Mutiges Vorbild Gisèle Pelicot
“Die Scham muss die Seiten wechseln“
Gisèle Pelicot ist weit über Frankreich hinaus bekannt geworden mit ihrem Mut, vor Gericht zu ziehen gegen ihren Ex-Mann, der sie jahrelang betäubt und vergewaltigt hat. Darüber hinaus bot er sie anderen Männern zur Vergewaltigung an.
Vor Gericht sitzt Gisèle Pelicot nun 51 Männern gegenüber – ihren Vergewaltigern. In deren Mitte ihr Ex-Ehemann. Sie wollte, dass die Verhandlungen öffentlich sind. Gisèle Pelicot vor dem Gerichtssaal zu einer Journalistin: „Ich möchte allen danken, die mir ihre Unterstützung zusichern und die sich für mich in ganz Frankreich versammelt haben. Dank Euch habe ich die Kraft, diesen Kampf bis zum Ende zu führen. Ich widme diesen Kampf allen Frauen und Männern, die Opfer sexualisierter Gewalt werden. Allen Opfern sage ich, schaut euch um, ihr seid nicht allein.“
Aufgedeckt wurden die Taten vier Jahre zuvor durch die Polizei. Dominique Pelicot wurde in einem Supermarkt dabei beobachtet, wie er Frauen unter den Rock filmte. Bei darauf folgenden Ermittlungen entdeckten die Polizisten die Filme, die er von den Vergewaltigungen gemacht hatte und informierten Gisèle Pelicot. Für sie zerbrach eine Welt – unter dem Deckmantel einer „ganz normalen Familie“ ist ihr Ehemann, mit dem sie drei und sechs Enkel hat, ein Vergewaltiger, ein Verbrecher.
In einem Ordner „Missbrauch“ sind die Filme sorgfältig sortiert. Sie trennte sich– nach 50 Jahren Ehe – und zeigte ihn und die anderen Täter an. Extrem mutig wollte sie einen öffentlichen Prozess. Seine Taten und die seiner Komplizen sollten öffentlich werden. Nicht sie wollte sich schämen, die Täter sollten sich schämen. Und damit löste sie Bewunderung und eine breite Solidaritätswelle aus. Kein Prozesstag vergeht, ohne dass Frauen vor dem Gerichtssaal Frau Pelicot ihre Unterstützung und Anerkennung versichern.
Gisèle Pelicot ist ein Vorbild in ihrem Kampf gegen eine der dekadentesten Form des Sexismus und der Degradierung von Frauen zu Sexobjekten und Waren, die man verkaufen und kaufen kann. Inzwischen forderte die Staatsanwaltschaft 20 Jahre Haft für ihren Ex-Mann. Völlig zu Recht eine harte Strafe. Betroffene wie Gisèle Pelicot leiden eventuell ihr Leben lang an den Folgen.
Wie das Strafmaß für die 51 mitangeklagten Männer aussehen soll, ist noch unklar. Viele von ihnen reden sich raus, sie hätten nicht gewusst, dass Frau Pelicot nicht einverstanden sei. Sie dachten, sie würden an einem einvernehmlichen Sexspiel eines Paares teilnehmen. Dass Frau Pericot gar nicht bei Bewusstsein gewesen war, störte sie dabei offensichtlich nicht. Eine wirklich krude Vorstellung von Sexualität.
„Über die verbreitete bürgerliche Akzeptanz von Sexismus wirkt die kleinbürgerlich-sexistische Denkweise wie ein schleichendes Gift in der Gesellschaft, Gewalt und Unterdrückung werden als „erotisch“ verharmlost, solange sie „im Einvernehmen“ geschehen.“ („Die Krise der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaften, der Religion und der Kultur“( S. 182). Von unverkrampfter liebevoller Sexualität in gegenseitigem Einverständnis und Vergnügen haben diese Männer wohl noch nichts gehört.
„Sexismus bedeutet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Allgemeine Tendenz ist Missachtung der hauptsächlich betroffenen Frauen und Mädchen.“ So charakterisieren Stefan Engel und Monika Gärtner-Engel in ihrem Buch „Die Krise der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaften, der Religion und der Kultur“ den Sexismus und Prostitution im Kapitel „Dekadenz in der bürgerlichen Massenkultur“. (ebenda S. 182)
Gisèle Pelicot ist ein mutiges Vorbild. Sie stärkt damit die Frauenbewegung und das Frauenbewusstsein, fördert den Zusammenhalt und die Entschlossenheit der Frauen im Kampf gegen diese besondere Form des Sexismus und Prostitution. Sie deckt auf und klagt an, geht aus der Opferrolle heraus. Das motiviert viele Frauen und auch Männer, sich ihr anzuschließen und den entschlossenen Kampf gegen den Sexismus in seiner übelsten Form der Prostitution zu bekämpfen. Das ist ein wichtiger Schritt im Kampf für die Befreiung der Frau. Doch muss man das ganze imperialistische System ins Visier nehmen.
Journalisten äußern die Hoffnung, dass dieser Prozess die Gesellschaft verändern würde, eine Schlacht gegen das Patriarchat geschlagen würde. „Doch wie die doppelte Ausbeutung und Unterdrückung der Masse der Frauen bleibt der Sexismus im imperialistischen Weltsystem systemimmanent und eine der niederträchtigsten Herrschaftsmethoden“ (ebenda, S. 181) und „ Mit Pornographie und Prostitution ist vor allem ein menschenverachtendes Frauenbild verbunden. Es erniedrigt und entwürdigt Frauen und Kinder zu Sexualobjekten, zwingt sie zur vollständigen Unterwerfung unter die nicht selten abartigen sexuellen Bedürfnisse der Freier oder der Konsumenten von Pornographie.“ (ebenda S. 183)
In der Frauenbewegung gibt es die Debatte, wie der Weg zur echten Befreiung der Frau aussehen kann. Aus Sicht der MLPD brauchen wir ein anderes System, den echten Sozialismus. Die Weltfrauenbewegung will darüber die Auseinandersetzung in einem theoretischen Seminar vom 27.11.2025 bis 30.11.2025 in Nepal entfalten: „Thema: Frauenrevolution- Sozial-ökologische Transformation- Sozialistische Revolution: Wie besiegen wir den Imperialismus?“