VW-Vertrauensleute
Polarisierte Vollversammlungen in Wolfsburg
Verschiedene Kollegen berichteten uns von der aufgewühlten Stimmung bei den Vollversammlungen der Vertrauensleute am 21. November. Diese Versammlungen wurden aber nicht einberufen, um die nötigen Fragen für Urabstimmung und Streik miteinander zu klären, sondern um die Belegschaft vom Weg des Streiks abzubringen und für den neuen „Zukunftsplan“ des Betriebsrates zu gewinnen.
Dieser sieht vor, dass die Belegschaft zwei Jahre auf Lohnerhöhung verzichtet. Das Geld soll dann in einem Zukunftsfonds für die Arbeitszeitverkürzung verwandt werden. Außerdem werden die Ergebnisbeteiligungen in den Jahren 2025 und 2026 gestrichen (was dem 13. Gehalt entspricht).
Das Unscheinbarste, aber vielleicht Wichtigste war die sogenannte „Änderung des Entgeltsystems“, womit vermutlich ein neuer Haustarifvertrag gemeint ist – sicher mit schlechteren Löhnen und Gehältern. Die Gegenleistung von VW soll ein neuer Beschäftigungssicherungsvertrag sein, der betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen ausschließt. Also eine Neuauflage des Vertrags, den das VW-Management am 10. September einseitig gekündigt hat.
Eine kampfbereite Belegschaft davon zu überzeugen, dass sie verzichten soll noch vor jeglicher Kampfmaßnahme, und auf Verträge mit dem vertragsbrüchigen und kaltschnäuzigen VW-Management vertrauen sollen, dafür war die ganze Spitze der Gewerkschaftsführung aufgefahren worden. Vormittags wurde aber erstmal die Presse informiert, bevor man die Belegschaft informiert.
Die Stimmung war aufgewühlt, gleichzeitig begrüßten viele Kollegen auch, dass es endlich einen Austausch auf einer Vollversammlung gibt. In den Abteilungen gaben die Kollegen ihren Vertrauensleuten schon viele Argumente gegen diesen Verzicht an die Hand. Kämpferische Redner bekamen viel Applaus, die den Zukunftsplan kritisierten, und zum Einsatz der vollen Kampfkraft gegen den gesamten Plan des Vorstands aufriefen.
Der (noch) wunde Punkt war die Frage der Kampfmoral, und da gelang es noch, die Kollegen zu verunsichern mit Argumenten wie: Wir schaffen nicht die 75% für den Streik wegen der Angestellten; wir haben keine Solidarität in der Bevölkerung, weil diese uns für überbezahlt hält; wir könnten verlieren und haben dann nichts in der Hand.
Ständig wurden Verhandlungen einem Streik gegenübergestellt, als gäbe es während eines Streiks keine weiteren Verhandlungen. Das konnte viele Kollegen verunsichern, aber für ihr Konzept konnten die CO-Manager die Kollegen nicht gewinnen. Ein Streik wäre ein Signal an viele Belegschaften in ähnlichen Situationen, würde Solidarität und eine Änderung der ganzen Stimmung hervorrufen – von der Defensive in die Offensive.
Ein Streik ist das Kampfmittel der Arbeiterklasse, das die Manager in die Knie zwingen kann. Erst ein Streik wird sie zum ernsten Verhandeln mit uns bewegen. Und diesen müssen wir jetzt verstärkt selbständig vorbereiten.