee. Aber nächstes Jahr…“, „2025 wird ein wildes Jahr“, „Selbständiger Streik – Ja!“, „Ich habe ein Wohnmobil, das ist sieben Meter lang. Das können wir quer vors Haupttor stellen und Streikposten damit machen. Dann wird das nicht so kalt.“


Die Rote Fahne Redaktion wird weiter berichten.