Am Tor von VW in Wolfsburg

Am Tor von VW in Wolfsburg

Aufgewühlte und nachdenkliche Stimmung in der Belegschaft

"Dem VW-Vorstand die passende Antwort geben! Was denkst du, was jetzt getan werden muss?" So sprachen wir heute Morgen Hunderte Kolleginnen und Kollegen an, die durch den Tunnel in das VW-Werk strömten.

Von einem Korrespondenten
Aufgewühlte und nachdenkliche Stimmung in der Belegschaft
Streikende VW-Kolleginnen und Kollegen am 2. Dezember in Hannover (rf-foto)

"Man hätte auch gut und gerne eine Gesprächsrunde im Tunnel durchführen können, so viel Gesprächsbedarf gab es!", sagt Peter Kunick, Direktkandidat der MLPD in Wolfsburg, der schon seit 30 Jahren zum Schichtwechsel die Rote Fahne verkauft und den Kollegen mit Rat und Tat zur Seite steht.

 

Die Stimmung ist außergewöhnlich aufgewühlt am größten Industriestandort Deutschlands. Ernste Gesichter, Nachdenklichkeit: "Schwierig zu sagen, was zu tun ist, in so einer Situation waren wir alle noch nie." "Das ist eine historische Situation", sagt ein anderer Kollege. Wir sagen: "Jetzt die Initiative ergreifen! Wenn man jetzt abwartet, werdet ihr von VW verraten und verkauft." "Das stimmt", stimmen viele nachdenklich zu. Keiner verteidigt das Vorgehen von VW. Die über Jahrzehnte gesponnene Betriebsphilosophie der VW-Familie und des Co-Managements stehen vor einem Scherbenhaufen. Eine kleine, aber entschlossene Minderheit antwortet auf unsere Frage wie aus der Pistole geschossen: "Streik!" "Feuertonne raus und ab ans Tor."


Dass Verzicht keinen Arbeitsplatz rettet, ist mittlerweile sehr vielen Kollegen klar. Viele hoffen aber auch noch darauf, Betriebsrat und Management doch noch eine Lösung finden können. "Schlimm ist, dass es immer die Kleinen trifft. Und die da oben stecken sich die Taschen voll, obwohl schließlich wir alles erarbeiten!", so eine Kollegin.


Wenn wir auf Kapitalismuskritik zu sprechen kommen, gibt es ernste und nachdenkliche Zustimmung: ja, da müsste sich noch sehr viel mehr ändern.
Es sind sehr wenige, die schimpfen oder ablehnen: "Nein, falsche Partei, bestimmt keinen Marxismus". Das waren früher mehr. Viele bedanken sich, grüßen freundlich, es ist klar: Die MLPD ist an diesen Toren institutionalisiert und gehört dazu. Manche zögern und schmunzeln, wenn man daraufhin sagt: "Keine Angst vor den Roten! Schau es dir doch mal selbst an, gerade weil man so viel über uns hört."


"Mal schauen, wie es weitergeht und was heute kommt", sagen viele mit Verweis auf die Betriebsversammlung. "Aber was erwartet ihr euch davon? Die Geschäftsführung hat ihr Programm verkündet, jetzt müssen die Arbeiter reden und das Heft selbst in die Hand nehmen. Nur mit einem selbständigen Streik, bis die Pläne vom Tisch sind, habt ihr die Initiative wieder in der Hand."


"Vielleicht bringt Minister Heil uns gleich die Anträge mit" – welche Anträge, fragen wir? Na fürs Arbeitsamt! Viel Vertrauensvorschuss genießt die Ampel-Regierung nicht gerade. "Habe ich gerade in der Kaue schon gelesen!" "Wie findest du das Kampfprogramm und die Forderungen darin?" "Alles drin, was drin stehen muss!"