Schließung des Opel-Werks vor zehn Jahren
Das "Wunder von Bochum" - eine hoch subventionierte Luftnummer
Gestern vor zehn Jahren lief im Bochumer Opel-Werk der letzte Zafira vom Band. Aus diesem Anlass und mit Blick auf die Proteste gegen massenhafte Arbeitsplatzvernichtung und Werksschließungen wie bei VW wird seit Tagen das Märchen vom "Wunder in Bochum" verbreitet.
Auf dem ehemaligen Opel-Gelände hätten jetzt doppelt so viele Menschen Arbeit gefunden als zuletzt bei Opel beschäftigt waren. Das waren rund 3.000, jetzt seien es bereits 6.300 - Tendenz zunehmend. Unter anderem 600 beim DHL-Paketzentrum, 1.200 bei der VW-Tochter VW-Infotainment und 350 bei der Bosch-IT-Tochter Etas. In den höchsten Tönen wird der "Aufbruch von Bochum", die "Ermöglicherstadt", der "erfolgreiche Strukturwandel" gelobt.
Tatsächlich haben sich die Stadt- und Landespolitiker aus der Trickkiste des staatsmonopolistischen Kapitalismus bedient. Mit 65 Millionen Euro hat allein das Land Nordrhein-Westfalen nachgeholfen, dass zahlreiche Firmen woanders dichtmachten und Arbeitsplätze auf dem Opel-Areal zusammenzogen. So war im November 2019 bei "skyscrapercity.de" zu lesen: "Die Krankenkasse Viactiv ... will von der Universitätsstraße in einen Neubau der Landmarken AG links neben dem O-Werk1 ziehen. ... Es werden Mitarbeiter aus Essen, Dortmund, Gelsenkirchen und von der jetzigen Zentrale an der Universitätsstraße zum neuen Campus ziehen."
Neue Arbeitsplätze? Von wegen! Die meisten der 6.300 Arbeitsplätze wurden von anderen Standorten der neu angesiedelten Firmen dorthin verlagert, weil staatlich subventionierte moderne Gebäude und Infrastruktur winken. Für VW und Bosch war auch ausschlaggebend, dass die Uni Bochum mit vielen IT-Studenten nicht weit weg ist. Der Direktor des Regionalverbands und damalige NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin gibt unumwunden zu: „Ohne die Förderung wäre das nicht gegangen.“ So geht heute also "Strukturwandel"! Die MLPD hat das schon immer als Betrug entlarvt.
Autoexperte Ferdinand Dudenhöfer empfiehlt die "blühenden Landschaften" von Bochum als Blaupause auch für VW. Die niedersächsische Landesregierung solle ihre "VW-Aktien ... verkaufen und mit dem Kapital blühende Landschaften in Niedersachsen ... schaffen".2 Also, ihr lieben VW-Kolleginnen und -Kollegen, lasst es sein, um eure Arbeitsplätze zu kämpfen! Lasst lieber VW ruhig ein paar Werke schließen. Danach wird die Wirtschaft erst so richtig blühen! Ihr könnt euch ja jederzeit zur IT-Fachkraft umschulen lassen. Und macht euch bitte keine Gedanken über die Menschen, die dafür an anderen Orten ihre Arbeitsplätze verlieren. Konzerne wie VW gehen ja schließlich auch über Leichen!
Das würde Dudenhöfer und Co. so passen! Vor zehn Jahren, am 9. Dezember 2014, gab es auch eine vielbeachtete revierweite Montagskundgebung in Bochum unter dem Motto: „Wir haben die Schließung nie akzeptiert ... und tragen die Fackel weiter.“ Die Kundgebung war ein Kontrastprogramm zum wochenlangen Abgesang auf das Opel-Werk und seine Belegschaft in den Medien (mehr dazu hier). Stefan Engel, Vorsitzender der MLPD und langjähriger Berater der Bochumer Opel-Kollegen, sagte in seinem Redebeitrag unter anderem: "Dass die Arbeiter die Stilllegung bei Opel nie akzeptiert haben, bedeutet das Scheitern der Klassenzusammenarbeitspolitik, der Regierung, von GM und der rechten Gewerkschaftsführung, die sich hier schändlich beteiligt hat. ... Dieser Geist und diese Denkweise der Klassenauseinandersetzung, das ist die entscheidende Fackel, die wir weitertragen müssen."
Von diesem Geist der Arbeiteroffensive können auch die Arbeiterinnen und Arbeiter von VW, von Ford, Thyssenkrupp und anderen Belegschaften, die im Kampf um ihre Arbeitsplätze stehen, heute lernen. Informiert euch über die Erfahrungen der Opelaner und die Lehren aus ihrem Kampf für heute!
Video "20 Jahre Opelstreik in Bochum"
Dokumentation von Opelanern "Was bleibt ... 10 erkämpfte Jahre Opel-Bochum 2004 bis 2014"