Diskussionsbeitrag zum Jugendschutz

Diskussionsbeitrag zum Jugendschutz

Australien: Zugang zu „sozialen Medien“ erst ab 16 Jahre

Mit großer Mehrheit wurde im australischen Parlament ein Gesetz zum Jugendschutz verabschiedet. Demnach haben Jugendliche erst ab 16 Jahren Zugang zu sozialen Medien wie Instagram, Facebook und Tiktok. Die Risiken und negativen Folgen der exzessiven Nutzung von sozialen Medien und Internet bei Kindern und Jugendlichen treten zunehmend in Erscheinung.

Von Dr. med. Willi Mast

Erzieher, Pädagogen und Kinderärzte berichten über zunehmende Defizite bei der psychomotorischen Entwicklung, der Sprachkompetenz und Kommunikationsfähigkeit, über Schulschwierigkeiten, Depressionen und Suizidneigung, Cyber-Mobbing und Internetsucht. Pornographie, Fake News und falsche Vorbilder („Influencer“) begünstigen eine Störung von Selbstwahrnehmung und Körperbild, Magersucht und Essstörungen, Bewegungsarmut und Suchtverhalten. Suchtstrukturen werden bereits im Vorschulalter im Gehirn erzeugt und der natürliche Bewegungsdrang wird unterdrückt. Erzieher berichten über einen dramatischen Anstieg von Autismus und Verhaltensstörungen. Eigentlich müsste man von einer massenhaften staatlich erlaubten Kindeswohlgefährdung sprechen.

 

Wie man bereits im Straßenbild erkennen kann, verdrängt das Smartphone bei vielen Menschen zunehmend die analoge Wahrnehmung und Kommunikation. Und Erwachsene sind dabei oftmals schlechte Vorbilder für ihre Kinder. Laut der Bitkom-Studie sind mehr als 70% der Erstklässler bereits online, ab dem 12. Lebensjahr sind es bereits 98 %. Jugendliche sind inzwischen 72 Stunden pro Woche online, 4,6 Stunden davon für schulische und Ausbildungszwecke. Hier ist das Internet tatsächlich eine gute Ergänzung und Möglichkeit zur Recherche und Bildung. Das gilt besonders für Jugendliche in armen Ländern, die sonst kaum Zugang zu Bildung haben.

 

Offensichtlich wird der Hype um digitale Medien auch für die herrschende Klasse inzwischen zu einem Bumerang, wenn ein wachsender Teil der lernenden Jugend bereits chronisch krank und den Anforderungen einer Ausbildung und des Berufsalltags zum Teil nicht mehr gewachsen ist. Die Einschränkungen in Australien könnten für Internet-Monopole evtl. auch schmerzhaft sein, weil sie verpflichtet sind, keine Nutzer unter 16 Jahren mehr zuzulassen. Elon Musk, der Eigentümervon X, früher Twitter, sieht damit sogar „die Redefreiheit in Gefahr“. Interessant ist andererseits, dass die Mehrheit - auch unter Jugendlichen - in Australien und in Deutschland Einschränkungen der Smartphone- und Internetnutzung begrüßen - „man ist einfach zu viel am Handy.“

 

Diese Diskussion hat auch eine grundsätzliche weltanschauliche Dimension. „Die menschliche Psyche kann sich nicht gesund entwickeln, wenn Menschen dauerhaft die objektive Wirklichkeit zu verdrängen und auszublenden versuchen. ... Der zunehmend ausgedehnte Gebrauch von Computer und Handy hinterlässt eine Strukturierung im Gehirn von Kindern. ... Der Idealismus erzeugt chronische Probleme oder gar Unfähigkeit, mit Widersprüchen richtig umzugehen“, heißt es in dem Buch „Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft" Stefan Engel (Seite 146). Es lohnt sich, diesen Aspekt in der Diskussion um die Nutzung digitaler Medien zu vertiefen.