Korrespondenz eines Wahlhelfers

Korrespondenz eines Wahlhelfers

Unterschriften beglaubigen lassen - Mittelalter lässt grüßen!

Es ist ein sonniger Wintersonntag und eigentlich wollte ich mit meinem Freund Rolf einen schönen Spaziergang machen … . Doch jetzt sitze ich am Computer und suche Gemeindeadressen heraus – ich selbst und Hunderte andere Wahlkämpfer der MLPD haben ja Tausende Unterschriften für unsere Wahlzulassung gesammelt und diese müssen nun zur „Bescheinigung des Wahlrechts“ an die jeweilige Kommune geschickt werden.

Unterschriften beglaubigen lassen - Mittelalter lässt grüßen!
Voller Einsatz beim Unterschriftensammeln. Hier ein Bild vom Einsatz in Emden am vergangenen Samstag (rf-foto)

Gerade bin ich an den Listen aus Niedersachsen angelangt und ich stelle fest – viele der Studenten aus Osnabrück wohnen in kleinen Dörfern und Städtchen. Namen wie Großkneten, Westerstede oder Venne begegnen mir – noch nie davon gehört, aber mit dem Aufruf der jeweiligen Web-Seite der Gemeinde stelle ich wieder einmal fest, wie vielseitig und schön unser Land ist.

 

Ich stelle aber auch fest – jede der Gemeinden hat ihren eigenen, oft schön gestalteten Web-Auftritt – nix mit Standardisierung, Herr Minister Wissing! Oft findet man unter dem Punkt Wahlen bestenfalls einen Aufruf, sich als Wahlhelfer zu melden. Nach einigen Minuten finde ich eine Adresse – meist Rathaus oder Bürgerbüro – also schnell kopiert und in das Anschreiben gesetzt, dann in einen Umschlag gefaltet, 85 Cent drauf und schon ist wieder eine Unterstützerunterschrift gesichert!

Nach Brief 45 kommen mir Zweifel – sind wir wirklich im 21. Jahrhundert?

Ich erinnre ein Gespräch mit einem Informatik-Studenten, der mich erstaunt fragte: „Geht das nicht auch digital?“ Ja, ganz bestimmt, antwortete ich, aber das ist ja auch Teil der Wahlbehinderungen, die sich die großen bürgerlichen Parteien ausgedacht haben, um kleine Parteien draußen zu halten.


Alle Berliner Parteien reden von Entbürokratisierung. Gemeint ist aber der Wegfall von Auflagen zum Arbeitsschutz, Umweltschutz und Ähnlichem. Wenn es um die Rechte von uns „Normalos“ geht, dann ist jede Auflage recht. Bei vielleicht 20 bis 25 Kleinparteien, die kandidieren, stelle ich mir vor, wie es den Beschäftigten in großen Gemeinden gehen muss – Papier, Papier, Papier … ich leide mit euch!


Oft hört man von den „Hütern“ der bürgerlichen Demokratie, die Auflagen seien dazu da, dass nur Parteien mit „ernster Absicht“ kandidieren sollen. Also mal ganz ehrlich: Die MLPD hat seit 1984 an zahllosen Wahlen teilgenommen, und wir sollen es nicht ernst meinen? Jedes Mal der gleiche Käse – fehlt nur noch, dass wir demnächst die Unterlagen via Fax an den Wahlleiter übermitteln sollen – dann müssen wir zu meinem Hausarzt, der hat, glaube ich, noch eins … .

 

Ich mache dann mal weiter mit Brief 46 an die Gemeinde Waldecht … .