Stellantis
Woran ist Carlos Tavares gescheitert?
Carlos Tavares, oberster Chef des Automobilkonzerns Stellantis, wurde am 1. Dezember mit sofortiger Wirkung „auf die Straße gesetzt“. Noch Anfang dieses Jahres wurde er als „Renditekönig der Autoindustrie“ von Seinesgleichen gefeiert. Dann musste er im Oktober seinen Ruhestand für Anfang 2026 ankündigen und wenige Wochen später ist Tavares seinen Job los.
Die Leitung von Stellantis übernimmt bis auf weiteres Verwaltungsratschef John Elkann, ein Enkel des ehemaligen Fiat-Chefs Gianni Agnelli. Nachfolger von Tavares soll Luca Maestri werden, bis August Finanzchef von Apple.
Stellantis entstand 2016 durch Fusion von PSA mit Fiat-Chrysler mit dem Anspruch, um die Weltmarktführung zu kämpfen. Der Name „Stellantis“, aus Stella (Stern) und Atlantis, ist Programm: Nach den Sternen greifen und wie Atlantis untergehen.
Verschärfter internationaler Konkurrenzkampf
Der Konzern hat seine Produktion und Märkte vor allem in Europa und Nordamerika. Zwei Märkte, die von der aktuellen Weltwirtschafts- und Finanzkrise sowie der Strukturkrise bei der Umstellung auf Elektromobilität besonders betroffen sind. Als Begründung für die Entlassung von Tavares wird vor allem der Einbruch bei Umsatz und Profit im dritten Quartal angegeben. Tatsächlich rutschen die Verkäufe von Stellantis schon länger ab. Fiat liegt in Europa mit seinem Marktanteil von 1,8 Prozent im Oktober unter der VW-Marke Cupra und Opel rangiert mit drei Prozent deutlich hinter Dacia.
Aber vor allem gelang es Tavares immer weniger, die Arbeiterinnen und Arbeiter ruhig zu halten. Zuletzt hatte er von der notwendigen Schließung von sieben Werken gesprochen und zugleich ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem chinesischen Monopol Leapmotor gegründet. Offenbar sollen chinesische Autos in Europa produziert werden, in Eisenach oder in der Slowakei, um die europäischen Zölle zu umgehen. Damit bereitet Stellantis aber der eigenen Konkurrenz den Weg.
Gemeinsamer Kampf über Konzern- und Branchengrenzen hinweg
Tavares war unter den Arbeiterinnen und Arbeitern berüchtigt für seinen knallharten Kurs der Profitmaximierung auf Kosten der Arbeiter und ihrer Familien sowie der Umwelt. Dagegen entfaltet sich der Widerstand der Arbeiterinnen und Arbeiter und ihr internationaler Zusammenschluss in diesem Herbst weltweit. Am 17. Oktober kamen bei der Protestaktion vor dem Pariser Autosalon Kollegen und Kolleginnen von Stellantis und anderen Autowerken aus ganz Frankreich, aus Italien, Portugal, Spanien, Belgien, Deutschland, USA, Kanada und der Türkei zusammen und schlossen sich kämpferisch zusammen. Am Tag darauf war in Rom die zentrale Kundgebung des italienischen Generalstreiks, der vor allem von Fiat-Kolleginnen und -Kollegen getragen war. Auch hier waren wieder viele internationale Delegationen dabei. Die US-Automobilarbeitergewerkschaft UAW bereitet einen Streik gegen die Weigerung von Stellantis vor, das Werk in Belvidere bei Chicago wieder zu eröffnen, während gleichzeitig bei Jeep in Toledo südlich von Detroit und im Stellantis-Werk in Warren (Michigan) der Kampf gegen Entlassungen vorbereitet wird. In Aulnay bei Paris besetzt die Belegschaft seit Monaten das Werk des ausgegliederten Zulieferers M.A. France von PSA, das geschlossen werden soll. Diese Entwicklung hat offenbar der Spitze von Stellantis erhebliche Sorgen bereitet und das Ende von Tavares beschleunigt.
Eine Kernauseinandersetzung in der internationalen Belegschaft von Stellantis ist das Fertigwerden mit nationalistischen und sozialchauvinistischen Einflüssen. In den USA hat ein Teil der Arbeiterklasse Donald Trump gewählt in der trügerischen Hoffnung, dass dessen „America first“-Politik Arbeitsplätze schaffen oder erhalten könnte. In Deutschland setzt die IG Metall mit ihrem „Zukunftsplan“ auf ein „erfolgreiches Industrieland“ Deutschland im „globalen Wettbewerb“. Und auch die französische CGT hatte im Oktober den Aktionstag mit sozialchauvinistischen Anklängen von „Arbeitsplätze in Frankreich erhalten durch staatliche Unterstützung“ angekündigt. Der Aktionstag in Paris wurde allerdings dann umgedreht in eine Manifestation der internationalen Arbeitereinheit mit dem gemeinsamen Gesang der „Internationale“ in den Sprachen aller Delegationen.
Die Kolleginnen und Kollegen müssen fertig werden mit der Hetze, dass die Umstellung auf Elektromobilität nicht nötig sei und mit dem Verbrennermotor alle Probleme gelöst wären. Sie müssen auch mit Spaltung zwischen Stammbelegschaften und Leiharbeitern fertig werden, die jetzt schon zu Tausenden entlassen werden. Sie müssen immer besser verstehen, sich über Konzern- und Branchengrenzen hinweg mit VW- und Ford-Kollegen, Zulieferern und Stahlarbeitern, sowie weiteren Belegschaften zusammenzuschließen. Und sie müssen mit antikommunistischen Vorbehalten fertig werden, die oft noch der notwendigen Stärkung der MLPD-Betriebsgruppen, der einzigen Arbeiterpartei in Deutschland, im Weg stehen.