EU/Mercosur-Deal
„Freihandel“ contra Umwelt, Klima, Bauern und Arbeiter
25 Jahre nach der Aufnahme von Verhandlungen jubelt die erneut gekürte EU-Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, über ein Abkommen mit den lateinamerikanischen Mercosur-Ländern.
Das am 6. Dezember vereinbarte Abkommen liefere den Beweis „dass sich die Demokratien aufeinander verlassen könnten", es bedeute „mehr Arbeitsplätze und gute Arbeitsplätze, mehr Auswahl und bessere Preise...“ erklärt sie und schüttelt unter anderem fröhlich die Hände des argentinischen faschistischen Premiers Milei, der einen beispiellosen Kahlschlag bei Arbeitsplätzen, sozialen und demokratischen Rechten betreibt.¹
Der Mercosur wurde 1991 von Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay gegründet. Entstehen soll jetzt einer der weltweit größten gemeinsamen Märkte mit zusammen knapp 720 Millionen Einwohnern.²
Die jetzt an den Tag gelegte Eile soll „ein Zeichen gegen Protektionismus setzen“, sprich noch vor Amtsantritt Trumps die schon bisher bestehende Stärke der EU in Lateinamerika auch gegenüber der zunehmenden Konkurrenz Chinas gewährleisten. Die EU ist nach China – aber noch vor den USA - der zweitgrößte Handelspartner des Mercosur.
Kritiken von Umwelt- und Menschenrechtsbewegungen
Das Abkommen muss zunächst in allen EU-Ländern ratifiziert werden. Besonders in Frankreich und in den Niederlanden gehen vor allem die Bauern auf die Straße gegen das geplante Abkommen, weil sie unter anderem die geplanten zollfreien Agrarimporte ohne jegliche Umweltauflagen fürchten.
Allergrößte Bedenken und Kritiken formulieren seit Jahren Umweltschützer und Menschenrechtsvertreter in beiden Kontinenten gegen die Pläne. Eine aggressive Agrarpolitik, besonders in Argentinien und Brasilien ist mit der tausendfachen Vertreibung von Kleinbauern und indigenen Gemeinden verbunden. Die Urwaldabholzung und der großflächige Pestizideinsatz fördern vor allem Monokulturen mit Soja und Zuckerrohr und dienen der gewaltsamen Erschließung neuer Weideflächen. Zurecht fürchten daher die Kritiker die weitere Absenkung der minimalsten Umweltschutzmaßnahmen und Arbeitsrechte der Land- und Logistikbeschäftigten.
Die größten Exporte aus dem Mercosur nach Europa sind neben Nahrungsmitteln und pflanzlichen Produkten (z.B. Soja) mineralische Rohstoffe. Nach wie vor in steigenden Mengen sind das traditionell Öl und Kohle. Zunehmend aber auch unter dem Label der hiesigen Nachhaltigkeit geförderte, für die Elektrifizierung und Batterieproduktion unerlässliche Lithiumvorkommen, seltene Erden und Kupfer. Bisher mehr geträumt als realisiert ist die Produktion von „grünem Wasserstoff“ – auf Kosten der Wasservorräte.
Deutscher Imperialismus als treibende Kraft
Treibende Kraft dafür, dass jetzt endlich ein Abkommen unter Dach und Fach kommen soll, ist der deutsche Imperialismus mit seinen Übermonopolen, gefolgt von Spanien. Dafür werden auch Widersprüche zu Frankreich, den Niederlanden und Italien in Kauf genommen. Ganz besonders die krisengeschüttelte deutsche Automobilindustrie verspricht sich neue Absatzmöglichkeiten in den Mercosurländern, wo von einem Verbot der Verbrennerautos noch nicht die Rede ist. Seit Anfang 2023 reiste Bundeskanzler Scholz mehrfach nach Lateinamerika.
So bejubelt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) das neue Abkommen und den damit verbundenen „Zuwachs an Planungssicherheit für deutsche Unternehmen“, von denen schon jetzt 12.500 in den Mercosurländern unterwegs sind. Das sichere angeblich 244.000 Jobs in Deutschland und EU-weit sogar 855.000. Der Wegfall von Zöllen entlaste die deutschen Unternehmen um Kosten in Milliardenhöhe. Das Abkommen verbessere somit „Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit ... Ob Lithium, kritische Rohstoffe oder Wasserstoff: Wir brauchen Lateinamerika“.³
Aber wer braucht hier was auf wessen Kosten? Alles in allem geht dieser „Freihandel“ zulasten von Umwelt, Klima, Bauern und der breiten Bevölkerung auf beiden Kontinenten. Ihr Widerstand ist herausgefordert.