Polarisierte Debatte im Bundestag

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Tausende demonstrieren für die ersatzlose Streichung des § 218

„Streicht den § 218 ersatzlos aus dem Strafgesetzbuch, ersetzt die Beratungspflicht durch ein Recht auf freiwillige Beratung und sorgt für die vollständige Kostenübernahme für alle!“[1]. Dafür demonstrierten tausende Menschen am 7. Dezember in Berlin und Karlsruhe.

von bl/uh
Tausende demonstrieren für die ersatzlose Streichung des § 218
(Foto: Frauenverband Courage)

Seit 153 Jahren wird Abtreibung als Verbrechen verfolgt. Seit 1995 bleibt sie in Deutschland straffrei bei medizinischen Gründen, nach einer Vergewaltigung oder in den ersten drei Monaten nach einer Zwangsberatung mit anschließender dreitägiger Bedenkzeit. Grundsätzlich ist sie aber auch dann eine Straftat. Folglich werden die Kosten nicht von den Krankenkassen übernommen, die Ausbildung dafür ist nicht Bestandteil des Medizinstudiums und es wird immer schwerer, eine Klinik oder eine Praxis zu finden, die den Eingriff durchführt. Deren Zahl hat sich in den letzten 20 Jahren halbiert. In jedem fünften Landkreis gibt es keinen angemessen erreichbaren Zugang zu Abbrüchen. Das belegt die im April 2024 abgeschlossenen ELSA-Studie. [2] Bei den Demonstrationen berichteten Frauenärztinnen in weißen Kitteln über die Nöte und den psychischen Druck bei ihren Patientinnen.

 

Eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs ist längst überfällig. Diese Meinung teilen Dreiviertel der Befragten einer Umfrage des Bundesfamilienministeriums. [3] Eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission empfahl im April 2024, den Abbruch in der Frühschwangerschaft zu legalisieren – ein Zugeständnis an die kämpferische Frauenbewegung. Dem folgten Tatenlosigkeit der Bundesregierung und Proteste dagegen. Im November brachten schließlich 328 Bundestagsabgeordnete aus den Reihen der Grünen, der SPD und der Linken einen Gesetzesentwurf auf den Weg, der kritisch zu beurteilen ist.[4] Er sieht vor, den Schwangerschaftsabbruch statt im Strafgesetzbuch im Schwangerschaftskonfliktgesetz zu regeln. Bis zur 12. Woche soll er möglich sein – nach einer Pflichtberatung, aber ohne die bisherige dreitägige Wartefrist, ebenso bei medizinischen Gründen oder einer Vergewaltigung. Damit wäre ein von der Schwangeren gewollter Schwangerschaftsabbruch keine Straftat mehr - ein zu begrüßender Fortschritt. Das Festhalten an der Zwangsberatung spricht dennoch den Frauen eine eigenständige Entscheidung über ihren Körper und ihr Leben ab. Sie diene „der Erfüllung der Schutzpflicht des Staates gegenüber dem Embryo/Fötus“. Damit löst sich das Gesetz nicht von dem zutiefst reaktionären Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1993, wonach die schwangere Frau die „grundsätzliche Pflicht zum Austragen des Kindes“ habe. Der Staat müsse dafür sorgen, dass sie dieser nachkomme.

 

Darauf berief sich die AfD explizit bei der ersten Lesung des Entwurf im Bundestag am 5.12.24. „Sie wollen den Schutz des Lebens abschaffen, und zwar aus rein ideologischen Gründen“, spielte sich die berüchtigte AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch auf, die an den Grenzen ganz unideologisch auf Geflüchtete schießen lassen will. Praktische Gründe für eine Neuregelung gebe es keine. Schon jetzt könnten Frauen ihr Ungeborenes straffrei töten. [5]

 

Diese Diffamierung von Frauen, die sich gegen die Fortsetzung einer Schwangerschaft entscheiden, als Mörderinnen ist inakzeptabel. Mal abgesehen davon, dass die AfD sehr wohl eine Neuregelung will – nämlich eine weitgehende Beschränkung des Schwangerschaftsabbruchs und eine völkische Gebärpflicht, hat sie mit dem Töten von geborenen Menschen etwa durch imperialistische Kriege kein Problem. Lebensschutz für Menschen auf der Flucht vor Kriegen, Armut, Unterdrückung oder Umweltkatastrophen ist ihr keinen Pfifferling wert. [6] [7] Wer die AfD wählt, wählt faschistische Unterdrückung auch von Frauenrechten!

 

Auch die CDU/CSU hält am bestehenden Gesetz fest. „Wir sind die einzigen Anwältinnen und Anwälte für das ungeborene Leben“ so Dorothee Bär (CSU). Damit wird scheinheilig die Kontrolle über den Körper und das Leben der Frauen gerechtfertigt. Diese ist Ausdruck ihrer besonderen Unterdrückung im Kapitalismus und Teil der Kontrolle der Fortpflanzung entsprechend den Erfordernissen der kapitalistischen Ausbeutung, Unterdrückung und „Kriegsfähigkeit“. Weltweit ist heute der Kampf für einen legalen und sicheren Schwangerschaftsabbruch notwendiger Teil des Kampfs gegen Rechtsentwicklung, Reaktion und Faschismus. Das ist auch ein Prüfstein bei den Bundestagswahlen.

 

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Die MLPD fordert in ihrem Programm das „Recht auf sexuelle Selbstbestimmung“ und hält ohne Wenn und Aber an der „Ersatzlosen Streichung des § 218“ fest (S.122). „Make Socialism great again“  so ein Plakat der internationalistischen Liste/MLPD. Sozialismus bedeutet für die Frauen auch die Selbstbestimmung über ihren Körper. Das war eine der ersten Entscheidungen 1917 nach der Oktoberrevolution in Russland. Ein Verrat an den Frauen und der Arbeiterklasse war 1936 die Abschaffung dieses Rechtes durch das neue Familiengesetz. Und ein Schritt hin zum Verrat am Sozialismus und zur Restauration des Kapitalismus.

 

Mehr denn je gehören die Befreiung der Frau und der echte Sozialismus als gesellschaftliche Alternative  in den Bundestagswahlkampf. Daher: Unterstützt den Kampf um die Zulassung der  Internationalistischen Liste/MLPD zur Bundestagswahl und ihren Wahlkampf!  Solidarisiert euch gegen die undemokratischen, antikommunistischen Angriffe auf die Parteieigenschaften der MLPD durch den Bundeswahlausschuss.