Zweite Runde der Warnstreiks bei VW
Große und kämpferische Beteiligung und einige selbstständige Aktionen
An der heute begonnenen zweiten Runde der Warnstreiks bei VW beteiligten sich bis zum Nachmittag bereits 68.000 Beschäftigte an neun von zehn VW-Standorten (Zwickau, Hannover, Emden, Kassel-Baunatal, Braunschweig, Salzgitter, Chemnitz, Wolfsburg, „Gläserne Manufaktur“ Dresden). Allein in Wolfsburg waren es 38.000 VW-Beschäftigte. „Die Leute sind sehr entschlossen und sehr wütend“, sagte Kassels IG Metall-Sekretär Dennis Schindehütte laut Zeit online. Es gab laute Pfeifkonzerte Richtung Vorstand und Sprechchöre „Streikbereit! Bundesweit!“
Ein Teilnehmer aus Kassel berichtet, dass „eine Gruppe von Kollegen Schilder mit klaren Forderungen vor das Tor trug: ‚Urabstimmung – Vollstreik!‘ und ‚Kampf um jeden Ausbildungs- und Arbeitsplatz!‘. Die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt, als um 12 Uhr die Lehrlinge in einem Demonstrationszug zum Tor kommen: ‚Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut.‘“.
Die Taktik der IG Metall, den Warnstreik als Frühschlussaktion durchzuführen, wurde von vielen Kolleginnen und Kollegen kritisiert. Schließlich liegt die Stärke von kämpfenden Belegschaften unter anderem gerade in ihrer Organisiertheit und Masse und nicht darin, stattdessen alleine zu Hause zu sitzen. Das ist auch kontraproduktiv gegenüber der Tatsache, dass die überwältigende Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen an den Kämpfen teilnimmt und sich die Stimmen nach richtigem Streik mehren! Die VW-Kolleginnen und Kollegen wollen und können mehr!
Aus Kassel wird berichtet: „Alle Bänder standen still. Ca. 15-20 Beteiligte machten eine selbständige Kundgebung vor dem Haupttor - viel beachtet unter den Arbeitern, auch in den Medien. Den Kollegen der MLPD gegenüber gibt es eine wachsende Offenheit und am meisten wurde diskutiert, wenn der Zusammenhang von gewerkschaftlichen und selbständigen Aktionen im Mittelpunkt stand. Manche Adresse wurde ausgetauscht und zehn Streikrechtsbroschüren gegen Spende weitergegeben. Es gab auch eine Reihe grundsätzlicher Diskussionen über den Kapitalismus als Ursache des Problems. Es ist aber auch noch viel zu klären: Kann ich kämpferisch sein und mich gleichzeitig gegen Arbeiter in anderen Ländern, zum Beispiel China, wenden? Nein, denn: Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten! Gegen den VW-Konzern muss bundes-, branchen- und sogar weltweit gekämpft werden – mit der IG Metall und, wo sie nicht kann, auch ohne sie und selbstständig!“
IGM-Verhandlungsführer Gröger sprach vielen Kolleginnen und Kollegen aus dem Herzen, wenn er vom „Streikhammer“ sprach, der auf den „Sparhammer“ des Vorstands folgen muss. Auf einen groben Klotz gehört auch tatsächlich ein grober Keil. Aber warum – laut Gröger - erst im neuen Jahr 2025!? Der heutige Tag zeigte einmal mehr, dass er jetzt erforderlich ist und die Belegschaften dazu bereit stehen. Auch im kämpferischen Zusammenschluss über Konzern- und Branchengrenzen hinweg mit den Belegschaften von Bosch, ZF, Thyssenkrupp und vielen weiteren, die ebenfalls mit offenen Angriffen der Monopole auf die Löhne und Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie einen insgesamt offen reaktionären Kurs konfrontiert sind.
Die heutigen Warnstreiks waren daher auch verbunden mit intensiven Diskussionen und Auseinandersetzungen, jetzt mit Urabstimmung und konsequenter Arbeitsniederlegung in einen Vollstreik überzugehen. Statt diese erst mal nur von 2 auf 4 Stunden pro Schicht zu steigern. Vor allem kann es nicht darum gehen, eine etwas lautere Begleitmusik zu Verhandlungen zu betreiben oder gar von vornherein Kompromissbereitschaft zu signalisieren. Die Lohnforderungen von 7 Prozent in der Tarifrunde und dass der gesamte Plan zur Vernichtung von bis zu 30.000 Arbeitsplätzen sowie die geforderten Lohnkürzungen vom Tisch kommen, dafür braucht es den Einsatz der vollen gewerkschaftlichen Kampfkraft. Darüber hinaus muss sich das mit selbständigen Streiks durchdringen, um die Konsequenz zu unterstreichen. Eine andere Sprache versteht der VW-Vorstand nicht.
Eine Teilnehmerin in Braunschweig berichtet: „Nach meinem Eindruck ist die Kampfbereitschaft weiter gestiegen, die Beteiligung am Warnstreik sehr hoch und die Zustimmung, dass man richtig streiken müsste. Von den Verhandlungen erwartet sich die Mehrheit nichts. Kernfrage ist, ob sich zugetraut wird, anzufangen, wie man das organisieren kann, das andere mitmachen“. Aber es gab wieder kleinere selbständige Versammlungen, Plakataktionen und ähnliches, in denen die Auseinandersetzungen vertieft und das Organisieren von Kämpfen "trainiert" wurde.
Kolleginnen und Kollegen aus Braunschweig berichten: „Es waren auch Kollegen von Audi am Tor, die Solidarität überbringen wollten und das Megaphon dafür genutzt haben. Leider mussten sie gegen die laute Musik anreden und durften nicht das IGM-Mikro nutzen.“
Die Genossinnen und Genossen der MLPD, die die Warnstreiks unterstützten, sich solidarisierten, daran teilnahmen und mit den Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch kamen, berichten auch von dem notwendigen Klärungsbedarf in unzähligen Auseinandersetzungen: „Auch wichtig in den Diskussionen war, gerade den politischen Charakter des Generalangriffs zu diskutieren. Was es auch gab, bei einer Minderheit kämpferisch eingestellter Kollegen, war eine sozialchauvinistische Beeinflussung („die können ihr Geld doch in Deutschland verdienen und müssen es nicht den Chinesen in den Rachen werfen“)“.
Die MLPD stand mit ihrem Know-How und ihren Verbindungen zu vielen weiteren Belegschaften heute einmal mehr konsequent an der Seite der kämpfenden Arbeiterinnen und Arbeiter.