Verlustbringer E-Auto?
Die unglaubliche Ökonomie des Ford-Konzernvorstands
Im Zusammenhang damit, dass die geplante Vernichtung von 4.000 Arbeitsplätzen bei Ford in Europa bekanntgegeben wurde, ist in den Medien immer wieder von 130.000 Dollar Verlust pro verkauftem E-Auto die Rede.
Das geht unter anderem auf einen Artikel der "Wirtschaftswoche" vom 25.7.2024 zurück, der wiederum auf folgendem Rechenkunststück des Konzernvorstands in den USA beruht. So behauptet dieser, man habe in der Elektrosparte im ersten Quartal dieses Jahres 1,3 Milliarden US-Dollar Verlust gemacht und im gleichen Zeitraum rund 10.000 E-Autos verkauft. Also scheinbar logisch: 130.000 Dollar Verlust pro verkauftem E-Auto. Fragt sich nur, wie so etwas möglich ist.
Immerhin kosten die wenigen Elektromodelle, die Ford bis zum ersten Quartal überhaupt im Angebot hatte, zwar ganz schön viel, aber dennoch einen Bruchteil dieser Summe. Den Ford Mustang Mach-E gibt es neu ab 58.000 Dollar, das PS-Monster Ford Lightning ab 50.000 Dollar, die vor allem in Europa verkauften Ford E-Transit und E-Tourneo kosten umgerechnet 62.700 beziehungsweise 70.000 Dollar. Demnach müssten die Produktionskosten also mindestens zwei- bis dreimal so hoch wie die Verkaufspreise sein! Längst ist bekannt, dass der Arbeitsaufwand für ein E-Auto - vor allem beim Antrieb - wesentlich geringer ist als bei Verbrenner-Modellen. Auch werden dafür weitaus weniger Teile benötigt. Wo könnte der Verlust also herkommen?
Ford-Presseabteilung lüftet unfreiwillig das Geheimnis
Um dem Rätsel auf die Spur zu kommen, hat die Redaktion bei der Ford-Presseabteilung nachgefragt. Die Antwort kam prompt - lange recherchiert hat man dafür offenbar nicht: "Im ersten Quartal 2024 haben wir weltweit 10.000 Elektrofahrzeuge verkauft. ... Allen Produkten liegen naturgemäß Entwicklungskosten zugrunde; im Fall von Model E haben wir im ersten Quartal 2024 einen Verlust in Höhe von 1,3 Mrd Dollar verbucht. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu weiteren Details nicht äußern werden."
Interessanterweise spricht die Presseabteilung von "Entwicklungskosten". Daher weht also der Wind! Ford rechnet einfach einen großen Teil seiner Investitionen in die Entwicklung der E-Autos auf die verkaufte Stückzahl in einem einzigen Vierteljahr um. Mit dieser Methode wird jedes Auto zum Verlustbringer, zumindest solange sich die Entwicklungskosten noch nicht amortisiert haben. Wie gut, dass die Ford-Belegschaften es mit einem solchen Wohltäter an der Menschheit zu tun haben, der für die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze auch noch draufzahlt.
Eigene Rechnung aufmachen - mit der marxistischen politischen Ökonomie
Noch besser ist, wenn die Arbeiter mit Hilfe der politischen Ökonomie des Marxismus-Leninismus ihre eigene Rechnung aufmachen. Daraus ergibt sich, dass die Löhne nur einen Bruchteil der von den Arbeitern produzierten Werte ausmachen - weil die Ware Arbeitskraft die einzigartige Eigenschaft hat, unter Nutzung der Naturstoffe und Vorprodukte neuen Wert zu schaffen. Der Wert des Vormaterials, der Maschinen, der Fabrikgebäude - und auch der Aufwand der Modellentwicklung - wird dabei von den Arbeitern stückweise auf die neuen Produkte übertragen.
In der Automobilindustrie liegt der Anteil der Personalkosten am Umsatz bei rund 10 bis 15 Prozent - da sind auch die Managergehälter noch enthalten. Dass für die Konzerne die vorgeschossenen Kosten für Gebäude oder Modellentwicklung durch den Verkauf einer ausreichenden Stückzahl wieder hereinkommen müssen, um Profite zu realisieren, ist eine Binsenweisheit. Es ist ein billiger Taschenspielertrick, einen großen Teil der Entwicklungskosten auf die in einem Quartal verkauften Autos umzurechnen.