Unterdrückung der Unterschriftensammlung
Das hätte Karl Marx den Magen umgedreht
Ausgerechnet in der schönen Moselstadt Trier, der Geburtsstadt ihres weltweit berühmtesten Sohnes, Karl Marx, konnten wir in dieser Woche eine Erfahrung machen, die ihm den Magen umgedreht hätte.
Für die amtlich vorgeschriebene Sammlung von Unterschriften zur Zulassung der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands / Internationalistischen Liste zur vorgezogenen Bundestagswahl standen wir mit vier Freundinnen und Freunden auf dem offenen Forumsplatz der Universität Trier.
Bei den Studierenden trafen wir auf große Offenheit und Bereitschaft zu unterschreiben, als Ausdruck eines demokratischen Rechts – oft mit dem Tenor: „Gut, dass es linke Kräfte gibt, die gegen die Rechtsentwicklung und die Nazis von der AfD antreten.“
Unsere Listen füllten sich rasch – aber leider nicht lange.
Zunächst zwei, dann drei Vertreter der Hausverwaltung traten auf uns zu: „Hier darf nicht für politische Zwecke gesammelt werden.“ Unsere mit Gerichtsurteilen belegten Beteuerungen, dass in einem offen zugänglichen Gelände unsere Aktivität erlaubt ist, verunsicherten sie so, dass sie nach ihrem Chef riefen. Der kam dann auch, trat uneinsichtig auf und als wir erklärten, dass wir sein illegales Sammelverbot ignorieren werden, drohte er damit, die Polizei zu rufen.
Wir sammelten weiter, mit anhaltendem Erfolg – bis eine Kolonne von sechs Polizisten und einer Polizistin in voller Montur uns wieder dabei störte. Sie seien hier, weil „Gefahr im Verzug“ sei! Drei von uns sammelten weiter. Unsere Truppleiterin erklärte mit Engelsgeduld, dass wir uns in vollkommener Übereinstimmung mit den demokratischen Rechten wissen. Große Telefoniererei mit den nächsthöheren Dienststellen setzte ein. Wir empfahlen, dass sie sich über Recht und Gesetz in Kenntnis setzen sollten.
Weil es inzwischen Mittagszeit und bitterkalt war, gingen wir zum Aufwärmen als Gast in die Mensa. Der Polizeitrupp verschwand.
Am nächsten Tag waren wir nur zu zweit vor der Uni – zwei von uns sammelten in der Innenstadt die erforderlichen Unterschriften. Von denen müssen allein in Rheinland-Pfalz 2.200, bundesweit in Verbindung mit der Zulassung der Direktkandidaten sogar fast 60.000, beglaubigt vorgelegt werden, um überhaupt auf dem Wahlzettel erscheinen zu können. Eine Schikane, die auch alle anderen, noch nicht im Bundestag vertretenen Parteien trifft.
Diesmal waren die Hausmeister und schließlich die Polizei früher aufgestanden: drei Hausmeister, vier Polizisten und eine Polizistin erteilten uns Hausverbot für das Universitätsgelände als „Privatgelände“ - es ist übrigens eine staatliche Universität. Das sei eine Anweisung der Universitätsleitung. Ein Student durchbrach den kleinen Kessel: „Da unterschreibe ich doch erst recht!“
Wir wollten uns beraten und nochmal in der Mensa aufwärmen. Noch auf der Treppe, in der Schlange für die Essensausgabe, holten uns unsere fünf polizeilichen Ordnungshüter ein: Auch für die Mensa gelte Hausverbot, das habe die Universitätsleitung ausdrücklich nachgeschoben. Zwar hungrig, aber von gerechtem Zorn erwärmt, gingen wir zum Auto – immer im Abstand „begleitet“ von den zwei Hausmeistern.
Das Ganze könnte als Glosse durchgehen, wenn es nicht Ausdruck einer massiven Wahlbehinderung mit bewusst einschüchternder Wirkung wäre. Dagegen gehen wir natürlich auch gerichtlich vor – und wissen uns in den Fußstapfen von Karl Marx mit den erfolgreich geführten Kölner Kommunistenprozessen, betrieben von den Spitzeln der preußischen Geheimpolizei. Das war im Jahr 1852.