Auffälliges Schulterklopfen
Die SPD – plötzlich wieder eine ehrliche Vertreterin von Arbeiterinteressen?
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Über seinen Regierungssprecher ließ Bundeskanzler Scholz in Zusammenhang mit den Horrorplänen des VW-Vorstandes verkünden, dass „mögliche falsche Managemententscheidungen aus der Vergangenheit“ nicht zulasten der Arbeiter und Arbeiterinnen gehen dürften. Sowohl Niedersachsens SPDMinisterpräsident Stefan Weil, als auch der noch amtierende SPD Arbeitsminister Hubertus Heil sprachen sich gegen Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen aus. Dafür bekam Arbeitsminister Heil auf der letzten Betriebsversammlung in Wolfsburg Beifall aus der Belegschaft.
Kurz vor der Bundestagswahl versucht die Monopolpartei SPD in auffälliger Hektik ihr Image als Interessenvertreter arbeitender Menschen aufzupolieren. Kein Wunder. Seit der Regierungszeit unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder hat die SPD massiv an Stimmen und Vertrauen unter der Industriearbeiterschaft verloren. Damals setzte Kanzler Schröder, in enger Zusammenarbeit mit dem SPD Mitglied Peter Hartz und ehemaligen Personalchef von VW, in knallharter Basta Manier die Agenda 2010 mit ihren berühmt berüchtigten Hartz Gesetzen durch. Diese Agenda war eine lupenreine Auftragsarbeit der Monopolverbände, einschließlich der Konzernvorstände von VW, mit dem Ziel Millionen von Arbeitslose in Armut und unwürdige Arbeitsverhältnisse zu zwingen. Peter Hartz wurde später wegen massiver Bestechung von VW Betriebsräten rechtskräftig verurteilt. Mit Luxusreisen und Besuchen von Luxusbordellen erkaufte sich der Konzernvorstand von VW das bedingungslose Abnicken von Betriebsräten hinsichtlich zahlreicher Maßnahmen zur Verschärfung der Arbeitsbedingungen. In den Zeiten der großen Koalition unter Angela Merkel waren die Unterschiede der SPD zu der allgemein als besonders kapitalfreundlich geltenden CDU allenfalls noch mit einem äußerst starken Mikroskop zu erkennen. Und in der Ampelkoalition war es SPD Kanzler Scholz, der mit seinem Kriegsminister Boris Pistorius in Basta Manier eine Zeitenwende ankündigte und zu Lasten sozialer Belange mit einem 100 Milliarden Paket Deutschland wieder kriegstüchtig gemacht werden soll. Selbst kleine soziale Tippelschritte der Ampelkoalition, wie das Lieferkettengesetz oder das Tariftreuegesetz von Hubertus Heil, werden aktuell im Sinne der Monopol verbände diensteifrig vom Bundeskanzler wieder in Frage gestellt.
Die Krise der SPD ist gleichzeitig eine Krise der bürgerlichen Weltanschauung von der Reformierbarkeit des Kapitalismus, von der Illusion einer menschen- und umweltfreundlichen kapitalistischen Profitwirtschaft. Diese Krise belebt die Diskussion über die Möglich- und Notwendigkeit einer Überwindung der zerstörerischen kapitalistischen Verhältnisse im Kampf für eine sozialistische Gesellschaftsordnung unter Berücksichtigung aller bisherigen Erfahrungen ehemals sozialistischer Länder. Nicht die Fehler einzelner Manager sind das Problem, sondern das System des Kapitalismus mit seinen ökonomischen Gesetzmäßigkeiten ist grundlegend fehlerhaft. Er liegt in dem unüberbrückbaren Gegensatz zwischen den Interessen des Kapitals und seinem zerstörerischen Drang nach Kapitalwachstum einerseits und andererseits den Interessen der arbeitenden Bevölkerung nach einem Leben ohne Ausbeutung und Zerstörung der Natur, ohne ständige Angst vor Lohnverlust und Vernichtung der Lebensexistenz.
Das eifrige Klopfen von führenden SPD Funktionären auf die Schultern der VW Belegschaften entspringt nicht aus einer ehrlichen Haltung von echter Solidarität und vorbehaltloser Unterstützung – sie treibt kurz vor den Bundestagswahlen schlichtweg eine gehörige Portion Angst vor entschlossen kämpfenden Belegschaften. Deswegen orientieren sie mit allem Nachdruck auf eine Verhandlungseinigung noch vor den Weihnachtsfeiertagen. Gerade deswegen gilt es jetzt um so mehr allein auf die eigene Kraft zu vertrauen und noch vor den Feiertagen weitere Kampfmaßnahmen zu beschließen.