IGM-Delegiertenversammlung Stuttgart

IGM-Delegiertenversammlung Stuttgart

Zwei Richtungen auf die Kursverschärfung von Monopolen und Regierung

Rund 150 Kolleginnen und Kollegen nahmen am 7. Dezember an der Delegiertenversammlung der zweitgrößten Ortsverwaltung der IG Metall teil. Der Tätigkeitsbericht der 2. Bevollmächtigten Liane Papaioannou ließ die zunehmende Politisierung und Streikbereitschaft an der Basis erahnen.

Von Korrespondenz

Das drückt sich in der Mitgliederentwicklung widersprüchlich aus. Einerseits ist die Zahl der Mitglieder leicht zurückgegangen. Andererseits konnten in den „Ansprechwochen“ im November, wo IG-Metall-Funktionäre systematisch in die Abteilungen der Betriebe gingen und das Gespräch mit Kollegen suchten, viele hundert neue Mitglieder gewonnen werden. Und der Organisationsgrad stieg in den Betrieben, wo die IG Metall Kampfaktionen organisierte. Das zeigt, dass die Gewerkschaften stark werden, wenn sie kämpfen.

 

Von verschiedenen Rednern wurde in dem Zusammenhang kritisiert, dass die beeindruckende Kampf- und Streikbereitschaft in der Metalltarifrunde nicht für einen „richtigen“ Streik genutzt, sondern schnell beendet wurde. Und dass das Ergebnis des (faulen) Tarifabschlusses von der IG Metall-Spitze schöngerechnet wurde. Den größten Beifall erhielt ein IGM-Seniorensprecher, der seine Erfahrungen so zusammenfasste: In richtigen Streiks wächst der Zusammenhalt und das Selbstvertrauen der Beschäftigten. Vor allem entwickelt sich das Klassenbewusstsein sprunghaft. In diesen Zeiten brauchen wir aber Streikerfahrungen, die derzeit bei den Kollegen kaum mehr vorhanden sind.

 

Und während Liane die Angriffe bei VW oder Thyssenkrupp nur als Modeerscheinungen kommentierte („in der Krise kann man es ja machen“), rief der Leiter der Vertrauensleute bei Mercedes in Untertürkheim dazu auf, mit großen Delegationen aus Stuttgart den Schulterschluss mit den kämpfenden VW-Kollegen herzustellen. „Richtig, aber warum erst im Januar?“, fragte daraufhin ein anderer Redner? Es handelt sich um einen Generalangriff, der alle Automobil- und Stahlarbeiter betrifft. Diese Machtprobe muss jetzt angenommen und von uns gewonnen werden.

 

Allgemein wurde begrüßt, dass die IG Metall am 15. März zu fünf großen, dezentralen Aktionstagen aufruft, unter dem Motto: „5 vor 12! Sei dabei! Für sichere Arbeitsplätze!“ Das muss zu einer Kampfansage gegen eine neue Bundesregierung werden, von der die Unternehmerverbände erwarten, dass ihre unverschämten Forderungen eins zu eins umgesetzt werden. Und dazu gehört auch der Widerstand gegen den Kriegskurs und die faschistische Gefahr, wozu verschiedene andere Redner aufriefen.

 

Deshalb ist die Frage, mit welcher Stoßrichtung der Protest und Kampf geführt werden muss. Kritisiert wurde auch, dass das 11-Punkte-Programm des IG Metall-Vorstandes von Mai immer mehr die Praxis prägt. Es enthält zwar richtige Ansagen, wie z.B.: Schluss mit Stellenabbau. Das bleibt aber beim Appell, wenn nicht gesagt wird, dass die wichtigste und wirkungsvollste Forderung für den Erhalt der Arbeitsplätze die 30-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich ist.

 

Die Hauptrichtung des 11-Punkte-Programms ist aber, dass „Deutschland erfolgreiches Industrieland bleibt“ und die Unterstützung der „Aufholjagd“ der deutschen Automobilindustrie. Ähnliches gilt auch für die Landeskampagne "Zukunftspakt IndustrieLÄND 2035", die Barbara Resch in ihrem Redebeitrag bewarb.

 

Das kann aber nicht die Aufgabe der Gewerkschaften sein, so ein Kollege. Das führt vielmehr dazu, dass wir unsere Interessen denen der Konzerne unterordnen. Und dass wir unsere US- oder chinesischen Kollegen als Konkurrenten sehen, statt auf die internationale Arbeitereinheit hinzuarbeiten.

 

Dazu äußerte sich auch eine Delegierte von Mercedes. Sie kritisierte, dass der Tarifabschluss erstmals eine gemeinsame Erklärung der „Tarifpartner“ IG Metall und Gesamtmetall enthielt: Wir sind doch keine Partner. Wir erleben vielmehr, wie rücksichtslos die Vorstände uns behandeln. Unsere Parole heißt deshalb: mit Erpressern wird nicht verhandelt. Nächstes Jahr müssen wir Arbeiter in die Gegenoffensive gehen!