Frankreich
Widerstand gegen Monopolpolitik führt zu Regierungskrise
Nicht einmal drei Monate könnte die neue französische Regierung unter Premier Michel Barnier am Ende gehalten haben. Der Streit um dessen massenfeindliche Kürzungsprogramme im Staatshaushalt ist nun völlig eskaliert. Die Abgeordneten der Nationalversammlung stimmen am Nachmittag über zwei Misstrauensanträge gegen die Regierung ab. Und Präsident Emmanuel Macron ist nicht einmal im Land.
Das war’s dann mit der Minderheitsregierung des Kabinetts Barnier, das ohnehin nur mit der Duldung der Faschisten regieren konnte. Seine Ernennung zum Premierminister durch Macron wurde vom linken Wahlbündnis Nouveau Front populaire („Neue Volksfront“, NFP), das als stärkste politische Kraft aus den vorgezogenen Parlamentswahlen hervorgegangen war, von Anfang an abgelehnt.
Als Barnier das höchst unpopläre Haushaltsgesetz mit einem Verfassungskniff am Parlament vorbei verabschiedet hatte, hatten die NFP und der Rassemblement National („Nationale Sammelbewegung“, RN) am Montag mit jeweils eigenen Misstrauensanträgen reagiert. Beide stehen heute zur Abstimmung.
Zwar wird der NFP dem Antrag des RN wohl nicht zustimmen, aber es scheint, als würden die Faschisten ihrerseits bereit sein, den NFP Antrag im Parlament zu unterstützen, um den Druck auf Macron zu erhöhen. Le Pen verspricht sich im Falle der Neuwahl des Präsidenten eine Aussichtsreiche Kandidatur. Also ist es tatsächlich wahrscheinlich, dass eine Mehrheit der Abgeordneten der Regierung das Vertrauen entzieht. Zusammen erreichen die Oppositionsparteien die nötige absolute Mehrheit von 289 Stimmen.
Neuwahlen unwahrscheinlich
Trotzdem wird es in Frankreich aller Wahrscheinlichkeit nach keine Neuwahlen geben. Die Regierung wird dort schließlich nicht vom Volk gewählt, und nur um diese geht es. Eine Neuwahl des Parlaments wäre weder eine Folge der Misstrauensvoten, noch wäre sie im Rahmen der französischen Verfassung vor Ablauf eines Jahres nach der letzten Neuwahl möglich. Und der Präsident könnte nur dann neu gewählt werden, wenn er zurück träte – und Macron hat klar gemacht, auf jeden Fall bis 2027 an seinem Stuhl zu kleben. Kein Wunder, denn es ist so oder so seine letzte Amtszeit. Die Verfassung verbietet ihm eine Dritte.
Macron entgleitet der letzte Rest der Kontrolle
Das Scheitern der Regierung Barnier ist ein Musterbeispiel des bürgerlichen Krisenmanagements. Macron hat die politische Krise rund um den Haushalt offenbar unterschätzt, denn er selbst befindet sich auf einem Staatsbesuch in Saudi-Arabien. Vor allem rechnete er wohl nicht damit, dass der faschistische RN in ihrem Opportunismus das Misstrauensvotum der linken Neuen Volksfront unterstützen würde, um die Regierung zu stürzen.
Von Saudi-Arabien aus klagte Macron, die RN-Faschisten könnten doch nicht einem Antrag zustimmen, „der sie und ihre Wähler beleidigt“. Was er meint? Der Misstrauensantrag der Neuen Volksfront wird darauf verwiesen, dass bei der Parlamentswahl im Sommer einen „große Mehrheit“ der Wähler ein „Bollwerk gegen die extreme Rechte“ gebildet hätten. Nun, dann wissen wir jetzt ausdrücklich, wer sich zu diesem Bollwerk nicht zählen möchte.