Massive Überkapazitäten?
Kampf- und Streikaktionen rufen bürgerliche Wirtschaftsexperten auf den Plan
100.000 VW-Beschäftigte machten bei den Warnstreiks deutlich, dass sie bereit sind, für höhere Löhne und um ihre Arbeitsplätze hart zu kämpfen. Auch bei Ford, Bosch oder Thyssenkrupp heißt die Parole: wir sind streikbereit – bundesweit! Schützenhilfe bekommen deshalb die in der Kritik stehenden Vorstände verstärkt von bürgerlichen Wirtschaftsexperten.
Auf der Betriebsversammlung bei VW in Wolfsburg verteidigte VW-Chef Oliver Blume seinen knallharten Kurs gegen die Belegschaft, als „dringende Maßnahmen, um die Zukunft von Volkswagen abzusichern.“ [1] Welche Zukunft er dabei meint, machte er dann auch klar: „Wir können die besten Autos der Welt bauen - das spielt aber keine Rolle, wenn wir damit kein Geld verdienen.“ Das müsste doch auch jedem Arbeiter einleuchten, dass VW mit dem Profit von 4,49 Milliarden Euro in den ersten drei Quartalen dieses Jahres „kein Geld verdient“ und vom „Drauflegen“ nicht existieren kann.
Aber weil der Vorstand sehr wohl weiß, dass dieser Taschenspielertrick eher den Kampfgeist der Kollegen befeuert, greift VW-Finanzchef Arno Antlitz zu einem scheinbaren Naturgesetz. VW habe 500.000 Autos in Europa weniger als vor Ausbruch der Corona-Pandemie verkauft. „Diese Autos kämen auch nicht wieder“. Als Anpassung an „massive Überkapazitäten“ müssten deshalb Werke geschlossen und zehntausende Arbeitsplätze vernichtet werden. [2]
Das soll quasi den Arbeitern den Boden für den Kampf unter den Füßen wegziehen. Dass 2023 nur 60 Prozent der Autowerke in Europa ausgelastet waren2, wird sogar als Argument ins Feld geführt, dass Streiks in dieser Zeit eigentlich wirkungslos seien. Doch die mit Händen zu greifende Angst der Herrschenden vor einem gemeinsamen, offensiv geführten Streik von Automobil- und Stahlarbeitern, wie es die MLPD vorschlägt, spricht eine andere Sprache.
Wenn die bürgerlichen Wirtschaftsexperten von „Überkapazitäten“ sprechen, dann immer mit der Absicht, die Vernichtung von Arbeitsplätzen damit zu rechtfertigen. Sie interessieren sich nicht für die kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten. Es war Karl Marx der nachwies, dass der Zwang zum ständigen Wachstum des Kapitals im Konkurrenzkampf zu riesigen Produktionskapazitäten mit Fabriken, Maschinen und vor allem menschlicher Arbeitskraft führt. Im Kapitalismus muss aber „beständig ein Zwiespalt eintreten zwischen den beschränkten Dimensionen der Konsumtion auf kapitalistischer Basis, und einer Produktion, die beständig über diese ihre immanente Schranke hinausstrebt … Wie könnte es sonst an Nachfrage für dieselben Waren fehlen, deren die Masse des Volks ermangelt?“ [3]. Zum Beispiel an Transportsystemen, die im Einklang mit dem Schutz der Natur stehen. Es ist der Zwang der Monopole zur Profitmaximierung, der zur Überarbeitung der einen und Arbeitslosigkeit der anderen Arbeiter führt.
Die damit einhergehende chronische Überakkumulation (Anhäufung) des Kapitals führt gesetzmäßig zu Überproduktionskrisen. Die Weltwirtschafts- und Finanzkrise „hält jetzt schon das sechste Jahr an und wird sich weiter vertiefen. Das hat es in der Geschichte des Kapitalismus noch nicht gegeben!“, so Gabi Fechtner, Parteivorsitzende der MLPD.[4] Sie ist verbunden mit den Strukturkrisen im Zusammenhang mit der Elektrifizierung der Antriebstechniken, der Digitalisierung und der Energiewende. Dass allein bis zu 40 Prozent der Arbeitsplätze in der Auto- und Zuliefererindustrie durch die E-Mobilität vernichtet werden sollen, zeigt nur eins: Die deutschen Autokonzerne wollen damit wieder ihre führende Position auf dem Weltmarkt erkämpfen. Ihnen geht es also nicht um den Umweltschutz, sondern um den Schutz der Profite. Für Gabi Fechtner, zeigt sich darin der „Irrsinn des Kapitalismus: Die Menschheit wird immer produktiver, die Krisen aber immer schlimmer. Wir brauchen eine weltweite hochdynamische und flexible Planwirtschaft zum Wohle der Menschheit und der Natur in vereinigten sozialistischen Staaten der Welt.“
Für härtere Kämpfe benötigen deshalb die Arbeiter die „marxistische Kritik der politischen Ökonomie des Kapitalismus, (die) heute die einzige Wirtschaftswissenschaft (ist), die diesen Namen verdient.“ [5] Damit sind sie auch in der Lage, sich von der bürgerlichen politischen Ökonomie zu lösen und deren Rechtfertigung des Profitsystems anzugreifen. Deshalb muss auch kritisiert werden, wenn sich die Betriebsratschefin von VW Daniela Cavallo auf die Krisenpropaganda einlässt: Das Fehlen von 500.000 verkauften Autos „bezweifeln wir nicht“; ebenso dass „die Situation ernst ist“.[6] Daher unterstützt sie auch VW in vielen Punkten bei seiner Aufholjagd um konkurrenzfähiger zu werden und die Rendite nach oben zu bringen.
Die MLPD dagegen wendet sich in ihrem Wahlkampf besonders an die Industriearbeiterschaft, um deren Selbst- und Klassenbewusstsein zu festigen und höherzuentwickeln. Ihre Betriebsgruppen haben sich zur Aufgabe gemacht, mit den Kolleginnen und Kollegen vor allem selbständige Kämpfe um jeden Arbeitsplatz und für die 30-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich vorzubereiten, auszulösen, zu führen und höherzuentwickeln. Jetzt ist Zeit, dass sich die Arbeiter zu Wort melden und in die Offensive gehen! [1]